Im April 2020 wurde GC von chinesischen Investoren übernommen. Seither sitzt bei den Hoppers kaum ein Stein mehr auf dem anderen. Entwickelt sich der Rekordmeister wieder zu einem Spitzenklub oder passiert genau das Gegenteil? Im Heimspiel gehen Erich Vogel, Fredy Bickel und Vero Salatic der Sache auf den Grund.
Der Fall von Toti Gomes zeigte im Januar klar, wie es um die Zusammenarbeit zwischen GC und den Wolverhampton Wanderers steht. Der Innenverteidiger, den die Hoppers vom Premier-League-Klub ausgeliehen hatten, wurde im Januar – gemeinsam mit Hayao Kawabe – per sofort zurück zu den Wolves zitiert. Die beiden sollen die Winter-Vorbereitung mit ihrem Stammklub absolvieren und zum Rückrundenauftakt zu GC zurückkehren, hiess es.
Doch zurückgekehrt ist nur Kawabe. Gomes behielten die Wolves, der Verteidiger durfte sogar gleich seine ersten Premier-League-Spiele absolvieren. Ist GC also quasi nur das Farmteam von Wolverhampton?
Die Meinungen gehen weit auseinander. Die Skepsis ist nach wie vor vielerorts gross. Erich Vogel aber ist überzeugt vom Projekt. «Die Chinesen sind eigentlich ein Lotto-Fünfer für GC», sagt der 83-Jährige, der selbst beim Deal mit den neuen Investoren involviert, vielleicht sogar das entscheidende Puzzleteil war.
«Aber es gibt Anfangsschwierigkeiten, wie bei jeder Zusammenarbeit», meint die GC-Koryphäe und fügt schmunzelnd an: «Wie wenn du verheiratet bist. Im ersten halben Jahr ist alles gut, dann gibt es die ersten Konflikte. Und dann landest du entweder vor dem Scheidungsrichter – das kann bei GC passieren – oder es funktioniert.»
«Wenn du Mendes' Spieler nicht holst, bist du ein Quadratidiot»
Fehler habe es auf beiden Seiten schon gegeben, doch insgesamt würde es besser laufen, als er anfangs gedacht hätte. Auch dass Wolverhampton zu grossen Einfluss auf GC hätte, findet Vogel nicht. Im Gegenteil. Im aktuellen Kader hätten die Hoppers schliesslich nebst Spielern, die schon länger da sind, auch acht Eigengewächse. Und die neue Führung habe neun Spieler geholt, womit die Chinesen, Wolverhampton oder Jorge Mendes nichts zu tun gehabt hätten.
«Fünf Spieler sind von Mendes. Das ist der beste Spielerberater, den es gibt. Wenn du den an deiner Seite hast und seine Spieler nicht zu dir holst, bist du ein Quadratidiot», wird Vogel deutlich. «Drei weitere kommen von Wolverhampton und zwei von Sky Sun (GC-Präsident, Anm. d. Red.).» GC habe auch viele Spieler abgelehnt, welche die Wolves gerne zu den Hoppers abgeschoben hätten, sagt der frühere Fussballfunktionär.
Und dank der Zusammenarbeit mit dem englischen Verein würden die Hoppers auch an Spieler kommen, an die sie sonst niemals gekommen wären, sagt Vogel weiter: «Toti Gomes zum Beispiel, ein Top-Spieler. Ohne Mendes wäre der nie in die Schweiz gekommen.»
«Der Einfluss ist hundertprozentig da»
Fredy Bickel, der bis zur Übernahme der Chinesen Sportchef bei GC war und dann Knall auf Fall entlassen wurde, gibt Gegensteuer. «Erich hat nicht überall unrecht. Es ist auch logisch, dass er es aus seiner Position auch etwas besser darstellen muss als es ist. Der Einfluss ist hundertprozentig da, sogar noch grösser, als man oftmals das Gefühl hat», sagt Bickel.
Das zeige auch die Einstellung des neuen Sportchefs und des neuen Chefscouts, die offensichtlich von Wolverhampton bestimmt wurden. «Da wird als Erstes das eigene Interesse in den Mittelpunkt gestellt, und nicht das von GC», so der blue-Experte weiter. «Aber es gibt sicher auch Vorteile. Ohne die Investoren wäre es auch nicht möglich gewesen, direkt nach dem Aufstieg eine so gute Hinrunde zu spielen.»
Angst davor, dass die Investoren nicht seriös arbeiten würden, hätte er nie gehabt, sagt Bickel. «Aber ich habe Angst, dass die Chinesen nicht spüren, was GC überhaupt ist und was der Klub den Leuten bedeutet. Den Bezug und die Nähe zur Stadt, das haben sie bis jetzt noch nicht gemerkt und auch noch nicht korrigiert.»
«Dann hat GC den Lotto-Sechser»
Auch Vero Salatic ist nicht restlos überzeugt von der Zusammenarbeit. «Von all den Spielern, die schon von Wolverhampton gekommen sind, gab es nicht viele überdurchschnittliche. Toti Gomes war sicher gut, (Bendegúz) Bolla kann man noch hervorheben. Ansonsten hat man ja nur von Flops gesprochen», sagt der langjährige GC-Captain. «Bei diesen Möglichkeiten müsste doch jeder Spieler eine Granate sein. Da kannst du gerade so gut einem jungen Schweizer eine Chance geben.»
Bickel pflichtet Salatic bei. Vogel ist jedoch nicht der Meinung, der GC-Nachwuchs komme zu kurz. Er prophezeit sogar, dass man schon sehr bald zwei neue junge Gesichter im Team von Giorgio Contini sehen werde. «Vielleicht schon im Derby gegen den FCZ», meint er.
Sa 05.02. 20:05 - 00:15 ∙ blue Sport Live ∙ Live Fussball: Grasshopper Club Zürich - FC Zürich
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«Die Chinesen sind ein Glücksfall für GC», betont Vogel noch einmal. Und er glaubt an eine rosige Zukunft für seinen Herzensverein. Insbesondere mit Jorge Mendes, der auch Weltstars wie Cristiano Ronaldo berät, hätten die Grasshoppers ein echtes Ass im Ärmel, der dem Klub künftig noch viel Freude bereiten könnte.
«Mendes ist der beste Berater Europas. Er kann seine Spieler aber noch nicht bringen, weil sie noch zu teuer sind. Das Geld hätte GC jetzt schon, aber sie machen nicht den Fehler, dass sie einen Star holen, der 2 Millionen verdient und der Nächste dann viel weniger», sagt Vogel. Deshalb spreche er auch erst vom Lotto-Fünfer. «Den Lotto-Sechser haben sie dann, wenn Mendes’ Spieler kommen.»