Wenn die Schweiz heute Donnerstag um 18 Uhr gegen Bulgarien in die WM-Qualifikation startet, sind drei Punkte gefordert.
In Sofia ist auch Ende März noch Winter. Die Lichtmasten des Vasil Levski Nationalstadions ragen trostlos in den grauen Himmel. Im grossen Stadtpark Borissova Gradina, der das Stadion umgibt, flanieren keine Menschen. Zu kalt, zu ungemütlich. Bulgarien ist seit letztem Montag wieder im Lockdown. Hier also startet die Schweizer Nationalmannschaft am Donnerstag in ein Länderspieljahr, dessen Kalender mit WM-Qualifikation und EM-Endrunde reich befrachtet ist. Coach Vladimir Petkovic sagte deshalb ungeachtet der atmosphärischen Umstände: «Wir haben eine schöne Zeit vor uns.»
Wenn die Schweizer von den anstehenden grossen Spielen reden, vom «Hammer-Jahr», wie sich Petkovic ausdrückte, dann denken sie an die insgesamt drei Duelle gegen Italien, oder an die Spiele im Juni an der EM-Endrunde – aber wohl weniger an die Aufgabe gegen Bulgarien und an das Heimspiel am Sonntag im leeren St. Galler Kybunpark gegen Litauen. In Sofia hat die Schweiz wenig zu gewinnen. Es stellt sich ihr zum Start in die WM-Qualifikation gegen die Nummer 68 im FIFA-Ranking eine Pflichtaufgabe. «Das erste Spiel ist extrem wichtig, weil es einen positiven Input geben kann», so Petkovic.
Do 25.03. 17:20 - 20:25 ∙ SRF zwei ∙ BUL 2021 ∙ 185 Min
Sendung ist älter als 7 Tage und nicht mehr verfügbar.
Am Ende des Weges will sich die Schweiz für die WM-Endrunde im Spätherbst 2022 in Katar qualifiziert und auch die vierte Ausscheidungskampagne unter Petkovic erfolgreich überstanden haben. Um das auf direktem Weg zu schaffen, muss sie ihre Gruppe gewinnen. Favorit ist sie dabei nicht, weil Italien «im Rating höher ist als wir», wie Petkovic sagte. Und er gab zu: «Platz 1 ist etwas weiter weg als Platz 2.» Wer Zweiter wird, muss sich im März 2022 durch die Playoffs mühen und dabei zwei K.o.-Spiele gewinnen. «Platz 2 garantiert nichts», meinte deshalb Petkovic.
Tadellose Bilanz bei Pflichtaufgaben
Die Schweizer streben trotz des Schwergewichts Italien den Gruppensieg an. Sie sehen sich dazu in der Lage, weil sie im letzten Jahr in den Spielen der Nations League gegen Spanien und Deutschland trotz eines sieglosen 2020 «Fortschritte gemacht» hätten, wie Spieler und Trainer immer wieder betonen. Ihr Problem dabei: Sie zeigen sich mit den Top-Mannschaften spielerisch teilweise auf Augenhöhe, ausser einem Sieg gegen ein Portugal ohne Cristiano Ronaldo im Spätsommer 2016 haben sie in Qualifikations- und Endrundenspielen gegen diese aber wenig Zählbares vorzuweisen.
Im Wissen um diesen Makel ist es umso wichtiger, dass die Schweiz die Pflichtaufgaben erfolgreich hinter sich bringt. In dieser Sparte hat sie sich in den letzten Jahren zu einer Expertin gemacht. In den drei Ausscheidungskampagnen 2016, 2018 und 2020 hat die Schweiz gegen tiefer eingestufte Mannschaften nur einmal verloren. Das war im Oktober 2014 gegen Slowenien. Sie hat unter Petkovic überhaupt in allen Qualifikationsspielen zusammen in rund 75 Prozent der Fälle gesiegt. Klammert man die Spiele gegen England (EM-Qualifikation 2016), Portugal (WM-Qualifikation 2018) und Dänemark (EM-Qualifikation 2020) aus, steigt die Erfolgsquote sogar auf knapp 90 Prozent.
Unbekanntes Bulgarien
Die Schweizer mögen ihr Niveau im Vergleich zu den besten Mannschaften etwas überschätzen, sie sind aber demütig genug, gegen schwächere Teams seriös und mit der nötigen Ernsthaftigkeit aufzutreten. «Man muss jedem Gegner Respekt entgegenbringen, sonst kommt man schnell unnötig ins Schleudern», sagte etwa Stürmer Haris Seferovic.
Dass Trainer und Spieler in Sofia aber nicht genau wissen, was auf sie zukommt, ist nicht ihr Verschulden. Bulgarien hat im Winter nach dem Abstieg in die Division C der Nations League mal wieder den Trainer gewechselt. Jasen Petrov ist schon der 15. Nationalcoach in den letzten 20 Jahren. Ausserdem ist fast das halbe Kader der Südosteuropäer mit Debütanten besetzt. Petkovic wird auch deshalb in erster Linie auf sein Team schauen und die Taktik entsprechend ausrichten: «Wir spielen auf Sieg und wollen den Gegner in die Situation bringen, dass er nicht agieren kann, sondern vor allem reagieren muss.»