Bayern München trennt sich vom langjährigen Torwart-Trainer Toni Tapalovic. Für Nati-Goalie Yann Sommer ist die Kündigung ein gutes Signal seitens seines neuen Arbeitgebers.
Der deutsche Rekordmeister hat am Montagabend Tapalovic mit sofortiger Wirkung freigestellt. «Insbesondere Differenzen über die Art und Weise der Zusammenarbeit haben jetzt dazu geführt, dass wir getrennte Wege gehen», sagte Sportvorstand Hasan Salihamidzic. Gemäss Medienberichten soll Tom Starke – der frühere Profitorhüter ist seit 2017 Torwart-Koordinator für den Nachwuchs der Münchner – vorerst zum Goalie-Trainer beim FC Bayern München aufsteigen.
Tapalovic kam 2011 gemeinsam mit Manuel Neuer nach München und war seither der verantwortliche Coach für die Torhüter beim Bundesliga-Spitzenreiter. Zu Neuers Zeit beim FC Schalke 04 war Tapalovic dort als Torwart aktiv und schon damals ein Mentor für Neuer.
«Ich werde dich vermissen!», schrieb der 36-Jährige in einer ersten Reaktion auf Instagram. Mit Tapalovic verlasse nach 11,5 Jahren nicht nur ein absoluter Pionier des modernen Torwartspiels, sondern vor allem auch ein grossartiger Mensch den Club. «Nicht zuletzt hast du auch mich und mein Torwartspiel geprägt und auf ein neues Level gehoben», so Neuer.
Mehr als ein Torhüter-Trainer-Gespann
Die blumigen Worte von Neuer an Tapalovic kommen nicht überraschend. Schliesslich war der 42-Jährige etwa Trauzeuge bei Neuers Hochzeit – und Neuer Taufpate seines Sohnes. Die quasi familiäre Bande wurde gemäss Insidern lange vom Klub geduldet, um Neuer eine Wohlfühlatmosphäre zu bieten.
Interne Konkurrenz gab es für den fünffachen Welttorhüter nie, Herausforderer mussten sich wie aktuell Sven Ulreich mit der Rolle als Ersatzkeeper anfreunden. Ansonsten erging es ihnen wie Alexander Nübel, der von Tapalovic in seiner Bayern-Saison 20/21 keine Unterstützung erhielt – und deshalb nach Monaco flüchtete. Der inzwischen 26-Jährige kritisierte im Sportstudio bei «ZDF», dass es sehr wenig Kontakt mit Tapalovic gegeben hatte, seit er in Frankreich spielt.
Als etatmässige Nummer 1 konnte Manuel Neuer sich genüsslich das Klagen der Konkurrenz – selbst in der Nationalmannschaft erhielt Marc-André ter Stegen nie eine reelle Chance – anhören.
Er zahlte das Vertrauen des Klubs mit ausserordentlichen Leistungen zurück und stand am Ursprung für die vielen Erfolge in der jüngeren Vereinsgeschichte. Doch in den letzten Monaten waren seine sportlichen Leistungen nicht immer überzeugend – in der «Kicker-Rangliste» für die erste Saisonhälfte schaffte es Neuer noch ganz knapp in die «internationale Klasse» und landete auf Rang 7. Die ersten beiden Plätze belegten mit Gregor Kobel und Yann Sommer zwei Schweizer.
Auch bei der WM fand Neuer nicht zu alter Stärke zurück. Der Frust über das Vorrundenaus wollte er bei einer Ski-Tour verdauen – und zog sich dabei einen Unterschenkelbruch zu.
Neuer-Unfall kostet Tapalovic den Job
Sein Ausflug hatte eine Ketten-Reaktion zur Folge. Während Tapalovic – der unter Hansi Flick auch Co-Trainer war – offenbar Ulreich als Neuer-Vertreter im Tor favorisierte, wollte Coach Julian Nagelsmann kein Risiko eingehen und pochte auf eine externe Verstärkung. Das Resultat: Für Gladbach-Goalie Yann Sommer musste der Klub fast zehn Millionen Euro ausgeben.
Sein Transfer bedeutete auch das Ende von Tapalovic. Salihamidzic schlug sich auf die Seite seines Trainers. Damit soll auch der Kampf um die Nummer 1 fair ablaufen. Denn wann und in welchem Zustand Neuer zurückkommt, ist nach seiner schweren Verletzung nur sehr schwierig abzuschätzen.
Für die sportliche Führung war klar: Die Zusammenarbeit von Tapalovic und Sommer wäre unter diesen Umständen problematisch geworden. Der 34-jährige Schweizer weiss zwar, dass Neuer die nominelle Nummer 1 im Tor ist, ein ausgewiesener Neuer-Fürsprecher als Chef kann aber zweifelsohne nicht wirklich eine neutrale Beurteilung abgeben.
Sommer darf befreit aufspielen
Es ist gleichzeitig ein wichtiges Signal an alle Angestellten des FC Bayern, dass die Leistungskultur nicht vor grossen Namen haltmacht, auch wenn dafür ein Vertrauter von Neuer zum Opfer fällt. Sommer bekommt nun ein halbes Jahr Zeit, um sich an der Säbener Strasse zu beweisen. Nach der Saison sollen die Karten neu gemischt werden.
Sommer darf sich vier Tage nach seinem Debüt im Tor von Bayern München erstmals dem Heimpublikum präsentieren. Der Leader empfängt um 20:30 Uhr in der Bundesliga den 1. FC Köln.
Während die Münchner mit einem 1:1 beim Cupsieger RB Leipzig in die zweite Phase der Meisterschaft gestartet sind, glänzte der Tabellenelfte aus Köln mit einem 7:1-Kantersieg im Heimspiel gegen Werder Bremen. Der letzte Vergleich zwischen Sommer und den Kölnern endete im Oktober mit einem 5:2-Sieg von Borussia Mönchengladbach.