Statistik Ohne Titel chancenlos – Schweizer Trainer sind im Ausland nicht gefragt

SB10

22.6.2020

Urs Fischer (l.) und Lucien Favre repräsentieren die Schweiz in der Bundesliga.
Urs Fischer (l.) und Lucien Favre repräsentieren die Schweiz in der Bundesliga.
Bild: Getty

Die Rangliste der Anzahl Trainer im Ausland spricht eine klare Sprache: Argentinien ist Exportkrösus. Derweil finden Schweizer Coaches selten den Weg über die Landesgrenze hinaus.

Das International Soccer Observatory (CIES) hat eine Rangliste mit den im Ausland lebenden Coaches von 1875 Klubs aus 128 Ligen in 91 Ländern veröffentlicht. An der Spitze obenaus schwingt Argentinien. Gleich 68 Trainer aus dem vielleicht fussballverrücktesten Land waren beim Stichdatum (1. Juni 2020) fernab der Heimat unter Vertrag.

Die meisten argentinischen Auslandstrainer sind in anderen lateinamerikanischen Staaten (Chile (11), Peru (7) und Ecuador (6)) tätig. Insgesamt stehen sie in 22 verschiedenen Ländern an der Seitenlinie.



Nur drei Argentinier stehen hingegen bei europäischen Vereinen unter Vertrag: Hernán Losada in Belgien (Beerschot), Marcelo Bielsa in England (Leeds) und der berühmteste Export Diego Simeone in Spanien (Atlético Madrid).

Auch die Spanier sind im Ausland gut vertreten (41 Trainer in 21 Ländern), ebenso wie überraschenderweise die Serben (34 Trainer in gleich 24 Ländern – Rekord). Im Hinblick auf die Grösse des Landes sind auch das sechstplatzierte Portugal (25 Trainer in 17 Ländern) und das siebtplatzierte Uruguay (24 Trainer in 16 Ländern) bemerkenswert.

Ohne Titel chancenlos

Mager hingegen fällt die Bilanz aus Schweizer Sicht aus: Nur gerade drei Trainer sind gemäss Statistik im Ausland tätig. Es handelt sich gemäss den Studienleitern um Lucien Favre (Borussia Dortmund), Urs Fischer (Union Berlin) und Raphael Wicky (Chicago Fire). Nicht berücksichtigt wurden in der Studie René Weiler, der aktuell beim ägyptischen Spitzenklub El Ahly engagiert ist, und Damian Bellon vom thailändischen Klub Grand Andaman Ranong United.

Die mangelnde Nachfrage nach Schweizer Fachkräften hat für Rolf Fringer, früher selber in der Bundesliga bei Stuttgart tätig, einen klaren Grund: «Der Stellenwert der Super League ist im internationalen Vergleich zu klein.» Ausserdem sei natürlich sprachlich bedingt die Auswahl beschränkt, weshalb für deutschsprachige Trainer fast nur Deutschland in Frage käme, so der heutige Teleclub-Experte.

Gerardo Seoane und Marcel Koller haben bewiesen, dass sie erfolgreich einen Klub führen können.
Gerardo Seoane und Marcel Koller haben bewiesen, dass sie erfolgreich einen Klub führen können.
Bild: Keystone

«Ein Schweizer Trainer muss also fast zwingend Meister werden, um den Sprung in die Bundesliga zu schaffen», hält Fringer fest. «Die deutschen Klubs können ein Engagement eines Schweizers eigentlich nur dann gegenüber der Öffentlichkeit vertreten, wenn dieser die Meisterschaft oder zumindest international für Aufsehen gesorgt hat.»

So ist das Meisterschaftsrennen in der Super League folglich auch ein Wettkampf der Trainer um einen der begehrten Plätze in der Bundesliga. Der deutsche Coach Peter Zeidler vom Überraschungsleader St.Gallen soll bereits das Interesse von Hoffenheim auf sich gezogen haben. Aus nationaler Optik im Sinne der Statistik müsste man aber eher auf einen Triumph von Marcel Koller und Gerardo Seoane hoffen. Realistischerweise ist aufgrund des Auswahlprofils der 41-jährige YB-Trainer gegenüber dem 59-jährigen Basel-Coach sicher im Vorteil. 


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