WM-Ticker vom 14. JuliWM-Ticker: Rakitic fühlt den Support von «Millionen» ++ England – Belgien: Aufstellungen ++ Wenig neue Trends und ein «Pep-Effekt» ++ Videobeweis ein Erfolg ++ Holt Kane die Torjägerkrone ++ Final der Gegensätze – Alles zum Endspiel
Teleclub/sda
14.7.2018 - 09:21
Die WM in Russland neigt sich dem Ende zu. Heute Samstag steht das Spiel um Platz 3 auf dem Programm, morgen Sonntag dann das grosse Finale. Hier bleiben Sie bis zur letzten Sekunde auf Ballhöhe.
Mandzukic kündigt Final-Tor an: «Mein Tor gegen England war das wichtigste in meiner Karriere – bis Sonntag!»
Am Sonntag steht das grosse Final an: Kroatien fordert in Moskau Frankreich und will unbedingt Weltmeister werden. Für die Kroaten ist es der erste WM-Final in der Fussball-Geschichte. Mario Mandzukic war im Halbfinal mit seinem Tor in der Nachspielzeit verantwortlich, dass der Traum weiter geht.
Bei seinem Klub Juventus Turin passiert zurzeit auch einiges: Ronaldo wird Mandzukics neuer Teamkollege. Doch das scheint dem Kroaten zurzeit völlig egal zu sein. Das «interessiert mich nicht», wird Mandzukic von der «Sportbild» zitiert. Zurzeit gilt nur der WM-Final und kündigt ein weiteres Tor an: «Mein Tor gegen England war das wichtigste in meiner Karriere – bis Sonntag!»
Grosse Worte! Es bleibt spannend, wie Kroatien auftreten wird. Zuletzt mussten sie drei Mal in die Verlängerung, zwei Spiele endeten im Penaltyschiessen. Frankreich hingegen nie. «Die Mannschaft ist topfit. Die Jungs rennen. Wir können Geschichte schreiben», sagt Co-Trainer Ivica Olic zuversichtlich.
Rakitic: «Es fühlt sich so an, als würden uns Millionen unterstützen»
Vor dem WM-Final gegen Frankreich spricht Ivan Rakitic über die Bedeutung des bisherigen Turniers und er sagt auch, wer zum wichtigsten Spieler der WM gekürt werden sollte.
England – Belgien: Aufstellungen sind da
England stellt auf fünf Positionen um, es kommen Jones, Delph, Dier, Loftus-Cheek und Rose in die Startformation. Bei Belgien sind nur Meunier und Tielemans neu von Anfang an dabei.
Sonderbares Orakel: Tapir Cleopatra entscheidet sich für Kroatien
Im Zoo von Nizhny Novgorod werden Cleopatra zwei Töpfe mit Essen serviert. Natürlich entscheidet sich das Tier für den näheren Topf. Kroatien gewinnt daher den Final gegen Frankreich – zumindest in dieser Sparte!
Kroatiens Weg in den WM-Final
Den Kroaten wurde vor WM-Beginn einiges zugetraut, dass sie nun aber nach dem Titel greifen, kommt dann doch auch etwas überraschend.
Frankreichs Weg in den WM-Final
Die Franzosen greifen am Sonntag gegen Kroatien nach dem Titel und sind im Endspiel leicht zu favorisieren.
Die FIFA zieht eine positive Bilanz
Die FIFA zeigt sich vom sportlichen Geschehen der WM in Russland angetan. Die Technische Kommission des Weltverbandes spricht von einer «unglaublichen Vielfalt an Stilen» und von einem «Pep-Effekt».
Die Fähigkeit, ein Spiel aus der eigenen Verteidigung aufzubauen, eine hoch stehende Abwehr und Pressing gelten als Schlüsselqualifikationen. «Dieser Spielansatz, sehr technisch mit grosser Geschwindigkeit ist sehr wichtig», sagte der Schotte Andy Roxburgh und nannte dies den «Pep-Guardiola-Effekt».
Die taktische Kunst des Trainers von Manchester City diene vielen Teams beim Turnier in Russland als Vorbild für erfolgreichen Fussball. «Wir haben auch schon bei den Weltmeisterschaften 2010 und 2014 gesehen, dass zahlreiche seiner Spieler für den Weltmeister gespielt haben», sagte der Niederländer Marco van Basten. Die Räume für offensive Vorstösse werden durch immer besser gestaffelte Verteidigungen immer kleiner und kleiner. «Selbst Spieler wie Messi und Neymar haben Probleme damit.»
Als herausragende taktische Leistung des Turniers wurde Belgiens Sieg im Viertelfinal gegen Brasilien gewürdigt. «Wie Trainer Roberto Martinez das Spiel antizipiert und seine Mannschaft eingestellt hat, war fantastisch», sagte Roxburgh.
Afrikanische und arabische Schwäche
Erstmals seit 36 Jahren überstand kein afrikanisches Team die Vorrunde. Aus Sicht des Nigerianers Emmanuel Amuneke müssen die Länder vor allem die Ausbildung ihrer Spieler und Trainer verbessern. Ähnliches gilt für die arabischen Länder. «Auch dort gibt es keine Struktur für Trainer und Nachwuchsarbeit», sagte der brasilianische Weltmeistertrainer Carlos Alberto Parreira. Zu häufig würde auf Trainer aus anderen Ländern gesetzt.
In 62 Spielen fielen 161 Tore, 32 davon in den letzten zehn Spielminuten. 28 Penaltys wurden gepfiffen (21 Tore), elf Eigentore gab es und nur vier Spieler sahen die Rote Karte. Auffällig war die hohe Anzahl an Treffern nach Standardsituationen. Allein England schoss neun seiner zwölf Treffer nach ruhenden Bällen. Der Videobeweis verbessere hier die Chancen auf einen Treffer. «Früher wurde im Strafraum mehr geschubst und gehalten», sagte Roxburgh. Die Schiedsrichter fuhren in diesem Bereich allerdings eine grosszügige Linie, auch ihre Videoassistenten griffen bei offensichtlichen Foulspielen nicht ein.
Video-Assistant-Referee (VAR) als Erfolg
Nichtsdestotrotz erwies sich VAR als Erfolg. 440 Szenen wurden laut Präsident Gianni Infantino geprüft, 19 noch einmal angeschaut. «16 Mal wurde ein falscher Entscheid korrigiert.» Da Fussball ein Kontaktsport sei, werde es immer Raum für verschiedene Interpretationen geben, sagte der Walliser. Sie hätten die Quote richtiger Entscheide aber von 95 Prozent auf 99,32 Prozent erhöhen können. Und dank VAR werde es auch nie mehr einen falschen Offside-Entscheid geben. «Diese Zeiten sind vorbei.» Zudem habe der Videobeweis auch erzieherische Massnahme. «Die Spieler wissen, dass ihre Aktionen von Dutzenden von Kameras festgehalten wird.»
Die Erkenntnisse der FIFA, was den Gehalt der Spiele anbetrifft, deckt sich nur bedingt mit denjenigen des neutralen Beobachters. Gerade in der Vorrunde regierte oftmals die Vorsicht, neue Trends waren kaum zu erkennen. Mannschaften wie Peru oder Marokko wurden für ihre offensive Spielweise bestraft und scheiterten frühzeitig. Spektakuläre Spiele waren während des ganzen Turniers eine Seltenheit. Zu den Ausnahmen gehörten Spanien gegen Portugal (3:3), Frankreich gegen Argentinien (4:3) oder Belgien gegen Japan (3:2). Immerhin brachte die K.o.-Phase viele spannende Begegnungen, nachdem es in der Vorrunde wenige interessante Spiele gegeben hatte.
Spiel um Platz 3: Harry Kane will die Torjägerkrone
Das Spiel um Platz 3 will eigentlich keiner spielen. Und doch will es dann jeder gewinnen. Für England und Belgien geht es am Samstag in St. Petersburg um eine historische Marke in der Verbandsgeschichte. Und mit Harry Kane und Romelu Lukaku kämpfen auch noch zwei Spieler um die Torjägerkrone. Wobei die Vorteile klar auf der Seite des Engländers liegen, hat er doch bereits sechs Treffer – und damit zwei mehr als der Belgier – auf dem Konto. Mehr zu diesem Spiel und dem Kampf um die Torjägerkrone, lesen Sie hier.
Die grosse Final-Vorschau: Frankreich – Kroatien
Frankreich und etwas überraschend Kroatien bestreiten am Sonntag ab 17 Uhr im Luschniki-Stadion in Moskau den WM-Final. Zwei Fragen stellen sich vor dem Endspiel: Gewinnt Didier Deschamps («Ich habe Fussball nie des Spiels wegen gespielt. Immer des Gewinnens wegen!») 20 Jahre nach dem Triumph als Spieler die WM-Trophäe auch als Trainer? Oder kürt Russland mit Kroatien einen neuen Weltmeister?
Immer wieder ist der 8. Juli 1998 in diesen Tagen ein Thema. Es war der Tag, als Frankreich im WM-Halbfinal im Stade de France in Paris Kroatien dank zwei Treffern von Lilian Thuram 2:1 besiegte und erstmals in einen WM-Final einzog. «Ich weiss noch, wie wir Sukers Führungstor bejubelt haben», sagte Kroatiens Trainer Zlatko Dalic. «Aber kaum sassen wir wieder, fiel der Ausgleich.» Jeder in Kroatien erinnere sich an dieses Spiel. «Und vielleicht gibt uns der liebe Gott ja die Möglichkeit, dieses Ergebnis nun zurechtzurücken.»
Mittendrin vor 20 Jahren war Dalics Gegenüber Didier Deschamps. Als Captain führte er «Les Bleus» zum ersten und bislang einzigen WM-Titel. Nun könnte er am Sonntag mit Mario Zagallo und Franz Beckenbauer gleichziehen und den WM-Pokal auch als Trainer gewinnen. «Er wird von uns respektiert, weil er die WM 1998 gewonnen hat», sagte Antoine Griezmann. «Er kennt den Weg, der zu gehen ist. Wir glauben an ihn, wir vertrauen ihm, wir spielen für ihn.»
Letzte Chance für Kroatien – Beginn einer Ära in Frankreich
Auch für Kroatien symbolisierte 1998 bis zum Turnier in Russland den grössten Erfolg der Geschichte. Immer wieder war die Generation um Luka Modric an jener des heutigen Verbandspräsidenten Davor Suker gemessen worden, die hohen Erwartungen der gut vier Millionen Einwohner konnte sie nie erfüllen. «Nun haben wir diese Generation endlich vergessen gemacht», sagte Verteidiger Dejan Lovren.
Lovren und seine Kollegen haben die womöglich letzte Chance genutzt, auf der WM-Bühne zu glänzen. Die Mannschaft steht im Zenit ihrer Leistungsstärke, acht der elf Spieler sind 29 oder älter, spätestens nach der EM 2020 dürfte ein Umbruch folgen. Ganz andere Perspektiven eröffnen sich der «Equipe Tricolore». 17 der 23 französischen Kaderspieler sind in den Neunzigerjahren geboren, gewinnen Griezmann und Co. am Sonntag den Titel, könnte dies der Beginn einer Ära sein.
Bester Spieler des Turniers: Mbappé oder Modric?
Das Duell zwischen Frankreich und Kroatien ist auch eines zwischen Luka Modric und Kylian Mbappé. Während sich andere Superstars wie Lionel Messi, Cristiano Ronaldo oder Neymar frühzeitig aus dem Turnier verabschiedeten, spielten sich der 32-jährige Regisseur von Real Madrid und der 19-jährige Flügelstürmer von Paris Saint-Germain in den letzten Wochen ins Rampenlicht. Die beiden werden als erste Anwärter auf die Auszeichnung zum besten Spieler des Turniers gehandelt.
Modric ist der Taktgeber im kroatischen Team und weist am Sonntag nach seinen vier Champions-League-Titeln mit Real Madrid die grösste Final-Erfahrung aller Akteure auf. «Er ist unser wichtigster Mann und der beste Mittelfeldspieler der Welt», sagte Lovren. «Er ist nicht Messi, weil er die Dinge, die Messi macht, nicht kann.» Aber Modric könne andere Dinge. «Und er hat Rakitic an seiner Seite.» Der in Möhlin aufgewachsene schweizerisch-kroatische Doppelbürger ist der kongeniale Partner von Modric im zentralen Mittelfeld.
Steht Modric für die kroatische Gegenwart, so tut dies Mbappé für die französische Zukunft. «Liberté, Égalité, Mbappé», schrieb die Süddeutsche Zeitung nach der Doublette des 19-Jährigen im Achtelfinal gegen Argentinien in Anlehnung an den Ausruf, der sich an dem Gedankengut der Französischen Revolution 1789 orientiert. Auch im Halbfinal gegen Belgien deutete der Teenager an, warum er als das grösste Talent im Weltfussball gehandelt wird. Mbappés grösste Stärke sei dessen Gelassenheit vor dem Tor, sagte Deschamps. Hinzu kommt seine Schnelligkeit: In Russland wurden bis 38 km/h gemessen.
Frischere Franzosen? Lovren: «Vergiss es!»
Während Frankreich souverän in den Final vorstiess, zeichnete sich Kroatien in der K.o.-Phase durch seine Leidensfähigkeit und Moral aus. Gegen Dänemark, Russland und England lagen die «Vatreni» in Rückstand, setzten sich aber dennoch durch; im Achtel- und im Viertelfinal im Penaltyschiessen, im Halbfinal nach Verlängerung. «Wir sind ein Land voller Menschen, die nie aufgeben», sagte Dalic. Verteidiger Lovren glaubt nicht, dass sich die drei Verlängerungen und ein Tag weniger Pause vor dem Final als Nachteil erweisen werden. «Vergiss es!» Schon vor der Partie gegen England hätten alle gesagt, sie seien müde. «Aber wir hatten die frischeren Beine.»
«Les Bleus» setzten in der K.o.-Phase gegen Argentinien (4:3), Uruguay (2:0) und Belgien (1:0) durch, wobei der Pragmatismus meistens vor dem Spektakel kam. Die vereinzelte Kritik am Spielstil wie nach dem Halbfinal gegen Belgien lässt die Protagonisten kalt. «Ich will diesen Stern», sagte Griezmann. «Und wenn ich diesen Stern habe, dann ist mir egal, wie wir gespielt haben.»