Kopfverletzungen werden im Fussball immer mehr zum Problem. Im Fussballtalk «Heimspiel» diskutieren Ärztin Dr. Nina Feddermann, eine Kapazität auf diesem Gebiet, Fussballexperte Jürgen Seeberger und Opfer Joël Geissmann (Lausanne) das brisante Thema.
«Am meisten dokumentiert ist Kopf gegen Kopf, wobei es auch andere Körperteile sein können wie Fuss, Ellenbogen, Hand oder Knie und in fast 50 Prozent sehen wir kombinierte Verletzungsmechanismen», sagt Dr. Federmann, Ärztin am Concussion Center der Schulthess Klinik, über die Art der Zusammenstösse bei Kopfverletzungen im Fussball.
Leider werden diese immer wieder zum Thema. Zuletzt bei Nationalspieler Christian Fassnacht, der am letzten Sonntag im Spiel gegen GC bei einem heftigen Zusammenprall in der Luft mit Toti Gomes, der in der Aktion deutlich zu spät kommt und sich einen Bruch des Schläfenbeins und eine Gehirnerschütterung zugezogen hat. Deshalb fällt er leider nicht nur für die kapitalen Länderspiele gegen Italien und Bulgarien aus, sondern womöglich für den Rest des Jahres.
Der «Fall Geissmann» als warnendes Beispiel
Eine schwere Kopfverletzung durchgemacht hat auch Lausannes Verteidiger Joël Geissmann. Zum verhängnisvollen Zusammenstoss kam es bei ihm vor fast einem Jahr in der Super-League-Partie gegen Vaduz, als er nach einem Zusammenstoss mit Linus Obexer mit dem Kopf zu Boden knallte. «Ich war bei Bewusstsein, der Physio kam auf den Platz und stellte mir Fragen zum heutigen Datum und meinem Geburtsdatum. Ich verliess dann kurz den Platz, weil man dies muss, und wollte dann weiterspielen.»
Es waren damals noch acht Minuten bis zur Pause, «in diesen fühlte ich mich schon etwas benebelt, aber ich war gut im Spiel, tätigte sogar noch zwei, drei Kopfbälle, was im Nachhinein vielleicht nicht optimal war. Als ich dann in der Pause zurück in die Kabine kam, wusste ich nicht mehr, wo mein Platz ist, und musste einen Kollegen fragen. Dieser ging dann umgehend zum Trainer und sagte ihm, dass mit dem Geissmann etwas nicht mehr sauber ist.»
Comeback erst nach 304 Tagen
Er habe dann 10 bis 15 Minuten gehabt, in denen er relativ verwirrt war, so Geissmann weiter, «und das war dann schon ziemlich komisch». Fussballspiele waren für ihn danach für lange Zeit tabu. Es sei oftmals so, dass Symptome und Befund mit zeitlicher Verzögerung auftreten, sagt Dr. Federmann dazu. «Sie können sich verändern oder an Intensität und Schwere im Lauf der Zeit zunehmen.»
Geissmann musste sich danach, wie viele Opfer von Hirnerschütterungen, in Geduld üben. Viele Therapiearten, die er ausprobierte, konnten den Heilungsprozess nicht beschleunigen. Erst als er ins Concussion Center geschickt wurde, verbesserten sich seine Werte. Letztlich musste der 28-jährige Mittelfeldspieler sich jedoch 304 Tage gedulden, ehe er in den Spielbetrieb zurückkehren konnte.