Habitat mit FensterSo lebt und arbeitet man in Zukunft auf Mond und Mars
dpa/tafu
5.1.2020
Temperaturen von weit unter minus 100 bis deutlich über 100 Grad, Sonnensturmgefahr und starke Strahlung – besonders angenehm ist die Umgebung auf dem Mond nicht. Und wenn Menschen auf dem Mond arbeiten? Für deren Wohnung muss einiges beachtet werden.
Ein Fenster muss sein: «Für Ingenieure natürlich ein Alptraum», räumt Christiane Heinicke ein. Aber wer mit Menschen monatelang auf allerengstem Raum lebt und arbeitet und das im Weltall, der braucht eine lebenswerte Umgebung. «Damit die Crew nicht durchdreht», sagt die Geophysikerin vom Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) der Universität Bremen. Sie hat in zweijähriger Arbeit ein aus sechs Modulen bestehendes Habitat entwickelt, das für den Einsatz auf Mond oder Mars konzipiert ist.
Herausforderung an die Psyche
Der Weltraum-Wohn- und Arbeitsplatz ist aufgeteilt in die Einheiten Schlafen, Küche, Freizeit sowie Labor, Werkstatt und Gewächshaus. Sieben Meter hoch sind die miteinander verbundenen zylinderförmigen Segmente jeweils. Das silberfarbene zweistöckige Labor-Modul steht in Originalgrösse in einer Halle des Zentrums und hat eine Grundfläche von 15 Quadratmetern.
Das Fenster ist für das Freizeitmodul gedacht, das anders als das Labor keine Zwischendecke haben soll, damit die Bewohner ein weiträumigeres Gefühl haben. Denn wenn eine Crew von vier Astronauten bis zu eineinhalb Jahre in dem Habitat verbringt, ist das psychologisch herausfordernd.
«Eigentlich sind es Probleme, die man aus dem Alltag kennt, nur eben deutlich verschärft», erzählt die 34-Jährige, die selbst einen einjährigen Testversuch auf Hawaii unter extraterrestrischen Bedingungen mit fünf Kolleginnen und Kollegen auf nur 100 Quadratmetern absolvierte. «Unter Normalbedingungen hat man Urlaub, Wochenende, Feiertage, um räumlich und mental Abstand zu gewinnen. Das geht unter solchen Bedingungen nicht. Kein Abstand, keine Pause.»
Auch Volker Schmid hält diesen Punkt für wichtig. Layout und Gestaltung des Habitats müssten so sein, dass die Psyche bei Einsätzen keinen Schaden nehme. «Das darf nicht nur eine weisse Blechkiste sein», sagt der Raumfahrtingenieur und Leiter der Abteilung ISS, Astronautische Raumfahrt und Exploration am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Besondere Bedeutung komme autarken Lebenserhaltungssystemen zu.
Aus Urin wird Kaffee
Auf der Raumstation ISS wird etwa der Urin der Astronauten mit Filtersystemen so aufbereitet, dass das saubere Wasser ins Versorgungssystem zurück geführt kann. «Die Astronauten sagen immer: Der Kaffee von heute ist der Kaffee von morgen», sagt Schmid schmunzelnd.
Der Aspekt der Ressourcenaufbereitung spielt bei dem von der Klaus Tschira Stiftung mit umgerechnet 412'000 Franken geförderten Bremer Habitatprojekt «Moon and Mars Base Analog» (MaMBA) eine grosse Rolle. Das Team um Forscherin Heinicke setzt dabei auch auf Cyanobakterien, auch Blaualgen genannt, die zur Sauerstoffproduktion eingesetzt werden können.
Das Habitat ist für Mond und Mars konzipiert, wo es in einer Art Hangar stünde, der die Module durch eine bis zu ein Meter dicke Betonaussenwand vor der aggressiven Weltraumstrahlung und Sonnenstürmen schützt. «Sicherheit kommt an erster Stelle», sagt Heinicke. Aber auch die Ausstattung wird erforscht. Sind die Arbeitsflächen optimal gestaltet, was muss bei der Klimaanlage, der Stromversorgung, den Steckdosen, der Beleuchtung bedacht werden?
All das sollte geklärt sein, bevor irgendwann einmal ein Habitat per Rakete in Richtung Mond oder gar Mars auf den Weg gebracht wird. Noch besteht das Modul in Bremen vor allem aus den Materialien Holz und Gipsbeton. Das soll sich ändern. «Das Ziel ist die Umsetzbarkeit und dass das Habitat 1:1 kopiert auf den Mond gestellt werden könnte», sagt Heinicke.
Wann das sein wird? Eine Frage, die auch DLR-Raumfahrtingenieur Schmid nicht einfach beantworten kann. Die Nasa habe mal das Jahr 2028 für die nächste Mondlandung ausgegeben, was dann von der US-Regierung auf 2024 vorgezogen worden sei.
Geplant ist auch die Station «Lunar Gateway», die ihre Bahnen um den Mond zieht. «Dann hat man schon mal die Gewähr, dass man nachhaltiger und wirtschaftlicher zur Mondoberfläche runter-, aber auch wieder hochkommen kann», sagt Schmid. Der Aufbau einer Infrastruktur auf dem Mond mit Habitaten könnte dann nach den 2030er-Jahren beginnen. Intergalaktisch betrachtet eigentlich keine allzu lange Zeit.
Es ist vollbracht: US-Astronaut Buzz Aldrin steht auf der Mondoberfläche, im Hintergrund die Mondlandefähre «Eagle». Bis dahin war es ein langer Weg.
Bild: dpa
Kennedy und der Mond: Am 25. Mai 1961 verkündet John F. Kennedy sein Ziel, bis zum Ende des Jahrzehnts Amerikaner auf den Mond zu schicken.
Bild: Nasa Marshall Space Flight Center
1961 flog der sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin vom Weltraumbahnhof Baikonur aus als erster Mensch ins Weltall.
Bild: dpa
Die Erde, wie sie am 24. Dezember 1968 über dem Mondhorizont aufging, aufgenommen aus der Apollo 8. Deren Besatzung – Jim Lovell, Frank Borman und William Anders – waren die ersten Menschen, die Weihnachten im Weltall feierten, etwa 370 Kilometer über Meer. (Archivbild)
Bild: Archiv
Sie waren die ersten Menschen auf dem Mond: Die Besatzung von «Apollo 11», die Astronauten Neil Armstrong (von links), Michael Collins und Edwin Aldrin.
Bild: dpa
Ein Fussabdruck des US-amerikanischen Astronauten Edwin E. Aldrin auf dem Mond.
Bild: dpa
Am Ziel angekommen: US-Astronaut Buzz Aldrin, hier fotografiert von Neil Armstrong, gehörte im Juli 1969 zu den ersten Menschen auf dem Mond.
Bild: Archiv / Neil Armstrong/NASA
US-Astronaut Edwin «Buzz» Aldrin steht im Rahmen Apollo-11-Mission am 20. Juli 1969 auf dem Mond.
Bild: NASA/EPA
Von links nach rechts stehen die Astronauten der Apollo-Mission 10 Eugene Cernan, John Young und Thomas Stafford kurz vor dem Abflug vor der geöffneten Raumkapsel, welche sie in die Mondumlaufbahn bringen wird.
Bild: Archiv
John Young auf dem Mond (1972).
Bild: Charles M. Duke Jr./NASA
Mondlandung 1971: Astronaut James Irwin steht neben der Mondlandefähre Apollo 15. Foto: NASA/AP
Neil Armstrong nutzte den Mond-Beutel, um damit Gesteinsproben zurück zur Erde zu bringen.
Bild: Archiv / Foto: Richard Drew
Die Oberfläche des Mondes. Dort und auf anderen Planeten können wertvolle Rohstoffe schlummern.
Bild: NASA
Die Aufnahme der Mondoberfläche zeigt in den eingefärbten Bereichen mögliche Vorkommen von Wasser im Mondmantel.
Bild: Foto: Milliken lab/Brown University
Die chinesische «Chang'e 4» setzte am frühen Donnerstagmorgen den 03.01.2019 um 3.26 Uhr am Aitken-Krater in der Nähe vom Südpol des Erdtrabanten auf.
Bild: Archiv / Foto: Xinhua
Ein am Computer generiertes Bild zeigt eine mögliche Basisstation auf dem Mond.
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