Obwohl sie überhaupt nicht damit rechnet, muss Florence Schelling nicht lange überlegen, als das Angebot des SC Bern reinflattert. Die neue Sportchefin steckt sich ambitionierte Ziele.
«Solange ich nicht weiss, wann wieder Normalbetrieb herrscht, unterschreibe ich sicher keine Verträge», sagt SCB-CEO Marc Lüthi noch vor rund drei Wochen und verhängt bei den Bernern aufgrund der Corona-Krise per sofort einen Einstellungsstopp. Umso überraschender kommt am Mittwochmorgen die Nachricht, dass man auf der Suche nach einer neuen Sportchefin fündig geworden ist. Florence Schelling übernimmt nach Ostern den Posten von Alex Chatelain. Lüthi erklärt: «Grundsätzlich gilt der Einstellungsstopp noch. Wir mussten aber auch das Sommertraining der Mannschaft sicherstellen.»
Neben dem Zeitpunkt überrascht auch, dass die Wahl mit der langjährigen Torhüterin auf eine Frau fällt – ein Novum. «Für uns war primär wichtig, dass wir eine junge, unverbrauchte, intelligente und visionäre Person haben. Es spielte keine Rolle, ob diese Person männlich oder weiblich ist. Viel wichtiger war, dass diese Person etwas vom Eishockey versteht.» In Schelling habe man diese gefunden.
«Diese Herausforderung will ich annehmen»
Klar habe die 31-Jährige in der Vergangenheit primär mit Frauen zu tun gehabt. «Sie spielte aber auch immer wieder in Männer-Teams und kennt das Männer-Hockey aus ihrer Funktion als TV-Analytikerin beim Schweizer Fernsehen. Wir haben das Gefühl, sie wird uns ganz viel bringen können in Zukunft», zeigt sich Lüthi überzeugt.
Im vereinseigenen Interview zeigt sich Schelling selbstbewusst. «Die Position ist neu. Ich habe mich in den letzten Jahren aber akribisch mit dem Schweizer und dem Internationalen Eishockey auseinandergesetzt. Zudem habe ich ein Wirtschaftsmasterstudium und Auslandserfahrung, als ich noch selbst spielte. Das wird mir zugutekommen.»
Über das Angebot aus Bern muss sie nicht lange nachdenken – auch wenn sie überhaupt nicht damit rechnet. «Ich war wahrscheinlich genauso überrascht, wie ihr es jetzt seid, als ich den Anruf von Marc Lüthi bekam.» Als die ersten Gespräche über Eckpunkte einer möglichen Zusammenarbeit aber positiv verlaufen, weiss Schelling sofort: «Diese Herausforderung will ich annehmen.»
Respekt als Resultat guter Arbeit
Nach Ostern steigt Schelling beim SC Bern ein, zu Beginn mit einem Pensum von 50 Prozent. Nach einem Skiunfall im Februar 2019, bei dem sie sich das Genick brach, ist die Regeneration noch nicht vollständig abgeschlossen. Dennoch wird sie wohl schnell gefordert sein. Für die nächste Saison sucht Bern noch einen Headcoach und mindestens einen Ausländer.
«Priorität hat ganz klar die Headcoach-Position. Dort werde ich mich so bald wie möglich einklinken und meinen Beitrag leisten, damit wir die bestmögliche Lösung finden. Aufgrund der Corona-Krise steht noch relativ viel in der Schwebe. Da müssen wir uns täglich anpassen», betont die neue Sportchefin und sagt zielstrebig: «Mein primäres Ziel ist es, gute Arbeit zu leisten und den SCB wieder an die Spitze zu bringen. Respekt und Anerkennung sollte dann eigentlich das Resultat der guten Arbeit sein.»