Nach Gerichtsurteil Zürcher Demonstranten fordern Rückzug ihrer Strafen

SDA

6.5.2021 - 12:51

Die Polizei führt einen Demonstranten vom Sechseläutenplatz in Zürich, im Mai 2020. (Symbolbild)
Die Polizei führt einen Demonstranten vom Sechseläutenplatz in Zürich, im Mai 2020. (Symbolbild)
Bild: Keystone

Bis Mitte April waren im Kanton Zürich nur Kundgebungen mit maximal 15 Teilnehmern erlaubt. Das Zürcher Verwaltungsgericht stuft dies nun als «unverhältnismässig» ein – was Demoteilnehmer beflügelt.

6.5.2021 - 12:51

Dicke Post für die Zürcher Regierung: Die Personen-Regel, die im Kanton bis am 18. April galt, sei unverhältnismässig und verfassungswidrig gewesen. Dies hält das Zürcher Verwaltungsgericht in seinem am Donnerstag publizierten Urteil fest.

Unverhältnismässig sei die Regel vor allem angesichts des heutigen Wissensstands zu den Corona-Ansteckungen und der geltenden Maskenpflicht an Demonstrationen gewesen. Behörden hätten zudem immer auch die Möglichkeit, eine Demonstration nicht zu bewilligen.

Das Verwaltungsgericht gab damit neun Personen eines linken Bündnisses aus dem Umfeld von Klimastreik und Frauendemos Recht, die gegen das faktische Demonstrationsverbot geklagt hatten.



Sie nehmen ihren Sieg in einer Mitteilung erfreut zur Kenntnis. Bis heute seien an die Tausend Verzeigungen wegen Verstosses gegen die Covid-Verordnung ausgesprochen worden. Diese müssten nun zurückgezogen werden, fordern sie.

Ob der Kanton das tut, ist offen. Er werde das Urteil nun zuerst analysieren und dann über das weitere Vorgehen entscheiden, hiess es beim Regierungsrat auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

«Massendemonstrationen verhindert»

Nach Ansicht des Regierungsrats hat sich die 15er-Regelung durchaus bewährt. Immerhin habe es im Kanton Zürich keine Massendemonstrationen gegeben. Aus epidemiologischer Sicht spielt es keine Rolle, ob Menschenansammlungen an Kundgebungen oder sonst wie entstehen.

Hier hat der Bund jedoch eine andere Ansicht: Er unterscheidet explizit zwischen «Veranstaltung» und «Kundgebung». Für «Veranstaltungen», also etwa Strassenfeste, gilt eine maximale Teilnehmerzahl von 100 Personen. Für «Kundgebungen» hingegen gibt es mittlerweile keine Personenbeschränkung mehr, weil es dabei um die verfassungsrechtlich geschützte Meinungsäusserungsfreiheit gehe.

Das Verwaltungsgerichtsurteil äussert sich zur Rechtmässigkeit der aktuellen 100-Regel in Zürich nicht, weil diese bisher nicht eingeklagt wurde. Die Demonstranten fordern aber nun, dass auch die 100-Regel fällt, weil auch diese gegen Bundesrecht verstosse. Ob sie erneut juristisch gegen den Kanton vorgehen, ist offen.

Die Beschränkung auf 15 Teilnehmende sorgte im Raum Zürich immer wieder für Diskussionen, vor allem in der Stadt Zürich, wo mehrmals Kundgebungen gewaltsam aufgelöst wurden, etwa eine Frauendemo.

Auch die Stadtzürcher Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart (Grüne) übte öffentlich Kritik am Kanton. Sicherheitsvorsteher Mario Fehr (SP) wollte die Einschränkung aber trotz Kritik nicht lockern.

SDA