Der Höhepunkt des Schaffens von Ottmar Hitzfeld in der Schweiz und ein Teilerfolg von John Slettvoll im Trainerduell mit Bill Gilligan prägten das Schweizer Sportjahr 1990. Wir halten Rückschau.
Wo er auch die Zelte aufschlug, führte Ottmar Hitzfeld den Erfolg mit sich. 1989, am Ende seiner ersten NLA-Saison bei den Hoppers, musste er noch seinem Kollegen Friedel Rausch vom FC Luzern gratulieren. Als Cupsieger hielt er sich jedoch schadlos, und schon 1990 bescherte er dem Rekordmeister das achte und bis heute letzte Double der Klubgeschichte. Bevor er Zürich in Richtung Dortmund verliess, doppelte Hitzfeld 1991 mit einem weiteren Meistertitel nach.
In der sehr spannend verlaufenen Finalrunde im Frühling 1990 konnte Hitzfeld auf ein starkes Kader zurückgreifen. Vor Goalie Martin Brunner agierten nebst Mats Gren Schweizer Trümpfe wie Andy Egli, Charly In-Albon, Martin Andermatt, Alain Sutter und Thomas Bickel, während die Spitze vor allem dank Ausländern gut bestückt war: Mark Strudal, Adrian De Vicente, Harald Kohr.
Bonuspunkte statt Tordifferenz
Mit diesen Spielern Meister zu werden sei nicht schwer, könnte einer einwenden. Der sei aber daran erinnert, dass die Hoppers mit dem nominell stärksten Kader der Liga – auch Johann Vogel, Ciriaco Sforza, Murat Yakin, Peter Közle und Giovane Elber gehörten jetzt dazu – in die Meisterschaft 1992/93 stiegen. Unter dem renommierten Trainer Leo Beenhakker stürzten sie zur allgemeinen Schadenfreude in die Auf-/Abstiegsrunde.
Die Meisterschaft 1990 wurde in der letzten Runde in einem Fernduell zwischen den punktgleichen GC und dem ebenfalls starken Lausanne (Hottiger, Herr, Ohrel, Chapuisat, Bregy, Verlaat und andere) entschieden. Die Tordifferenz war irrelevant. Die Zürcher hatten mehr Bonuspunkte in die Finalrunde mitgenommen, weshalb sie bei Punktgleichheit die Nase vorn haben würden. In der letzten Runde fertigte Lausanne daheim Meister Luzern mit 3:0 ab. Auch GC spielte daheim, hatte jedoch gegen Lugano grösste Mühe. Nach über einer Stunde stand es 0:0, und Lausanne, bereits 3:0 führend, war virtueller Meister. In der Pause hatte Hitzfeld mit dem goldenen Händchen Kohr für Strudal eingewechselt. Kohr traf nach 65 Minuten zum 1:0. De Vicente und nochmals Kohr stellten den Sieg und den Titel mit weiteren Toren zum 3:0 in den letzten fünf Minuten sicher.
Mats Gren war in jener Epoche der vielleicht konstanteste und ganz sicher treuste Hopper. Der stille Schwede hatte im Spätherbst 1985 in Zürich angefangen. Beim Debüt erzielte er vier Tore zum 5:2-Sieg im Cup gegen YB. Den Meisterjubel nach dem 3:0 gegen Lugano konnte er nicht geniessen, obwohl er weder krank noch verletzt noch gesperrt war. Er musste jetzt Blaugelb statt Blauweiss tragen, denn Schwedens Nationalcoach Olle Nordin hatte ihn für die Vorbereitung der WM in Italien aus Zürich abgezogen. Den Meisterjubel holte er mit den Titeln 1991, 1995, 1996 und 1998 in reichem Mass nach. Gren spielte 15 Saisons in Zürich, ehe er die Karriere 2000 mit 37 Jahren beendete.
Slettvoll – Gilligan 1:2
Das Grande Lugano hätte ab 1986 vielleicht sechsmal am Stück die Schweizer Eishockeymeisterschaft gewonnen. Aber der SC Bern, dessen neuer Präsident Fred Bommes 1987 vollmundig die rasche Wiederauferstehung des SCB vorausgesagt hatte und dafür kritisiert und belächelt worden war, machte Lugano etwas weniger gross. Ab 1989 gewannen die Berner gegen die Tessiner zwei von drei Playoff-Finalserien. Es waren auch die grossen Duelle der beiden Trainer, von denen jeder ein anderes Temperament besass, als es die Nationalitäten hätten vermuten lassen. Nicht der Schwede John Slettvoll war der Kühle, sondern der Amerikaner Bill Gilligan. Slettvoll konnte explodieren, Gilligan nicht. Gilligan gewann gegen Slettvoll die Finalserien 1989 und 1991, aber 1990 behielt Slettvoll mit 3:1 Siegen die Oberhand.
Das vierte Spiel gewannen die Tessiner in Bern 4:2. In den Teams tummelten sich Schweizer Internationale erster Güte: Sandro Bertaggia, Bruno Rogger, Claude Domeniconi, Patrice Brasey, Andy Ton und Jörg Eberle bei Lugano, Renato Tosio, Sven Leuenberger, Martin Rauch, Andreas Beutler, André Künzi, Gil Montandon, Patrick Howald und Pietro Cunti bei Bern. In den Finalserien von 1989 bis 1991 stellte der Sieger den Titel in Auswärtsspielen sicher, ebenso in den weiteren Finalduellen 2004 und 2016.
Importiertes russisches Spektakel
Das Jahr 1990 brachte Eishockey-Spektakel in die Schweiz. An der WM in Bern und Freiburg bestaunten die Fans die kanadischen Stars Steve Yzerman und Paul Coffey, die tschechischen Teenager Robert Reichel, Jaromir Jagr und Robert Holik und ebenso die sowjetischen «Zwillinge» Andrej Chomutow und Wjatscheslaw «Slawa» Bykow. Die Sowjets wurden überlegen Weltmeister. Bykow/Chomutow packten die Koffer quasi nicht mehr. Sie blieben in Freiburg hängen und bereicherten das Schweizer Eishockey acht Saisons lang. Ein Titel blieb ihnen missgönnt, aber sie machten Gottéron immerhin zur bis heute wohl besten Mannschaft ohne Meistertitel.