Im deutschen Trainerduell der Champions League geht es für Jürgen Klopp mit dem FC Liverpool und Thomas Tuchel mit PSG um alles oder nichts. Die Partie in Paris entscheidet womöglich, wer weiterkommt und wer sich aus Europa verabschiedet.
Jürgen Klopp schleicht konsterniert über den Platz, während ihm der kalte serbische Herbstwind ins Gesicht weht. Die Enttäuschung und Ratlosigkeit sind dem Liverpool-Coach nach der überraschenden 0:2-Niederlage bei Roter Stern Belgrad anzusehen. «Das war natürlich ein Dämpfer», fasst er den bitteren Abend zusammen. «Wir müssen es zugeben: Gratulation an Roter Stern, total verdient.»
Die Tabellensituation in Gruppe C könnte damit kaum spannender sein. Liverpool auf Platz 1 ist punktgleich mit dem Zweiten SCC Neapel und hat nur einen Zähler Vorsprung auf den nächsten Gegner Paris Saint-Germain, der durch ein 1:1 (0:1) in Italien im Rennen bleibt. «Paris atmet noch», schreibt «Le Parisien». Doch das Team von Trainer Thomas Tuchel muss am 28. November unbedingt gegen Liverpool gewinnen, um das Vorrunden-Aus zu vermeiden – oder sich womöglich ganz aus Europa zu verabschieden.
Wenn Liverpool in Paris so auftritt wie in Belgrad, könnte es für PSG klappen. Die Zeitung «Liverpool Echo» schreibt, die Reds hätten «unentschuldigt gefehlt». Der «Telegraph» nennt es einen «mechanischen und mentalen Zusammenbruch». Der Tabellendritte der Premier League war tatsächlich kaum wiederzuerkennen.
Liverpools nicht für möglich gehaltene Negativserie
Auf die Frage, was bei Liverpool schief laufe, reagiert Klopp mit Sarkasmus: «Ich habe nur zehn Finger.» Die hitzige Atmosphäre im Rajko-Mitić-Stadion will er als Ausrede für die Verunsicherung seiner Spieler nicht gelten lassen. «Das war eine gute Fussball-Atmosphäre», sagt der Coach. «Ich glaube nicht, dass es unmöglich gewesen wäre, eine gute Leistung zu zeigen.»
Sein Team stellt nebenbei einen unschönen Vereinsrekord auf. Erstmals verliert Liverpool in der Königsklasse drei Auswärtsspiele hintereinander. Eine solche Negativserie erlebten die Reds in Europa zuletzt 1979. «Natürlich müssen wir dafür sorgen, dass das nicht noch mal passiert», mahnt Klopp, «sonst wird es schwer, denn das nächste Spiel ist wieder ein Auswärtsspiel.» Und zwar in Paris.
PSG-Boss Nasser Al-Khelaïfi fordert sechs Punkte aus zwei Spielen
Das Remis in Neapel wird in französischen Medien dagegen als Erfolg für PSG gewertet. Schliesslich habe die millionenschwere Mannschaft laut «Le Monde» bereits am Abgrund gestanden. Die Spieler hätten ihre Mission «auf dem Drahtseil» erfüllt, schreibt die Zeitung und lobt die taktischen Entscheidungen von Trainer Tuchel.
Der PSG-Coach ist dennoch unzufrieden. «Es ist ein wenig hart, das Ergebnis zu akzeptieren», sagt Tuchel, «es gab zwei Fehler des Schiedsrichters.» Der Referee übersieht eine Abseitsstellung, bevor Lorenzo Insigne per Strafstoss Neapels Ausgleich besorgt, und verweigert PSG nach einem Foul an Juan Bernat einen Penalty. Da fehlen dem fliessend französisch sprechenden Tuchel die Worte. «Wie sagt man unglücklich?», fragt er.
In der Ligue 1 holte Tuchel mit PSG zwölf Siege aus zwölf Spielen. Doch der Gewinn der Champions League ist das erklärte Ziel von Klubboss Nasser Al-Khelaïfi. Er lobt seinen Trainer aber ausdrücklich und erhöht gleichzeitig den Druck. «Wir haben noch zwei weitere Spiele», sagte Al-Khelaïfi, «da müssen wir sechs Punkte holen.»