Nach fast 95 Minuten Spielzeit schien die Sensation perfekt. Dann markierte Tottenhams Lucas Moura seinen dritten Treffer – und bereitete dem Ajax-Märchen ein jähes Ende.
Ajax Amsterdam führt im Champions-League-Halbfinal gegen Tottenham nach drei von vier gespielten Halbzeiten komfortabel mit drei Toren. Nach Juventus Turin und Titelverteidiger Real Madrid scheinen auch die Spurs den verblüffenden Lauf der Holländer nicht stoppen zu können. Ajax' Finaltraum lebt mehr denn je – doch dann reisst der Faden komplett.
Captain Matthijs de Ligt erklärt im Interview: «In der ersten Halbzeit war unser Pressing sehr gut, in der zweiten Halbzeit haben wir uns hinten reindrängen lassen. Dann wird es schwer.» In der Tat agiert Amsterdam nach einer fulminanten ersten Halbzeit und Toren von de Ligt und Ziyech nach dem Seitenwechsel zu passiv. Wollte man sich im Lager der Holländer auf Ergebnissicherung beschränken?
Leistungssteigerung von Tottenham
Trainer Erik ten Hag verneint. «Ich habe meinen Spielern in der Halbzeit gesagt, dass es noch nicht vorbei ist. Das konnte man am Auftreten der Tottenham-Spieler erkennen. Sie haben immer noch daran geglaubt.» Die in der zweiten Halbzeit offensiver auftretenden Engländer spielen ab dem Pausentee noch besser und direkter nach vorne.
Auch Frankie De Jong anerkennt die Leistungssteigerung des Gegners: «Sie spielten sehr gut in der zweiten Halbzeit, agierten mit vier Stürmern. Das war stark und deshalb stehen sie verdient im Finale. Aber wir hätten das auch verdient.»
«Manchmal ist es so eine Scheisse»
Denn Ajax hat auch in Hälfte zwei gute Chancen, vorzeitig für die Entscheidung zu sorgen. Trainer ten Hag: «Trotzdem hatten wir die Möglichkeiten in Gegenangriffen und Kontern. Wir kreierten auch Chancen und wenn wir das Tor schiessen, machen wir den Deckel drauf. Aber das haben wir leider nicht geschafft.» Er denkt wohl vor allem an den Schuss von Hakim Ziyech, der in der 79. Minute nur an den Pfosten prallt. «Dann fällt am Ende ein Ball total falsch für uns – dann ist es passiert. Das ist Fussball. Manchmal ist es so eine Scheisse».
Auch bei Captain und Torschütze Matthijs de Ligt sitzt der Frust tief. «Es war sehr hart. Das versteht jeder. Wenn du so nah am Finale bist und dann noch verlierst – es ist unbeschreiblich. Das ist die schlimmste Art und Weise auszuscheiden.»
«Wir werden Zeit brauchen»
Entsprechend ist die Enttäuschung bei den Holländern nach dem Schlusspfiff grenzenlos. Der 49-jährige ten Hag sucht nach treffenden Worten: «Es ist ganz schwierig, Worte zu finden, um das zu beschreiben, wenn man so nahe dran ist. Das wäre die absolute Sensationen gewesen, wenn wir als Ajax Amsterdam aus Holland den Champions League Final erreicht hätten. Wir waren so nahe dran. (…) Der Champions-League-Final ist etwas Einmaliges und die Spieler wissen das sehr genau. Wir werden Zeit brauchen, um darüber hinwegzukommen.»
Viel Zeit zur Verarbeitung bleibt der jungen Mannschaft aber nicht. In der heimischen Meisterschaft kämpft Ajax gegen Rivale PSV Eindhoven auf Augenhöhe um den Titel, noch zwei Spiele sind zu absolvieren. Frankie de Jong macht klar: «Der Trainer sagte, dass wir stolz sein können, was wir in dieser Champions League erreicht haben. Jetzt müssen wir um die holländische Meisterschaft kämpfen.»