Unauffälliger AntreiberJan Olof Andersson: Der Mann, der die Schweden besser macht
SDA
3.7.2018 - 04:04
Fachleute halten den schwedischen Jan Olof «Janne» Andersson für die wichtigste Figur im Zusammenhang mit dem WM-Achtelfinal gegen die Schweizer Auswahl
Mit ihm verbinden die meisten Schweden die wichtigsten Argumente für den Vorstoss unter die Top 16 der Endrunde: Andersson, 55-jährig, bis zum Titelgewinn mit Norrköping 2015 weitgehend unauffällig. Über sich selber sagt der Mann aus Halmstad er sei «prozessorientiert und langweilig».
Er untertreibt, spätestens das Turnier in Russland hat ihn entlarvt: Andersson ist der smarte und dezidierte Projektleiter, der im Bedarfsfall durchaus aus der Haut fahren kann. Als er von ein paar Rabauken aus der zweiten DFB-Funktionärsreihe mit Jubelgesten provoziert wurde, sprintete der schwedische Coach mit hoch rotem Kopf in Richtung der deutschen Provokateure.
«Wir haben einen der Weltbesten verloren»
«Ich hatte keine Ahnung, wie weit der Weg führen könnte», erzählt Andersson am Vortag seiner wichtigsten Partie mit Schweden. "Wir mussten bei null beginnen und zuerst mal eine neue Mannschaft zusammenstellen." Die EM in Frankreich war einer von zahlreichen Tiefpunkten der letzten Jahre. Die alte Garde trat als Gruppenletzter und sieglos ab.
Das Ende der Ära mit der exzentrischen Ikone Zlatan Ibrahimovic war eine Herausforderung und Chance zugleich. Der Kreis der Leistungsträger dehnte sich aus, das Kollektiv musste wachsen. «Wir haben einen der Weltbesten verloren», sagt Captain Andreas Granqvist, «und entwickelten uns trotzdem gut, weil wir füreinander kämpfen. Die Grundlage hat Janne gelegt.»
Immer wieder führt die Spur des Erfolgs zurück zum Trainer. Während fünf Saisons hat er den finanziell und sportlich unbedeutenden IFK Norrköping deutlich wertvoller gemacht. Nun wiederholt sich die Geschichte auf einer anderen Ebene. Die Nordländer spielen auf einem markant höheren Niveau, phasenweise sogar über ihren Verhältnissen.
«Wir hatten vor jedem Gegner Respekt, daran wird sich nichts ändern.»
«Er darf einen hohen Prozentsatz des Erfolgs für sich beanspruchen», ist Andreas Lundin überzeugt. Der Reporter des staatlichen Hörfunks «Sveriges Radio» schätzt Anderssons Inputs als entscheidend ein: «Er macht Spieler und Teams besser. Der Erfolg trägt seine Handschrift.»
Als Jimmy Durmaz im Internet mit Hasskommentaren überschüttet wurde und auch seine Familie übelste Beleidigungen auszuhalten hatte, stellte sich die gesamte Mannschaft tags darauf gemeinsam vor die Presse und hinter den betroffenen Nationalspieler. Der eindrückliche Akt der Solidarität wurde von Andersson angeregt.
Im Gegensatz zu einigen ungemein selbstbewussten Beobachtern steht Andersson auch im sportlichen Bereich stilsicher auf dem Boden: «Wir hatten vor jedem Gegner Respekt, daran wird sich nichts ändern.» Und auf die absurden Gedankenspiele, ob seine Equipe vom WM-Final 1958 (Schweden vs. Brasilien) inspiriert sein könnte, trat Andersson erst gar nicht ein.
Auch auf die (Suggestiv-)Frage, ob die sechstplatzierten Schweizer in der FIFA-Weltrangliste nicht überbewertet seien, reagierte er mit dem gebotenen Fingerspitzengefühl: «Das Ranking basiert auf Arbeit und wundert mich nicht. Sie haben seit dem EM-Sommer nur eine Partie verloren.»
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