Marcelo Marcelo: «Es wird mit jedem Jahr schwieriger, die Champions League zu gewinnen»

SB10

15.8.2019

Wehe dem, welcher im Hause Marcelo den Abfluss reinigen muss.
Wehe dem, welcher im Hause Marcelo den Abfluss reinigen muss.
Bild: Keystone

Marcelo will nach einer schwierigen Saison wieder zurück zu seiner alten Formstärke finden. Dabei kann der Brasilianer auf die Unterstützung seines Trainers Zinédine Zidane zählen, der ihm den Rücken stärkt.

Marcelo spielte letzte Saison unter Trainer Julen Lopetegui die ersten vier Spiele durch. Vier Spiele am Stück machte der 31-Jährige danach aber erst wieder in den letzten vier Saisonspielen, als wieder Zinédine Zidane am Ruder war. Verletzungen und eine allgemein schlechte Form liessen ihn in der teaminternen Hackordnung hinunterrutschen – der auf Lopetegui folgende Coach Santiago Solari liess auf der linken Abwehrseite lieber Sergio Reguilon ran. Gerüchte um einen Abgang zu Juventus machten immer wieder die Runde. Die Kritiker behaupteten, Marcelo sei übergewichtig und hätte seinen Zenit überschritten. 

Marcelo wehrt sich im Interview mit «Sport Bild» gegen die Vorwürfe: «Die der letzten Saison waren nur ein Bruchteil aller Kritiken, die ich seit meinem ersten Tag bei Real abbekommen habe. Ich habe gelernt, damit zu leben und ich versuche, eine Linie beizubehalten: Ich weiss schliesslich besser als jeder andere, wann ich gut und wann ich schlecht in Form bin. Die Kritiken machen mir gar nichts aus. Wennn ich gut drauf bin, lasse ich mir das nicht zu Kopf steigen. Wenn es bei mir nicht so läuft, muss ich an mir arbeiten und mich verbessern. So wird das bis zum Ende sein.»  

Nachdem Zidane wieder sein Chef wurde, hatte der Brasilianer wieder einen prominenten Fürsprecher: «Er hat in letzter Zeit sehr wenig gespielt, aber er hat phänomenale Dinge für diesen Verein geleistet», erläuterte der Franzose. «Ich liebe ihn als Spieler.»

Zidane nimmt in Kauf, dass sein Schützling in seinem Offensivdrang manchmal seine Kernaufgabe – das Verhindern von Toren – etwas vernachlässigt. «Marcelo ist Marcelo» und ergänzt, «ich mag seine Spielweise.»

Auch Marcelo ist natürlich froh für die Unterstützung: «Ich war sehr zufrieden mit seiner Rückkehr», gab er zu.«Ich habe bereits eine Million Mal gesagt, dass ich alles für ihn tun würde. Er weiss, was im Kopf eines jeden passiert: Wenn ein Spieler sich irrt, weiss er, wie man mit ihm redet, und das macht es für alle einfacher.»

Wieder ein fixer Bestandteil bei den Königlichen

So hat er in der Mannschaft wieder sein altes Standing, Reguilon lieh man nach Sevilla aus. Und mit Neuzugang Ferland Mendy ist zwar ein direkter Konkurrent geholt worden, der 24-jährige Franzose fiel jedoch in der Vorbereitung mit einer Oberschenkelverletzung aus und verpasst höchstwahrscheinlich den Saisonauftakt.

So war es der Routinier – nach Sergio Ramos ist er am zweitlängsten im Kader – welcher von allen Spielern die meiste Einsatzzeit in der Vorbereitung erhielt. Auch wenn die Vorsaison bei den Königlichen  katastrophal ausfiel – aus sieben Partien resultierten nur zwei Siege – war Marcelo einer der wenigen, welcher seine Klasse auf den Platz bringen konnte. Apropos Klasse: Sein wilder Wuschelkopf ist bei den Real-Fans längst Kult: «Ich habe meine Haare lange nicht mehr geschnitten, aber wenn, dann mache ich das selbst. Ich schneide mir immer nur die Spitzen, damit sie gleichmässig lang bleiben», gesteht er.

In der Vorbereitung führte Marcelo Real als Captain aufs Feld.
In der Vorbereitung führte Marcelo Real als Captain aufs Feld.
Bild: Getty

Bald dürfte er Landsmann und «Positions-Vorgänger» Roberto Carlos übertrumpfen  – mit 486 Spielen fehlen ihm nur noch 41 Spiele, bis er die Marke der Vereinslegende knackt.

Das Geheimnis hinter dem speziellen Tattoo

Die Ziele steckt er sich trotz der enttäuschenden letzten Spielzeit und der verpatzten Vorbereitung hoch: «Seitdem ich in Madrid bin, hat mich der Klub gelehrt, um alle Titel zu kämpfen. Das wird auch dieses Jahr nicht anders sein. Wir werden um alles, die Liga, die Champions League und den Pokal kämpfen», meint er selbstbewusst. «Unser Kader ist gut. Es ist schwer, aber wenn wir uns auf unsere Aufgaben fokussieren, können wir alles gewinnen.»

Doch Marcelo ist sich bewusst: «Es wird mit jedem Jahr schwieriger, die Champions League zu gewinnen. Das gilt auch für die Liga und den Pokal. Alle Ländern arbeiten daran, dass ihre Vereine zu den Topklubs aufschliessen. Das macht es jedes Jahr schwerer.»

Nicht einfach war auch seine Kindheit in Rio de Janeiro. Aus bescheidenen Verhältnissen stammend – seine Familie konnte sich die Kosten für den Bustransport zum Training nicht leisten – überlegte er sich sogar aufzuhören. Mit Unterstützung seines Grossvaters Pedro setzte er seine Laufbahn fort, weshalb Marcelo sich ein Tattoo mit einem VW Käfer stechen liess: «Mein Opa war derjenige, der immer an mich geglaubt hat und mich überall hingefahren hat. Er hat das Mögliche und das Unmögliche gemacht, um mich professionell Fussball spielen zu sehen. Und mein Tattoo zeigt sein Auto, in dem er mich immer zum Training gebracht hat.»

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