Kommentar Anlikers Abgang ist eine Kapitulation vor den GC-Chaoten

Jan Arnet

25.3.2019

Stephan Anliker ist ab sofort nicht mehr GC-Präsident.
Stephan Anliker ist ab sofort nicht mehr GC-Präsident.
Bild: Keystone

Stephan Anliker gibt das VR-Präsidium bei GC per sofort ab. Nach den Unruhen im Klub ein nachvollziehbarer Schritt – und doch kommt er überraschend. Haben randalierende Fans das Fass zum Überlaufen gebracht?

Schlusslicht in der Super League, Entlassungen des Trainers und Sportchefs, der Ausstieg von Grossinvestor Heinz Spross, Negativschlagzeilen rund um den Klub und zum Ende auch noch randalierende Fans. Mehr Krise als das, was GC seit dem Start ins neue Jahr erlebt, geht gar nicht. Und jetzt verlässt auch noch der Kapitän das sinkende Schiff: Stephan Anliker ist per sofort nicht mehr GC-Präsident, er konzentriert sich künftig auf die Rolle als einer der zwei Hauptaktionäre.



Blickt man auf die vergangenen Monate zurück, war dieser Schritt abzusehen. Kein anderer Schweizer Klubpräsident stand zuletzt so oft in der Kritik wie Anliker. Vor einem Monat bewertete ihn der «Blick» mit der Schulnote 1,5. Gründe für die Kritik gibt es viele: In seinen fünf Jahren im Amt liess der Präsident nicht nur zu, dass 77 neue Spieler transferiert wurden. Sondern auch, dass CEO Manuel Huber trotz hohen Gehalts (geschätzte 350'000 Franken im Jahr plus 250'000 Franken Treueprämie für fünf Jahre im Amt) mitten in der Krisen-Zeit in die Karibik-Ferien darf. 

Sportlich geht es dem Rekordmeister seit Anlikers Ankunft auch alles andere als gut. In den letzten fünf Saisons musste GC viermal um den Klassenerhalt zittern. Aktuell haben die Hoppers als Tabellenletzter schon acht Punkte Rückstand auf den rettenden achten Platz. 



Rennt Anliker vor den eigenen Fans weg?

Trotz all der Kritik konnte Anliker im letzten November auch einen grossen Erfolg verzeichnen: Das «Ja» zum neuen Stadion in Zürich. Das war auf den Tag genau vor vier Monaten. Schon damals stand der 62-jährige Langenthaler in der Kritik, auf einen Rücktritt deutete aber überhaupt nichts hin. «Ich bin kein Präsident, der wegrennt, wenn’s heikel wird», sagte Anliker in einem Interview mit dem «Tagblatt» – unmittelbar vor der Stadionabstimmung. 

Jetzt rennt Anliker doch weg. Vor der sportlichen Misere? Wohl kaum. Anliker betonte nach dem Ausstieg von Grossinvestor Heinz Spross im Februar, dass er auch bei einem Abstieg Präsident bleiben werde. «Ich bin ja noch eine Zeit lang GC-Präsident, ich habe noch einige Ziele vor mir», wurde er zitiert. Ausserdem will er weiterhin Geld in den Klub pumpen, sonst würde er GC nicht als Investor treu bleiben.

Viel mehr rennt Anliker vor den Fans weg. Jene, die vor wenigen Tagen in Sion einen Spielabbruch provoziert hatten, als sie Pyros auf Spielfeld warfen. Anliker sprach im Teleclub-Interview von einer «Katastrophe» und bezeichnete die Anhänger als «wilde Tiere».



Die Fans ihrerseits wollten mit dem Pyro-Skandal und dem Spielabbruch wohl vor allem eines: Ein Zeichen setzen. Gegen die Vereinsführung um Präsident Anliker und CEO Manuel Huber, die kurz zuvor ein vereinbartes Treffen mit den Fans haben platzen lassen.

Letzten Montag sagte Huber noch zu «SRF», dass man den Austausch, den die Fans schon lange fordern, suchen werde. Nun kommen er und Anliker mit den Rücktritten einer Konfrontation zuvor. Ob das für GC gut ist, wird sich weisen. Ein Erfolg für die Fans ist der neueste Knall aber allemal.



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