Mutante P.1 Politiker fordern sofortigen Stopp aller Flüge aus Brasilien

uri

31.3.2021

Eine Maschine der Swiss landet in Zürich: Bürgerliche Politiker fordern wegen der brasilianischen Coronavirus-Mutante P.1 einen Stopp der Flüge von und nach Brasilien. Der Bundesrat sieht indes noch keinen Handlungsdruck. (Symbolbild)
Eine Maschine der Swiss landet in Zürich: Bürgerliche Politiker fordern wegen der brasilianischen Coronavirus-Mutante P.1 einen Stopp der Flüge von und nach Brasilien. Der Bundesrat sieht indes noch keinen Handlungsdruck. (Symbolbild)
Bild: Keystone

3780 Todesfälle an einem Tag: Heute hat Brasilien einen neuen Tageshöchstwert bei den Covid-Toten registriert. Verantwortlich dafür könnte auch die Mutante P.1 sein. Schweizer Politiker fordern nun die Einstellung von Flügen und Grenzkontrollen.

Die als ansteckender und womöglich auch tödlicher eingeschätzte Coronavirus-Variante P.1 aus Brasilien ist seit Anfang Februar in der Schweiz angekommen. Sie wurde laut dem Bundesamt für Gesundheit in der Schweiz bis heute indes nur zwölf Mal nachgewiesen. Auch in Deutschland ist sie noch eher selten, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) schreibt. Allerdings ist die Mutante schon allein in Bayern knapp fünf Mal häufiger registriert worden als in der ganzen Schweiz, nämlich 57 Mal bis zum 29. März. Bürgerliche Politiker fordern deshalb Grenzkontrollen zum Nachbarn – und vor allem auch eine Unterbindung des Flugverkehrs nach Brasilien.

Erstmals wurde die P.1-Variante des Coronavirus in der brasilianischen Metropole Manaus im Bundesstaat Amazonas nachgewiesen. Sie entstand wahrscheinlich im November vergangenen Jahres und könnte laut einer Studie um bis zu 120 Prozent ansteckender sein als das ursprüngliche Virus. Obendrein, so die Befürchtung, könnte sie auch die Hoffnungen auf eine Herdenimmunität unterlaufen. Gemäss der Studie wird sie nämlich in bis zu 61 Prozent der Fälle nicht von vorhandenen Antikörpern erkannt.



Patrick Mathys, Leiter der Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit im BAG, meinte gestern in der Medienkonferenz der Experten von Bund und Kantonen, die Situation werde «sehr aufmerksam beobachtet». Im Falle einer weiteren Verbreitung der Variante werde man sich Massnahmen überlegen.

«Die Flüge müssen sofort gestrichen werden»

SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi reicht das nicht aus. Auf Twitter forderte er bereits Grenzkontrollen zum Nachbarland. Und auch CVP-Nationalrat Alois Gmür will Konsequenzen sehen: «Die Flüge zwischen der Schweiz und Brasilien müssen sofort gestrichen werden», sagte Gmür zu «20 Minuten». Die Schweiz bestrafe sich selbst, so der Politiker, «wenn sie dem gefährlichen Virus weiterhin Tür und Tor öffnet».

Tatsächlich fliegt die Swiss momentan noch fünf Mal in der Woche nach São Paulo, wobei die Flüge gut gebucht sind, wie das Newsportal Watson berichtet. So sei am Dienstag etwa eine Maschine in Zürich gelandet, deren Auslastung bei 90 Prozent gelegen habe.

Auch Ruth Humbel, CVP-Nationalrätin und Präsidentin der Gesundheitskommission des Nationalrats, hält die Flugverbindung für unlogisch. Dem «Tages-Anzeiger» sagte sie: «Während in der Schweiz starke Einschränkungen für die ganze Bevölkerung gelten, kann man aus einem Land, in dem sich eine neue Variante rasant ausbreitet, einfach einreisen.» Humbel meint, es sei neben einer Pflicht für den Nachweis von Negativtests und Quarantäne «sicherlich ein erster guter Schritt, Direktflüge nach Brasilien zu untersagen».

Berset sieht Schweiz gut aufgestellt

Für Bundesrat Alain Berset ist übermässiger Handlungsdruck indes noch nicht angezeigt, wie er heute auf der Medienkonferenz signalisierte. Es gebe bereits weniger Flüge als sonst von und nach Brasilien, so Berset. Zudem kämen alle Reisenden lediglich mit einem negativen Corona-Test an Bord und müssten sich in der Schweiz dann in Quarantäne begeben.

Nichtsdestotrotz seien weitere Massnahmen, wie bei der englischen Variante B.1.1.7, grundsätzlich denkbar. Berset gab aber auch zu bedenken, dass eine totale Blockade von Flügen zwar eine Möglichkeit darstelle, diese aber sehr hart und schwerlich lange durchzuhalten wäre. Man sei ohnehin schon recht gut aufgestellt und die brasilianische Variante sei momentan noch kein grosses Problem, so der Bundesrat.

«Wir dürfen wegen P.1 jetzt nicht in Panik geraten»

Auch Didier Trono, Professor für Virologie an der ETH Lausanne, sieht im Gespräch mit «20 Minuten» noch keinen Anlass für entsprechende Massnahmen. «Wir dürfen wegen P.1 jetzt nicht in Panik geraten», meint das Taskforce-Mitglied. Mit Tests beim Boarding und an der Grenze könne man die Ausbreitung des Virus kontrollieren, findet der Virologe. Wichtig sei vor allem, «dass die Tests bei Flügen aus Risikogebieten intensiviert und die Quarantänen eingehalten werden.»

Zuletzt machte auch eine vorläufige Studie der Universität Oxford Hoffnung, dass die Impfstoffe von Biontech und Astrazeneca doch besser als angenommen gegen die Variante P.1 wirken könnten. Demnach zeigen sie immerhin einen ähnlich starken Effekt wie bei der britischen Variante B.1.1.7 und wirken damit besser als bei der südafrikanischen Mutante B.1.351. Die Studie zeigte jedoch auch, dass die durch Impfstoffe produzierten Antikörper die Viren aller drei Corona-Varianten generell weniger effizient neutralisieren konnten als jene der Ursprungsform von Sars-Cov-2.