Analyse Kritik nach dem Sieg ist nicht angebracht: Was hat man denn eigentlich erwartet?

Von Patrick Lämmle und Marko Vucur

26.3.2021

Wow! Die Schweiz legt in der WM-Qualifikation los wie die Feuerwehr und markiert in der zwölften Minute bereits das 3:0. Dass am Ende «nur» ein 3:1-Sieg resultiert, sorgt dennoch für Kritik. Zu Recht? Die Analyse von «blue Sport».

Von Patrick Lämmle und Marko Vucur

26.3.2021

2020 hat die Schweiz keines ihrer sieben Länderspiele gewinnen können. In den Testspielen gegen Kroatien und Belgien setzte es 1:2-Niederlagen ab, ebenso beim Auftaktspiel der Nations League auswärts in der Ukraine und auch in Spanien (0:1) gabs keine Punkte. Daneben stehen zwei Remis gegen Deutschland (1:1 und 3:3), sowie im Rückspiel gegen Spanien (1:1). Letzteres war ein Spiel, das die Schweiz nicht verlieren durfte, ansonsten wäre der Abstieg aus der Gruppe A der Nations League besiegelt gewesen.

Zwar blieb die Auswahl von Vladimir Petkovic 2020 den Beweis schuldig, dass sie auch Schwergewichte schlagen kann, nicht aber, dass sie mit Druck umzugehen weiss. Das abschliessende Spiel gegen die Ukraine fiel dann dem Coronavirus zum Opfer und wurde als 3:0-Forfaitsieg für die Schweiz gewertet. Damit bleibt die Nati erstklassig und wird auch bei der nächsten Ausgabe der Nations League auf Hochkaräter treffen.

Einfach mal die Kirche im Dorf lassen …

Und doch fragten sich viele: Wie wird der Schweizer Nati, die scheinbar das Gewinnen verlernt hat, der Start in die WM-Qualifikation glücken? Nach wenigen Minuten wären die schärfsten Kritiker dann wohl am liebsten im Erdboden versunken. Bereits in der zwölften Minute schraubt Steven Zuber das Skore auf 3:0. Seit der Gründung des SFV im Jahr 1895 im Bahnhofbuffet Olten hat die Nati in einem Pflichtspiel noch nie schneller drei Tore erzielt. Dabei werden Spiele gegen Gegner vom Format Bulgarien oftmals zur Geduldsprobe. Im Vorfeld ist immer die Rede davon, wie wichtig ein schnelles Tor ist. Nun waren es drei schnelle Tore, besser geht nicht.

Und doch herrscht nach dem Spiel nicht eitel Sonnenschein. Denn in der zweiten Halbzeit zeigt die Schweiz ein ganz anderes Gesicht. Mit einem fahrigen Fehlpass serviert Remo Freuler den Bulgaren unmittelbar nach dem Pausentee, sinnbildlich gesprochen, auch noch ein Stück Kuchen. Despodov nimmt das «Geschenk» dankend an und markiert das 1:3.

In der Folge kommen die Gastgeber zu weiteren Torchancen, die Schweiz gibt die Kontrolle über das Spiel ab, kassiert aber keinen weiteren Gegentreffer und gerät so nie ins Zittern. Fakt ist auch: Die Schweiz holt in Bulgarien die budgetierten drei Punkte und hat somit die Pflicht erfüllt. Deshalb sollte man als Kritiker auch einfach mal die Kirche im Dorf lassen.

Oder wie es «blue Sport»-Moderator Marko Vucur in seiner Analyse sagt: «Kritik ist okay. Aber jeder, der mal Fussball gespielt hat, weiss, dass das was gestern 'passiert' ist, ziemlich normal ist. Was hat man denn eigentlich erwartet? Dass es in diesem Drei-Tore-Rhythmus weiter geht? […] Dass die Bulgaren im eigenen Stadion zur einen oder anderen Chance kommen, ist normal.»

Einige Favoriten sind gestrauchelt

Dass der Schweizer Auftaktsieg keine Selbstverständlichkeit ist, zeigt auch ein kleiner Rundblick. Viele grosse Teams tun sich beim Auftakt in die WM-Quali schwer. Holland geht in der Türkei (Gegner der Schweiz an der EM im Sommer) mit 2:4 unter, Weltmeister Frankreich kommt gegen die Ukraine zu Hause nicht über ein 1:1 hinaus, Kroatien verliert in Slowenien, Griechenland punktet in Spanien und das in Bestbesetzung angetretene Starensemble von Portugal zittert sich im Heimspiel gegen Aserbaidschan gerade noch zu einem 1:0-Sieg. Der einzige Treffer der Partie: Ein äusserst unglückliches Slapstick-Eigentor.

So gesehen tut man gut daran, mit der Schweizer Nati nach dem sehr wohl geglückten Start in die WM-Quali nicht allzu hart ins Gericht zu gehen. Auch dann nicht, wenn selbst die Direktbetroffenen mit der zweiten Halbzeit alles andere als zufrieden sind. Sie werden die richtigen Schlüsse daraus ziehen und haben bereits am Sonntag im Heimspiel gegen Litauen (20:45 Uhr im Ticker) die Chance, es noch besser zu machen.

Dass es bereits am Sonntag wieder ernst gilt, ist vielleicht mit ein Grund, dass die Nati-Kicker – ob bewusst oder unbewusst – im zweiten Umgang den Fuss vom Gaspedal genommen haben. Ganz nach dem Motto: Bloss nicht unnötig Kräfte verschwenden. Und dann steht am kommenden Mittwoch ja auch noch das Testspiel gegen Finnland auf dem Programm. Dort dürfte dann allerdings die zweite Garde zum Zug kommen.

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