Kommentar Kollers Entlassung wäre ein Armutszeugnis für Basels Führung

Von Syl Battistuzzi

12.6.2019

Ist die Zeit für Marcel Koller (r.) abgelaufen? 
Ist die Zeit für Marcel Koller (r.) abgelaufen? 
Bild: Keystone

FCB-Trainer Marcel Koller hat in der Rückrunde das Maximum aus seinem Team herausgeholt. Trotzdem muss der 58-Jährige wohl gehen. Die Entlassung passt zum Bild, das die sportliche Führung abgibt.

Man wunderte sich schon am 19. Mai, als Sportchef Marco Streller gleich nach dem Cupsieg sich nicht zu seinem Trainer Marcel Koller bekennen wollte. «Ich will jetzt nicht hier stehen und sagen, wir machen das sicher oder wir machen das nicht», so Streller damals. Seither hängt ein Damoklesschwert über Koller, das nun hinuntersausen soll. 

Es wäre die zweite grosse persönliche Niederlage für Streller. Bei seinem Amtsantritt 2017 wählte er seinen früheren Nati-Kollegen Raphael Wicky als neuen Coach. Der Walliser sollte bei seiner ersten Trainerstation im Profigeschäft für eine neue Ära im Klub stehen. Zuvor war Urs Fischer – trotz Gewinn des Doubles – vom Rheinknie wegen seiner nüchtern Spielweise verjagt worden. Die neue sportliche Führung unter Streller und Präsident Berhard Burgener wollte wieder mehr Spektakel und mehr lokal ausgebildete Spieler im Kader sehen. Resultat: In der Meisterschaft landete der erfolgsverwöhnte Klub nach acht Meistertiteln in Serie mit 15 Punkten Rückstand auf YB nur auf dem zweiten Platz. 

Nur die erfolgreiche Champions-League-Kampagne –  sein Team erreichte die Achtelfinals –, rettete Wicky den Job. Doch nach ungenügenden Testspielergebnissen endete seine Amtszeit für die neue Saison nach gerade einmal zwei Pflichtspielen, nachdem der FCB in der Qualifikation gegen PAOK Thessaloniki gescheitert war. Nach seinem Aus war wieder Erfahrung gefragt. Der Auftrag von Streller: «Den FCB – national wie auch international – wieder auf Kurs bringen.» Mehr bekam man von der sportlichen Führung nicht mehr zu hören – sie ging auf Tauchstation. 

Die Kommunikation von Präsident Bernhard Burgener (l.) und Sportdirektor Marco Streller lässt zu wünschen übrig.
Die Kommunikation von Präsident Bernhard Burgener (l.) und Sportdirektor Marco Streller lässt zu wünschen übrig.
Bild: Keystone

Die Gefährdung der Stabilisation 

Zu Beginn tat sich auch Koller schwer, zumal er als GC-Legende beim Basler Anhang keinen Kredit genoss. Unruhe herrschte im Verein, und viele Spieler waren unzufrieden. Zu allem Übel verlor man das Direktduell gegen den neuen Liga-Krösus in Bern glatt 1:7. So lag man in der Winterpause 19 (!) Punkte hinter Leader YB. Doch Koller gelang es, in den letzten Monaten die Mannschaft zu stabilisieren. In der Rückrunde verlor der FCB nur noch ein einziges Mal und holte den Cup. Den Rückstand auf YB war natürlich nicht mehr aufzuholen.

In der gleichen Zeitspanne gab der Verein seine strategische Partnerschaft mit dem indischen Verein Chennai City FC bekannt. Nur wenige Zeit später liess Präsident Burgener verlauten, der FCB müsse die Kosten senken und gut 20 Millionen Franken einsparen.



Man kann von diesen Vorhaben halten, was man will. Sicher ist, das gegenwärtige Spielermaterial besitzt nicht die Klasse früherer Jahre. Mit dem langjährigen Captain Marek Suchy liess man ausgerechnet einen  verdienten Spieler ziehen, der für die Werte des FC Basel stand. Ohne Transferausgaben dürfte die Rückkehr an die Spitze nicht einfacher werden. Oder man setzt auf das Prinzip Hoffnung und spekuliert, dass YB mit den Abgängen (zu) viel an Substanz verliert. 

An die Honigtöpfe aus der Champions League wird der Basel nur sehr schwer gelangen. So wird das Unterfangen, die Klubkasse mit international guten Auftritten aufzubessern, nicht einfacher. 



Marco Streller meinte nach der Entlassung von Wicky, dass «die nächste Patrone sitzen muss», ansonsten werde der Druck riesig. Jetzt wird das Kapitel Koller mit einem Knall beendet. Und der neue Trainer darf die Herkulesaufgabe, die (wechselnden) Wunschvorstellungen von Marco Streller und Berhard Burgener, erfüllen. Ob das gutgeht, darf unter diesen Vorzeichen bezweifelt werden.

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