Dampf mit Risiko Rätselhafte Lungenkrankheit nach Konsum von E-Zigaretten

uri/dpa

20.8.2019

Eine Frau inhaliert Dampf aus einer E-Zigarette. (Archiv)
Eine Frau inhaliert Dampf aus einer E-Zigarette. (Archiv)
Bild: Getty Images

Atemnot, Husten und Übelkeit: In den USA leiden Dutzende Personen an einer rätselhaften Lungenkrankheit. Gemeinsam ist den meist jüngeren Patienten, dass sie E-Zigaretten konsumieren.

Es sind Fälle wie die von Dylan Nelson, die US-Mediziner rätseln lassen: Wie die «Washington Post» berichtet, kam der 26-Jährige Asthmatiker, der seit rund einem Jahr E-Zigarette raucht, im Juli mit akuten Atemproblemen, Hustenanfällen und Herzrasen in die Notaufnahme des Spitals von Burlington, Wisconsin. Laut eigener Aussage hatte Nelson das Gefühl gehabt, plötzlich durch einen Strohhalm zu atmen. Der Sauerstoffgehalt in seinem Blut lag offenbar nur noch bei zehn Prozent. Die behandelnden Mediziner entschieden sich schliesslich, ihn zu intubieren und ins künstliche Koma zu versetzen.

Nelsons Mutter erfuhr bei einem Krankenbesuch von einer Schwester des Spitals, dass hier ein weiterer junger Mann mit den gleichen seltsamen Symptomen behandelt wird. Die Spital-Angestellte erklärte auch, die einzige Auffälligkeit in der Krankengeschichte dieses Patienten sei der Konsum von E-Zigaretten.

94 ähnliche Fälle in 14 Staaten

Wie die Nachrichtenseite NPR berichtet, sind das aber längst nicht alle Fälle von jungen «Vapern» (von Englisch: «to vape», auf Deutsch: «dampfen») die sich kürzlich in den USA mit ähnlichen Symptomen behandeln lassen mussten. Allein in Wisconsin seien demnach 15 solcher Krankheitsfälle bekannt, sechs weitere in Illinois und vier in Minnesota.



Eine noch höhere Zahl wird inzwischen offiziell vom Centers for Disease Control (CDC) ins Spiel gebracht: Zwischen Ende Juni dieses Jahres und Mitte August wurden demnach sogar 94 ähnlicher Fälle in 14 Bundesstaaten registriert. Gemäss einem Aktions-Bulletin des CDC waren die Patienten zwischen 16 und 53 Jahre alt und litten unter anderem an Symptomen wie Husten, Atemnot und Müdigkeit, aber auch an Fieber, Brustschmerzen, Gewichtsverlust, Übelkeit und Durchfall.

Laut der Behörde des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums sind die eigenen Untersuchungen noch nicht abgeschlossen. Es gebe aber keinerlei Hinweise darauf, dass die Erkrankungen durch Bakterien oder Viren ausgelöst worden seien. Auffällig sei hingegen, dass alle Betroffenen E-Zigaretten konsumiert hatten. Ihr Zustand habe sich nach der Gabe von Antibiotika oder Sauerstoff nicht gebessert, meist jedoch nach der Behandlung mit Steroiden, so das CDC. Mehr Informationen seien nötig, um die Ursache der Erkrankungen zu bestimmen, schrieb die Behörde.

Extrem schwere Beurteilung

Katrin Schaller vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg hielt gegenüber der Deutschen Presse-Agentur einen Zusammenhang für «durchaus plausibel». Weil die Benutzer von E-Zigaretten Aerosole einatmen, sei es wahrscheinlich, dass die Lunge am stärksten in Mitleidenschaft gezogen werde. Es habe bereits in der Fachliteratur einzelne Berichte über spezielle Formen von Lungenentzündungen in Zusammenhang mit dem Konsum von E-Zigaretten gegeben.

«E-Zigaretten sind nicht harmlos», erklärte die Expertin für Tabakkontrolle. Die Beurteilung der Gesundheitsgefährdung durch E-Zigaretten sei aber extrem schwierig, meinte Schaller. Bei den Fällen in den USA wisse man nicht, was die Leute verwendet hätten. Es gebe grosse Unterschiede bei E-Zigaretten und Tausende Liquids mit Aromen, von denen man nicht wisse, wie sie in der Lunge wirkten. Die Aromen seien zwar als Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen, aber toxikologische Daten für die Inhalation fehlten.



Noch keine Langzeitstudien vorhanden

Bei E-Zigaretten werden chemische Liquide verdampft und dann inhaliert. Im Unterschied zur herkömmlichen Zigarette findet dabei kein Verbrennungsprozess statt, weshalb das britische Gesundheitsministerium auch davon ausgeht, dass die E-Zigarette 95 Prozent weniger schädlich ist als die aus Tabak. Allerdings liegen bisher auch noch keine Langzeitstudien zu den Spätfolgen des Konsums von E-Zigaretten vor.

Untersuchungen in den USA erhärten jedoch den Verdacht, dass mit dem Vaping auch das Risiko für Husten und Bronchitis steigt. Die US-Gesundheitsbehörde FDA hatte im Frühjahr zudem bereits einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Krampfanfällen und der Nutzung von E-Zigaretten geprüft. Dabei hatte es sich um 35 Fälle aus den Jahren 2010 bis 2019 gehandelt.

San Francisco will Verkauf verbieten

Vom CDC wurde kein bestimmtes Produkt mit den aktuellen Fällen in Verbindung gebracht. Der US-Hersteller Juul, der in den USA einen Marktanteil von 35 Prozent hat und dessen Produkt eine besonders hohe Nikotindosis aufweist, kündigte aber bereits an, man wolle die Fälle prüfen.



Möglich ist nach derzeitigem Erkenntnisstand auch, dass Betroffene Nachahmerprodukte benutzt haben, die mit nicht zugelassenen Chemikalien und Schwermetallen verunreinigt waren. Einige der Patienten hatten nach Informationen von US-Medien angegeben, dass sie die Öle für die E-Zigaretten zu billigen Preisen auf der Strasse gekauft hatten.

Ende Juni hatte San Francisco als erste Stadt in den USA angekündigt, den Verkauf von E-Zigaretten zu verbieten. Demnach will die Stadt gegen den Verkauf von E-Zigaretten vorgehen, die keine FDA-Prüfung vorweisen können.

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