EM-Qualifikation Türkei empört über Behandlung in Island – Erdogan schaltet sich ein

lbe / DPA

11.6.2019

Sogar Präsident Erdogan reagiert auf die lange Passkontrolle der türkischen Mannschaft in Island.
Sogar Präsident Erdogan reagiert auf die lange Passkontrolle der türkischen Mannschaft in Island.
Bild: Getty

Am Dienstagabend empfängt Island im Zuge der EM-Qualifikation die ungeschlagene Türkei zum Spitzenspiel der Gruppe H. Das Duell sorgt bereits vor Anpfiff für rote Köpfe.

Drei Spiele, drei Siege und kein Gegentor: Der Start in die EM-Qualifikation ist der türkischen Nationalmannschaft optimal gelungen. Am vergangenen Samstag schickt man auch den Weltmeister aus Frankreich ohne Punkte wieder nach Hause und scheint gewappnet für die Reise nach Island. Oder doch nicht?

Bereits die Einreise am Flughafen von Keflavik wird zur Geduldsprobe. Das Team habe etwa zwei Stunden an der Passkontrolle warten müssen und sei strengen Sicherheitskontrollen unterzogen worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Montag. Insgesamt habe die gesamte Prozedur drei Stunden gedauert. Trainer Senil Günes beklagt sich: «Sie haben alle meine Sachen durchsucht. Ich bin seit 53 Jahren im Fussball und wurde noch nie zuvor so behandelt. Warum schütteln die Flughafen-Mitarbeiter meinen Pass?»



Zudem habe ein Unbekannter dem Kapitän Emre Belözoglu statt einem Mikrofon eine Reinigungsbürste vor die Nase gehalten. Der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu nannte die Behandlung auf Twitter «inakzeptabel».

«Bürsten-Interview» war nur ein Scherz

Die Reinigungsbürste im Gesicht von Emre war nur ein Scherz eines belgischen Touristen, wie es sich nun heruasstellt. Corentin Siamang langweilte sich offenbar vor seinem Rückflug in die Heimat und nahm kurzerhand an den Interviews der türkischen Spieler teil. Dies verriet der 26-Jährige auf seinem Facebook-Account, welcher inzwischen gehackt und mit Pro-Türkei-Posts geflutet worden ist.

Vor dem Bekenntnis Siamangs wurden viele isländische Sportjournalisten in den sozialen Medien beschimpft und bedroht.

Flughafen weist Vorwürfe zurück

Die Flughafen-Betreiberfirma Isavia wies die Vorwürfe zurück und erklärte, dass ihre Mitarbeiter aufgrund internationaler Regeln dazu verpflichtet gewesen seien, alle Passagieren einer Sicherheitsprüfung zu unterziehen. Der Vorgang hätte 80 Minuten gedauert.

Fahrettin Altun, Kommunikationsdirektor des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, protestierte und schrieb auf Twitter, die Behandlung sei nicht vereinbar mit diplomatischer Höflichkeit oder sportlichem Verhalten. «Ich verurteile die Behörden und Beamten, die für das, was passiert ist, verantwortlich waren.» Präsident Recep Tayyip Erdogan rief den Präsidenten der türkischen Fussball-Föderation (TFF), Nihat Özdemir, an und liess nach TFF-Angaben der Mannschaft ausrichten, dass das türkische Volk an ihrer Seite stehe.

Heftige Reaktionen

Nach Angaben von Anadolu machte sich auch der türkische Botschafter in Norwegen, Fazli Corman, wegen des Vorfalls auf den Weg nach Island. Die türkische Nationalmannschaft war am späten Sonntagabend mit einem Privatflugzeug angekommen.

Damit aber nicht genug: Nur Stunden nach dem Vorfall an der Passkontrolle rächt sich eine türkische Hackergruppe für ihre Auswahl und legt die Webseite des Flughafens für mehrerer Stunden lahm. «Wir schauen nicht untätig zu, während unsere Mannschaft respektlos behandelt wird», begründen sie auf Twitter und drohen: «Bei weiteren Zwischenfällen legen wir das ganze Internet in Island lahm.» Prompt folgt am Dienstagmittag die nächste Attacke der Gruppe. Diesmal ist die Webseite des isländischen Fussballverbandes betroffen.

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