Seit Februar diesen Jahres gelten für den Zürcher Sechseläutenplatz neue Regeln, damit auch die Bevölkerung etwas von der freien Fläche hat. Trotzdem war der Platz in diesem Jahr häufiger durch Veranstaltungen belegt als in einigen Vorjahren.
Das Weihnachtsdorf auf dem Sechseläutenplatz ist Geschichte, die roten Chalets und die Eisbahn werden in diesen Tagen abgebaut. Damit endet das erste Jahr seit der Abstimmung über die Volksinitiative «Freier Sechseläutenplatz» im Juni 2018, die zum Ziel hatte, den Platz häufiger freizuhalten.
Das Volk entschied sich damals für den Gegenvorschlag des Gemeinderates. Der beinhaltete, dass der Platz an 180 Tagen im Jahr frei sein soll. Im Sommer darf er zudem nur an 45 Tagen belegt sein. Die Initiative, welche den Platz nur für 65 Tage an Events hergeben wollte, scheiterte klar.
Im Februar 2019 trat schliesslich das neue Nutzungskonzept in Kraft. Eine Auswertung der Nachrichtenagentur Keystone-SDA zeigt, dass die neuen Regeln grundsätzlich eingehalten werden. Der Platz war in diesem Jahr an 147 Tagen belegt.
Nur eine Absage
Die Stadt bewilligte zwölf Veranstaltungen, fünf davon dauerten eine Woche oder mehr. Während mehr als eines Monats stand der Platz dem Zirkus Knie und dem Weihnachtsdorf zur Verfügung, letzterem an insgesamt fünfzig Tagen, weil die Auf- und Abbauarbeiten ebenfalls als Belegungstage zählen.
Nur der Herbstzirkus wurde nicht bewilligt, weil das Kontingent von 45 Tagen für die Sommermonate Juni bis September bereits annähernd ausgeschöpft war. Damit liegt die Belegung des Sechseläutenplatzes in einem ähnlichen Rahmen wie jeweils in den vergangenen fünf Jahren – Abstimmung hin oder her.
Im Eröffnungsjahr des Platzes, im Jahr 2014, bewilligte die Stadt weniger Veranstaltungen, aber sie dauerten insgesamt 16 Tage länger. 2015 fanden dann drei Veranstaltungen weniger statt als 2019, insgesamt war der Platz damals fast drei Wochen länger frei.
Auch 2016 blieb die 14'200 Quadratmeter grosse Fläche häufiger unbelegt als in diesem Jahr. Die Annahme des Gegenvorschlages führte somit nicht wirklich dazu, dass der Platz häufiger frei bleibt.
«Nicht das richtige Mass gefunden»
Der grüne Gemeinderat Markus Knauss ist deshalb nicht zufrieden mit der Umsetzung des Gegenvorschlags. «Der Stadtrat scheint das richtige Mass noch nicht gefunden zu haben. Der Platz soll der Bevölkerung möglichst oft frei zur Verfügung stehen.»
Das sei jetzt nicht der Fall. Nur weil die Initiative abgelehnt und der Gegenvorschlag angenommen worden sei, heisse das nicht, dass die Leute generell mehr Events auf dem Sechseläutenplatz wollten.
Samuel Hug präsidierte damals das Initiativkomitee – auch er sieht seine Befürchtungen bestätigt: «Es sind zu viele Veranstaltungen, und sie sind sehr beliebig. Eine eigenständige Positionierung ist für Zürich so nicht möglich.» Hug bedauert, dass der Stadtrat bei der Vergabe des Platzes nicht «visionärer» sei.
«Maximum nicht ausschöpfen»
Für die Stadt ist die Bilanz jedoch klar: «Der Sechseläutenplatz ist ein Platz für alle. Er steht der Bevölkerung im vorgesehenen Rahmen für die alltägliche Nutzung zur Verfügung», hiess es beim Tiefbaudepartement auf Anfrage.
SP-Gemeinderat Pascal Lamprecht gehörte zu den treibenden Kräften hinter dem Gegenvorschlag. Er findet das Programm auf dem Sechseläutenplatz gelungen. «Es haben vorwiegend bewährte Veranstaltungen stattgefunden. Ich habe nicht von Konflikten gehört.»
Dass der Gegenvorschlag letztlich nicht zu einer grundsätzlichen Reduktion von Veranstaltungen geführt hat, entspreche dem Willen der Bevölkerung. Doch auch Lamprecht räumt ein, dass das Interesse an einem unverstellten Platz nicht unterschätzt werden dürfe: «Es entspricht sicher dem Zeitgeist, das Maximum der Veranstaltungstage nicht auszuschöpfen.»
Eine Änderung der Bewilligungspraxis ist bis auf weiteres nicht vorgesehen. Anpassungen werde es für das kommende Jahr keine geben, hiess es bei der Stadt.
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