Kantonsrat ZG Zuger Parlament kritisiert Regierungsrat wegen Vetterliwirtschaft

we, sda

3.7.2024 - 11:35

Der Zuger Regierungsrat Andreas Hostettler wurde am Donnerstag im Parlament gerügt. (Archivbild)
Der Zuger Regierungsrat Andreas Hostettler wurde am Donnerstag im Parlament gerügt. (Archivbild)
Keystone

Der Zuger Kantonsrat hat am Mittwoch Regierungsrat Andreas Hostettler (FDP) in der Debatte über den Geschäftsbericht 2023 wegen Vetterliwirtschaft kritisiert. Der Rat verlangte klare Führungsregeln und bedauerte, dass die Ereignisse in der Direktion des Innern das erneute Rekordplus in dreistelliger Millionenhöhe überschattete.

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Die Staatswirtschaftskommission (Stawiko) war an Informationen gelangt, welche in Bezug auf die Governance in Hostettlers Departement – also in Bezug auf die Regeln zur Amtsführung – problematisch waren, wie sie in ihrem Bericht und Antrag zum Geschäftsbericht 2023 ans Parlament schrieb.

Konkret ging es um private Liebesbeziehungen zwischen Führungskräften am Arbeitsplatz und um die Anstellungen von Familienangehörigen sowie Personen, die politische Ämter innehaben, in Kaderpositionen. Und zwar durch Berufung und nicht über den ordentlichen Ausschreibungsweg. Zudem kam es im Rahmen dieser Angelegenheit zu einer Verletzung des Kommissionsgeheimnisses. Hostettler bestätigte bereits im Vorfeld der Debatte diese Umstände.

Neue Regeln

Als Konsequenz aus diesem Fall forderte die Stawiko deshalb neue Führungsregeln. Und zwar für alle Departemente, wie Stawiko-Präsident Tom Magnusson (FDP) betonte. Die Anstellung über den Berufungsweg müsse kritisch angeschaut werden, Regeln sollten die Transparenz erhöhen und sicherstellen, dass das Vertrauen nicht leide.

Ihm widersprach Regierungsrat Heinz Tännler (SVP). «Wir nehmen die Thematik ernst», sagte er. Aber er zweifelte an der Richtigkeit solcher «starren Regeln» wegen eines Einzelfalls.

Für den Rat aber war klar: Das Vertrauen wurde untergraben, Vetterliwirtschaft betrieben und Lehren müssten daraus gezogen werden. «Leider aber wird der positive Abschluss von den Vorkommnissen in der Direktion überschattet», sagte Fabio Iten (Mitte).

Die Regierung stehe nun in der Verantwortung, entsprechende Governance-Regeln so auszulegen, dass solche «Eskapaden» in den nächsten Geschäftsberichten nicht mehr gelesen werden müssten, so Iten.

Deutliche Worte wählte auch Luzian Franzini. Die ALG sei nicht zufrieden mit der Arbeit der Regierung. Vor allem in der Direktion des Innern. So könne es nicht weitergehen. Der Geschmack von Vetterliwirtschaft hinterlasse ein ungutes Gefühl. «Wir fordern den Regierungsrat auf, hier Verantwortung zu übernehmen und transparente Personalpolitik zu betreiben», sagte Franzini.

Der Staat sei kein «Family-Business», sagte Gregor Bruhin (SVP). Zumindest nicht in der Schweiz und auch nicht im Kanton Zug. Das Ansehen des Kantons Zug habe durch die Häufung dieser Ereignisse in der Direktion des Innern gelitten. Die SVP-Fraktion forderte auch den Gesamtregierungsrat auf, den Direktor des Innern zu überwachen, «damit die Missstände zeitnah behoben sind».

Die SP-Fraktion appellierte, die Sache solle weder dramatisiert noch klein geredet oder gar unter den Teppich gekehrt werden. Es müsse Augenmass behalten und dort, wo effektiv konkreter Bedarf vorliege, gehandelt werden, sagte Drin Alaj (SP).

Die GLP- und die FDP-Fraktion befürworteten neue Regeln. Diese seien, wenn sei mit Augenmass umgesetzt würden, zielführend und wichtig, sagte Michael Arnold (FDP). «Wichtiger ist aber, dass die Regierungsräte persönlich über die Bücher gehen und die richtigen Schlüsse aus der Situation ziehen», so Arnold. Er appellierte an vermehrtes Fingerspitzengefühl und Zurückhaltung. «Dann wäre die eine oder andere Regelung nämlich hinfällig», sagte er.

«Nicht kleinreden»

Dem Ansehen des Kanton oder der Regierung zu schaden, das sei das Letzte, das er habe tun wollen, sagte der kritisierte Regierungsrat Hostettler. Er wolle die Schwierigkeiten aber nicht etwa kleinreden oder unter den Teppich kehren. Er wolle sich auch nicht rechtfertigen. «Ich trage die volle Verantwortung», sagte er.

Seiner Meinung nach aber habe er «agil, situationsgerecht und unternehmerisch» gehandelt. Und genau hier setze der Stawiko-Bericht an. «Er zeigt auf, dass es auch noch ein andere Sicht gebe, eine Aussensicht», so Hostettler. Dieser Aussenansicht habe er leider zu wenig Rechnung getragen. «Ich habe das Aussenfazit aber erkannt, verstanden, Verantwortung übernommen und Anpassungen vorgenommen», sagte Regierungsrat Andreas Hostettler.

Dreistelliges Millionen-Plus durchgewunken

Die Jahresrechnung mit ihrem erneute dreistelligen Millionenüberschuss stand sodann am Mittwoch im Schatten der Debatte. Dies hob auch Finanzdirektor Heinz Tännler hervor. Er hoffe schon, dass in den Medien nicht nur über diese Vorkommnisse in der Direktion des Innern geschrieben werde, sondern auch über den «hervorragenden Abschluss».

Der Finanzdirektor bekam die erhoffte Bestätigung gleich doppelt: Einerseits winkte der Rat den Geschäftsbericht mit der Jahresrechnung durch. Andererseits gab es auch viele lobende Worte zum Abschluss, der bei einem Aufwand von 1,698 Milliarden Franken mit einem Gewinn von 461 Millionen Franken abschloss. Budgetiert war ein Plus von 247 Millionen Franken.

Die Mitte-Fraktion nehme den Geschäftsbericht im Hinblick auf die Zahlen und insbesondere den Ertragsüberschuss «sehr erfreulich» entgegen, sagte Fabio Iten. Die SVP-Fraktion nannte den Ertragsüberschuss «fulminant», die SP-Fraktion «beeindruckend», für die GLP-Fraktion war er «erfreulich». Der Rekordüberschuss sei positiv und wirke beruhigend, sagte Michael Arnold (FDP).

Kritische Voten gabs vor allem von der Ratslinke: «Was nützt es der Zuger Familie, dass der Kanton Zug soviel Geld besitzt, wenn sie sich das Leben hier im Kanton gar nicht mehr leisten kann?», fragte Luzian Franzini.

Die ALG-Fraktion stellten den Antrag stellen, die gesetzliche Grundlage zu schaffen, 40 Millionen Franken des Gewinnes zugunsten der Wohnraumförderung zu verwenden. Dieser scheiterte mit 55 zu 16 Stimmen.

Zudem wollte die ALG-Fraktion die gesetzliche Grundlage schaffen, damit 10 Millionen Franken ins UNO- World-Food-Programm in Tschad investiert werden können. Auch diesen Antrag lehnte der Rat mit 55 zu 16 Stimmen ab.