Die Gladbach-Fans träumen vom sechsten Meistertitel. Dass die Borussia auch nach dem zwölften Spieltag Spitzenreiter ist, hat vor allem mit ihrem Torhüter zu tun.
Das Selbstbewusstsein ist bei Yann Sommer in der Länderspielpause noch grösser geworden. Mit der Schweiz qualifizierte sich der von vielen Experten als derzeit bester Bundesliga-Keeper wahrgenommene Spieler von Spitzenreiter Borussia Mönchengladbach zum vierten Mal in Serie für eine EM-Endrunde. «Es ist wunderschön, wir freuen uns riesig», sagte der 30-Jährige vor seiner Rückkehr an den Niederrhein.
Mit Mönchengladbach spielt Sommer am Samstag (ab 15.30 Uhr im Liveticker) beim Aufsteiger Union Berlin. Der fünfmalige deutsche Meister wird auch nach diesem zwölften Spieltag noch Spitzenreiter sein. Auch wenn Borussias wuchtiger Sturm um Marcus Thuram in aller Munde ist: Dass die Fans schon zaghaft vom ersten Titel seit 43 Jahren träumen, hat viel mit Sommer zu tun, der in der Form seines Lebens zu sein scheint.
«Es ist inzwischen bekannt, dass wir einen herausragenden Torhüter haben», sagte Sportchef Max Eberl. Sommers Einfluss auf den Höhenflug des Teams von Trainer Marco Rose ist statistisch belegbar: Mit 79,2 Prozent gehaltenen Schüssen ist Sommer Liga-Spitze. Von den Bundesliga-Stammkeepern führt der Schweizer hier vor Leipzigs Peter Gulacsi (75 Prozent) und Union Berlins Rafael Gikiewicz (72). Zum Vergleich: Manuel Neuer kommt auf 66 Prozent.
«Sommer ist einer der meist unterschätzten Torhüter Europas. Nicht der grösste – aber wie der Fussball spielen kann! Nicht viele Torhüter können das», sagte der frühere dänische Weltklasse-Keeper Peter Schmeichel angesichts der bisherigen Saisonleistung über Sommer.
Sommer als Vorbild
«Yann ist in den letzten zweieinhalb Jahren bei uns im Nationalteam extrem stabil gewesen. Darum ist so eine Aussage absolut gerechtfertigt», befand Borussias früherer Torhüter und heutige Leiter der Gladbacher Keeper-Ausbildung, Uwe Kamps, in einem Interview der «Rheinischen Post». Und Torwarttrainer Steffen Krebs berichtet von Trainer-Lehrgängen, in denen Sommer «als Demo-Beispiel für den spielerisch starken Torwart gezeigt» werde.
In elf Bundesliga-Begegnungen spielte Sommer bisher dreimal zu null, nur Leverkusens Lukas Hradecky (4) ist hier besser. Die Anzahl der Paraden Sommers und der Gegentore sind durchaus bemerkenswert. Immerhin gab es im Sommer mit dem Trainerwechsel von Dieter Hecking zu Rose auch einen Stilwechsel im Spiel des Teams. Ballbesitz ist nun out, aggressives Pressing in. Das führt im Zweifel eigentlich zu mehr Gegentoren. Nicht aber bei der Borussia, die mit elf Gegentoren hinter dem VfL Wolfsburg (10) die zweitbeste Abwehr stellt.
Neuerdings auch ein Penalty-Killer
Inzwischen hält Sommer gar Elfmeter, wie beim 3:1 im bislang letzten Spiel gegen Werder Bremen vor zehn Tagen gegen Davy Klaassen. Fünf Jahre ist Sommer nun im Club, Elfmeter gehörten zunächst nicht gerade zu seiner Parade-Disziplin. Doch Sommer entwickelte sich stets weiter, veränderte sein Training und scheint aktuell so gut wie nie zuvor zu sein.
Nicht wenige hatten Zweifel an dem Schweizer, als Klub-Idol Marc-André ter Stegen 2015 zum FC Barcelona wechselte. Inzwischen steht Sommer seinem Vorgänger in nichts nach: Sommer hält stark, ist einer der besten Keeper der Liga und eine Führungspersönlichkeit im Team. Das weckt Begehrlichkeiten.
Im Sommer 2021 läuft Sommers Vertrag in Gladbach aus, er scheint reif für einen Schritt zu einem europäischen Topclub. Sollte er diesen anstreben, würde Borussia nur noch im kommenden Sommer eine Ablöse bekommen. «Aber wir entwickeln uns als Club und Mannschaft, das sind auch für Yann spannende Dinge, so dass wir eine interessante Adresse sind», argumentierte Kamps.
Auch Sommer erkennt das. «Wenn du vier Mal in Folge Tabellenführer bist, ist das kein Zufall. Wir haben eine gute Balance – im Moment passt es.» Die Chancen stehen gut, sich mit Borussia in der kommenden Saison wieder in der Champions League präsentieren zu können.