Spitäler Zürcher Stimmvolk soll Auslagerungen am Unispital verhindern können

fn, sda

6.3.2023 - 11:28

Der Kantonsrat will weitere Missstände am Universitätsspital verhindern. Neu soll das Volk bei Auslagerungen das Referendum ergreifen können. (Archivbild)
Der Kantonsrat will weitere Missstände am Universitätsspital verhindern. Neu soll das Volk bei Auslagerungen das Referendum ergreifen können. (Archivbild)
Keystone

Der Zürcher Kantonsrat will weitere Skandale am Universitätsspital (USZ) verhindern: Fast drei Jahre, nachdem das USZ wegen Missständen in die Kritik geriet, hat der Kantonsrat am Montag mehrere Gesetzesänderungen in erster Lesung beraten. Ein wichtiger Punkt ist, dass das Volk bei Auslagerungen mitreden kann.

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Neu sollen Auslagerungen einzelner Spitalabteilungen dem fakultativen Referendum unterstellt werden, zumindest wenn deren Umfang mehr als vier Millionen Franken beträgt. Dies hat das Parlament in erster Lesung mit 100 zu 67 Stimmen beschlossen.

Sollte das USZ beispielsweise dereinst den Reinigungsdienst, die Physiotherapie oder die Gastronomie an Private auslagern wollen, könnte das Referendum ergriffen werden. Würden genügend Unterschriften gesammelt, hätte das Volk das letzte Wort.

Rickli: «Ein Misstrauensvotum»

Die linke Ratsseite war ausnahmsweise einer Meinung wie die SVP, die ebenfalls für die Referendums-Klausel stimmte. «Wir laufen in die Gefahr, dass Spitäler Kernaufgaben auslagern», sagte Florian Heer (Grüne, Winterthur). Hier müsse das Volk das letzte Wort haben. «Denn es geht sicher um mehr als den Blumenladen.»

Die Bürgerlichen – mit Ausnahme der SVP – waren gegen diese Einschränkung der unternehmerischen Freiheit. Jörg Kündig (FDP, Gossau) forderte, dass dieser Passus wieder gestrichen wird. «Sonst werden wir bei der zweiten Lesung eine Rückweisung beantragen.»

Auch Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (SVP) sprach sich gegen die Referendums-Klausel ab einem Betrag von vier Millionen aus. Das komme einem Misstrauensvotum gegenüber dem USZ gleich. Damit werde die Selbständigkeit des USZ ein Schritt weit rückgängig gemacht.

Auch in anderen Belangen soll das USZ künftig weniger selber entscheiden. Der Rat beschloss in erster Lesung, dass er selber alle Auslagen des USZ genehmigen will, wenn diese 1 Prozent des USZ-Eigenkapitals übersteigen.

Das Parlament soll zudem bei Beteiligungen oder Gesellschaftsgründungen immer dann das letzte Wort haben, wenn deren Wert 7 Prozent des Spital-Eigenkapitals übersteigen.

«Zu wenig unternehmerische Freiheiten»

Nach Ansicht der FDP, der Mitte und der EVP sind dies «eindeutig zu wenige unternehmerische Freiheiten», wie es Linda Camenisch (FDP, Wallisellen) ausdrückte. «Dadurch wird das USZ geschwächt.»

Gemäss Mitte-Kantonsrat Josef Widler werden diese Änderungen auch keine Probleme lösen. «So lange wir vom USZ Wirtschaftlichkeit verlangen, wird die Spitalleitung nicht darum herumkommen, Auslagerungen, Beteiligungen und Neugründungen voranzutreiben.»

Für die AL ist die kurze Leine aber angezeigt. «Gerade vor dem Hintergrund der Skandale und Probleme ist politische Verantwortung wichtig», sagte Nicole Wyss (Zürich).

Die Änderungen am USZ-Gesetz sind mit der Debatte vom Montag noch nicht fertig behandelt. In der kommenden Sitzung geht die Diskussion weiter. Teil der Gesetzesänderungen sind auch Veränderungen innerhalb des Spitals, die teilweise bereits umgesetzt sind.

Weniger Macht für Klinik-Direktoren

So müssen die Direktionen der einzelnen Kliniken einen Teil ihrer Macht an die Spitaldirektion abgeben. Hierarchieübergreifende Doppelfunktionen soll es zudem nicht mehr geben. Es wird also nicht mehr erlaubt, dass ein Ärztlicher Direktor oder eine Ärztliche Direktorin gleichzeitig die Klinik leitet. Das Offenlegen von Interessenbindungen ist ausserdem Pflicht.

All diese Veränderungen sind eine direkte Folge der Missstände an mehreren Kliniken des USZ, die vor bald drei Jahren für Schlagzeilen sorgten. Am meisten Aufmerksamkeit erregten die Vorgänge an der Klinik für Herzchirurgie.

Der damalige Klinikleiter soll Implantate einer Firma verwendet haben, an der er selber beteiligt war, ohne diese Interessenbindung zu deklarieren. Zudem soll er Oprationsberichte geschönt haben.