Der FC Bayern München steht im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League gegen den FC Villarreal nach der 0:1-Niederlage unter Druck. Die Spanier fühlen sich in der Rolle des Aussenseiters pudelwohl. Kein Wunder, wenn man die Geschichte des Klubs unter die Lupe nimmt.
Villarreal CF ist das Aushängeschild der 50'000 Einwohner zählenden Stadt etwas nördlich von der Metropole Valencia. Fast jeder vierte Bürger besitzt ein Saisonticket. Mit den heissblütigen Fans im Rücken hat man in den Heimspielen ein zusätzliches Ass im Ärmel. Ein Team aus einer kleinen Stadt spielt in der grossen Champions League mit – dieses Bild gibt es im milliardenschweren Fussball-Business eigentlich nicht mehr zu sehen. Doch wie wurde Villarreal zum gelben Farbtupfer in der Königsklasse?
Di 12.04. 19:55 - 01:00 ∙ blue Sport Live ∙ Live Fussball: FC Bayern München - Villarreal CF
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Lange spielte der Klub unbemerkt von den Augen der Weltöffentlichkeit. 1997 kaufte Fernando Roig den früheren Dauer-Zweitligisten für umgerechnet knapp eine halbe Million Franken in einer Bar. Die bescheidene Summe konnte der Mäzen locker aufbringen, schliesslich gehört seine Familie zu den reichsten in ganz Spanien.
Die Roig-Dynastie machte ihr Geld mit Keramik, später kam mit Mercadona die grösste Supermarkt-Kette des Landes hinzu. Dort sind heute 93'000 Leute angestellt. Das sind mehr als viermal so viele Menschen, wie in Villarreals Stadion «Estadio de la Cerámica» (23'500 Zuschauerkapazität) reinpassen.
Die schlaue Klubphilosophie
Doch im Gegensatz zu anderen gutbetuchten Präsidenten führte Roig den Klub stets mit Umsicht. Wichtige Positionen wurden mit Familienmitgliedern oder Vertrauenspersonen besetzt. Gleich in dem Folgejahr stieg man unter seiner Führung auf, seither gehört man mit Ausnahme eines Ausrutschers zum Inventar in der Primera División. Die hauseigene Philosophie fusst auf der lokalen Verankerung des Klubs – eigene Talente sowie ausländische Profis, die aber noch nicht am Ende ihrer Entwicklung stehen, bilden so ein Fundament, welches für viel Furore sorgt.
Mit nachhaltigen Investitionen und smarten Transfers hat man in den letzten 25 Jahren viele Erfolge verzeichnen können. Bisher soll Fernando Roig 200 Millionen Euro reingesteckt haben. Die Ausbeute lässt sich aber mit zwölf Teilnahmen an der Europa- beziehungsweise Champions League auch sehen. Als Höhepunkt wurde der Klub im letzten Jahr Sieger in der Europa League – im Finale musste Manchester United dran glauben. So löste man auch das Ticket für die Champions League.
Vermeintlich grossen Gegnern ein Bein zu stellen gehört praktisch zur DNA der gelben U-Boote. Mit Unai Emery, der einst auch bei Arsenal Boss von Granit Xhaka war, hat man seit knapp zwei Jahren auch einen Trainer an der Seitenlinie, dem diese Rolle besonders zu behagen scheint. Im Achtelfinale eliminierte man Juventus Turin im Rückspiel gleich mit einer 3:0-Packung. Und das notabene mit Spielern, von denen jeder Dritte schon in der Jugend bei Villarreal gespielt hat.
Eine gut ausbalancierte Mannschaft wartet auf Bayern
Paradebeispiel dafür ist Pau Torres. Der 25-Jährige ist ein Eigengewächs und bildet zusammen mit dem unverwüstlichen Raul Albiol (36) das Abwehrzentrum. Inzwischen ist Torres auch Stammspieler in der spanischen Nationalmannschaft (sein Marktwert bei «Transfermarkt»: 50 Millionen Euro). Ebenfalls für die Furia Roja regelmässig selektioniert werden Flügelspieler Yéremy Pino (19) und Gerard Moreno (30).
Die Argentinier-Fraktion um Goalie Gerónimo Rulli, Rechtsverteidiger Juan Foyth sowie Mittelfeldspieler Giovani Lo Celso hat sich ebenfalls gut an der spanischen Ostküste eingelebt. Der erfahrene Dani Parejo führt im Zentrum Regie und ganz vorne sorgt aktuell der Holländer Arnaut Danjuma für die Tore (hier geht's zum Porträt der «Kobra»).
Im Hinspiel biss sich auch Bayern München an diesem zähen Gerüst die Zähne aus und war mit dem 0:1 noch gut bedient. Nun will Villarreal seinen Erfolgszug durch die Champions League auch in der Allianz Arena fortsetzen. Gutes Omen: In Europa landete man zuletzt drei Auswärtssiege am Stück.
«Es ist eines der wichtigsten Spiele in der Geschichte von Villarreal», hielt Moreno fest. Mit einem Coup gegen Bayern würde der Klub wie in der Saison 2005/06 wieder in das Halbfinale einziehen. Und damit das vermeintliche Traum-Duell zwischen Bayern und Liverpool (die Reds gewann das Hinspiel gegen Benfica mit 3:1) platzen lassen.