Extremismus Winterthurer An'Nur-Prozess: Gläubige streiten alle Vorwürfe ab

SDA

1.10.2018 - 12:23

Alles nur inszeniert, um den Salafisten zu schaden: Im Winterthurer An'Nur-Prozess sind bis am Montagmittag sechs von zehn Beschuldigten vernommen worden. Ihre Darstellungen ähneln sich. Die beiden Opfer hätten sich den gewaltsamen Angriff nur ausgedacht.

Die Beschuldigten, alles jüngere Muslime, stritten alle ab, die beiden Opfer im November 2016 verprügelt, eingesperrt und mit dem Tod bedroht zu haben.

Als sie gemerkt hätten, dass einer der Gläubigen fotografiert und gefilmt habe, hätten sie ihn zwar zur Rede gestellt. Einer der Beschuldigten gab auch zu, den "Verräter" als "Idiot" und "Dummkopf" betitelt und angespuckt zu haben. Gewalt habe es aber keine gegeben, betonten alle bisher Befragten.

Stattdessen seien der Imam und der Vereinspräsident gekommen und hätten mit dem angeblichen Opfer im Büro das Gespräch gesucht. Weshalb plötzlich die Polizei eintraf, können sie sich alle nicht erklären. Es sei nur eine verbale Auseinandersetzung gewesen.

Dem widerspricht jedoch eine Polizistin, die an diesem Abend am Tatort war. Sie habe in ihrer ganzen Laufbahn noch nie so verängstigte Personen gesehen. Die beiden hätten die pure Angst in den Augen gehabt. Zudem hatte eines der Opfer eine Beule am Kopf.

Auch Imam ist angeklagt

Als Grund, weshalb die beiden Opfer sich das alles ausgedacht haben sollen, nannten gleich mehrere der bisher Befragten eine Verschwörung von Justiz und Medien. Mit diesem Prozess solle ein Zeichen gegen die "bösen Terroristen und Salafisten" gesetzt werden. Bei ihren Aussagen wirkten alle bisher Befragten sehr selbstbewusst, geradezu trotzig. Ihnen geschehe grosses Unrecht, so ihre Haltung.

Der Prozess wird am Nachmittag mit der Befragung der vier restlichen Beschuldigten fortgesetzt. Darunter ist auch der Imam der mittlerweile geschlossenen Moschee, der gemäss Anklage keineswegs "nur das Gespräch" gesucht haben soll.

Den zehn ehemaligen Moschee-Besuchern wird vorgeworfen, im November 2016 zwei Gläubige eingesperrt, verprügelt und mit dem Tod bedroht zu haben. Die Angreifer waren überzeugt, dass die Opfer Informationen an einen Journalisten weitergegeben hatten.

Einer der "Verräter" wurde unter anderem dazu gezwungen, eine Zehnernote zu schlucken, weil er "seine Religion für Geld verkauft" habe. Dem anderen gelang es schliesslich, von der Toilette aus SMS-Hilferufe an einen Polizisten zu schicken.

Die Anklage fordert, die zehn Angreifer mit teilbedingten Freiheitsstrafen in unterschiedlicher Höhe zu bestrafen, unter anderem wegen Freiheitsberaubung, Nötigung, Drohung und Körperverletzung. Jene Beschuldigten mit ausländischer Staatsangehörigkeit sollen zudem des Landes verwiesen werden.

Zurück zur Startseite