Der Schweizer Nati-Spieler Granit Xhaka spricht im Interview mit «Sport1» über die Coronakrise, soziale Medien, die Nationalmannschaft, den Umgang mit Fans und seine Karriere im Allgemeinen.
Granit Xhaka wurde beim FC Basel gross und wechselte 2012 als zweifacher Schweizer Meister zu Borussia Mönchengladbach. Nach vier Jahren in der Bundesliga wechselte er im Sommer 2016 zum FC Arsenal. Sein Debüt in der A-Nationalmannschaft gab Xhaka im Juni 2011, ein Jahr zuvor wurde der inzwischen 27-Jährige mit der U17-Nati Weltmeister. Inzwischen hat der Mittelfeldregisseur 82 Länderspieleinsätze auf dem Konto. «Sport1» hat er ein ausführliches Interview gegeben – sein Treffen mit David Luiz während des Lockdowns kam dabei nicht zur Sprache.
Die Krise habe sich bei den Menschen in England eher langsam ins Bewusstsein geschlichen, «nun ist sie aber mit voller Wucht da», so Xhaka. Er habe für sich eine gute Routine entwickelt und ziehe sein Trainings-Programm sehr diszipliniert und hart durch.
Dass sein Mannschaftskollege Mesut Özil in die Kritik geraten ist, weil er einem Gehaltsverzicht nicht zugestimmt hat, will Xhaka nicht kommentieren. Klar sei, dass sich viele Spieler sozial engagieren würden: «Viele machen das auch im Hintergrund, ohne es gross publik zu machen.» Und das sei auch nicht erst seit der Coronakrise der Fall. Aber: «Diese Krise hat vielen, auch bei uns Spielern, noch einmal die Augen geöffnet, wie schnell alles vorbei sein kann und wie wichtig die Gesundheit eines Jeden in der Gesellschaft ist.»
Xhaka über seine Zeit in Arsenal
Der Rückblick falle insgesamt sehr positiv aus. «Ich denke, es ist der Traum eines jeden Spielers einmal in der Premier League zu spielen, einer Liga auf solch hohem Niveau mit unzähligen Top-Spielern und extremen Belastungen.» Wer in dieser Liga mithalten wolle, der müsse von morgens bis abends hoch professionell arbeiten. «Du darfst dir keine Nachlässigkeiten erlauben, sei es im Bezug auf deine Mentalität und Einstellung, deine Ernährung, bis hin zum maximal intensiven Trainingseinsatz und der richtigen Erholung. Diese Liga erlaubt dir keine Fehler.»
Das Tempo sei deutlich höher als in anderen Ligen, so Xhakas Eindruck, der zum Schluss kommt: «Ganz ehrlich, meine Karriere hätte ich mir nicht besser erträumen können. Es ist nahezu alles wahr geworden, was ich mir als junger Spieler einmal ausgemalt habe. Und das lag vor allem an guten und richtigen Entscheidungen. Jeden Schritt habe ich zusammen mit meiner Familie entschieden.»
Zoff mit den Fans
In Gladbach war Xhaka auch deshalb so beliebt, weil er sich immer viel Zeit für die Fans genommen hatte. Für ihn eine Selbstverständlichkeit: «Seit ich denken kann, sind die Fans für mich fester Teil meines Sports.» Er habe grossen Respekt davor, was die Fans alles tun würden, um die Spieler zu unterstützen. «In England ist man da ein Stück weit abgeschotteter, das fehlt mir im Vergleich zur Bundesliga. Ich hatte immer sehr viel und engen Kontakt zu den Fans, bin da sehr offen.»
Reagierte er deshalb so empfindlich auf die Kritik der Arsenal-Fans im vergangenen Jahr? Xhaka erklärt, dass ihn die Pfiffe und der ganze Hass schon getroffen hätten. «Bis dahin hatte ich in Basel und in Mönchengladbach und auch hier bei Arsenal eigentlich fast nur positive Erfahrungen mit den Fans. Dann trifft einen so etwas schon doppelt hart.»
Vor- und Nachteile von Social Media
Er nutze die sozialen Medien, um die Fans an seiner sportlichen Karriere und an seinem Privatleben («soweit ich es zulasse») teilhaben zu lassen. «Was früher die Fanpost war, ermöglichen heute Instagram und Co. viel authentischer und aktueller. Das finde ich klasse und macht mir auch Spass» so Xhaka im Interview mit «Sport1».
Doch die Social-Media-Plattformen seien ein zweischneidiges Schwert, das habe er im vergangenen Herbst erfahren müssen. «Es gibt wirklich Leute, die sich zum Hobby machen, täglich andere zu beleidigen und die dann auch vor meinem privaten Umfeld und meiner Frau nicht halt machen. Das ist dann leider die Kehrseite der Medaille.»
Was passiert sei, sei passiert und das könne man auch nicht rückgängig machen. «Vielleicht war es auch ein Missverständnis und beide Seiten haben da einigermassen überreagiert.» Für ihn sei das Thema erledigt. «Man muss jetzt nach vorne schauen, sich gerade in der aktuellen Situation positiv motivieren und nicht an Negativem hängen bleiben», meint Xhaka, der mit sich voll und ganz im Reinen zu sein scheint.
Xhaka zur EM-Absage
«Klar hätte ich gerne gespielt, wir haben einen super Kader und hätten auch realistische Chancen gehabt, im Turnier weit zu kommen», meint Xhaka auf die EM-Absage angesprochen. Aber für ihn sei schnell klar gewesen, dass die EM kaum würde stattfinden können, zumal das Turnier über mehrere Länder verteilt gewesen wäre. «Daher gab es dazu keine Alternative, so traurig dies auch ist.»