Der Kampf um Titel Nummer sechs beginnt für die Bayern mit Ärger. Die wütenden Bosse attackieren nach einer Nacht am Flughafen wortgewaltig die Behörden. Die verweisen auf strikte Regeln. Trainer und Spieler haken die Turbulenzen ab. Sie wollen wie Messi und Guardiola feiern.
Nach den Wutreden von Uli Hoeness und Karl-Heinz Rummenigge sendeten die Bayern nach ihrer Chaos-Anreise zur Club-WM schon wieder Bilder ihrer entspannten Stars im sonnigen Katar. In kurzen Hosen trabten die Münchner Titelsammler um Weltfussballer Robert Lewandowski am Sonntag in der Vorbereitung auf das Halbfinale gegen Ägyptens Rekordmeister Al Ahly über den Rasen im Garten ihres Luxushotels. Für Trainer Hansi Flick und seine Mannschaft war am Sonntag abgehakt, was die Bosse das ganze Wochenende über empörte. Ehrenpräsident Hoeness schimpfte über einen «Skandal ohne Ende», Rummenigge fühlte sich nach dem Reise-Ärger «verarscht».
Die Triplesieger liessen die Berliner Turbulenzen bei der Ankunft im Wüstenstaat, als die Champions-League-Sieger von einigen corona-konform bekleideten Fans mit «Super-Bayern»- und «Mia-san-Mia»-Rufen empfangen wurden, gleich hinter sich. «Wir können Geschichte schreiben, das wollen wir auch», sagte Nationalspieler Joshua Kimmich vor dem ersten Spiel am Montag (19.00 Uhr). Zwar sei ihnen «gefühlt ein Tag geklaut» worden, aber man werde gegen den Afrika-Champion «frisch» sein, versicherte Kimmich.
«Es ist ein grosses Ziel für uns, eine herausragende Saison mit dem sechsten Titel abzuschliessen», sagte Hansi Flick am Sonntag. «Wir müssen das, was mit der Anreise war, ad acta legen.» Das glückte seinen wütenden und pikierten Bossen nach der nervigen Warte-Nacht im Flieger am Hauptstadt-Flughafen nach dem 1:0 bei Hertha BSC nicht auf die Schnelle. Wegen einer verweigerten Starterlaubnis aufgrund von Nachtflugbeschränkungen ging es mehr als sieben Stunden später los.
Hamann: «Es gibt im Moment andere Schicksale»
Dass der Abflug «wegen ein paar Minuten» verweigert worden sei, sei eine «Unverschämtheit der Verantwortlichen» und «unverständlich», wetterte Ehrenpräsident Hoeness im Bayerischen Rundfunk. Rummenigge unterstellte bei «Bild» sogar bösen Willen. «Man hatte immer den Eindruck, in Brandenburg ist einer, der den FC Bayern nicht mag», sagte der Vorstandschef. Eine Replik des Ministeriums blieb aus.
Laut des Flughafens BER war die Maschine in der Nacht zum Samstag um 23.59 Uhr abflugbereit. Nach Angaben des Brandenburger Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung erfolgte die Bitte um Startfreigabe für den Flug um 0.03 Uhr. Das wäre zu spät, denn ab Mitternacht herrscht auf dem Flughafen ein fünfstündiges Flugverbot. «Ein Skandal ist es meiner Meinung nach nicht», ordnete es der frühere Bayern-Profi und Sky-Experte Dietmar Hamann am Sonntag mit Verweis auf ganz andere Probleme in der aktuellen Corona-Phase ein. «Es gibt im Moment andere Schicksale, als ob die Bayern um Zwölf oder in der früh um Sechs nach Katar fliegen», kommentierte Hamann.
Die Münchner hoben dagegen hervor, dass der Trip ins WM-Ausrichterland für 2022 auch für die Liga wichtig sei. «Man hätte vielleicht schon berücksichtigen können, dass Bayern München als deutscher Verein für unser Land bei diesem Turnier antritt», sagte Rummenigge. Die Behörde konnte das in der Nacht zum Samstag nicht erweichen. Die Münchner Allesgewinner mussten da am Boden bleiben.
Hoeness wies – angesprochen auf die Vorbildrolle des Fussballs in herausfordernden gesellschaftlichen Tagen – auf ein neben der Berufsausübung wiederholt angebrachtes Argument der privilegierten Profi-Branche hin. «In dieser schwierigen Zeit» seien Sportarten wie Fussball, Basketball, Handball oder Eishockey eine «grosse Abwechslung für die Bürger», meinte Hoeness. «Das lenkt doch ab und hilft uns allen, doch diese schwere Zeit etwas zu überstehen», sagte der 69-Jährige. Und die Termine könne man sich dabei nicht aussuchen, sagte Hoeness über die Fernreise während des Corona-Lockdowns.
Der sechste Titel als grosses Ziel
Stars und Trainer reagierten gemässigter. Sie sind in erster Linie froh und dankbar, dass die Corona-Pandemie sie nicht um eine fussballhistorische Chance gebracht hat. «Wir sind sehr glücklich, dass wir die Möglichkeit haben, an dem Turnier teilzunehmen. Es stand ja lange auf der Kippe», erinnerte Kimmich vor dem Duell mit «dem Bayern München Ägyptens». Al Ahly ist mit 42 Titeln Rekordmeister, zuletzt gelangen fünf Titel in Serie. Hinzu kommen 37 nationale Pokalsiege – solche Zahlen weisen nicht mal die Bayern auf.
Nach Meisterschaft, Pokalsieg, Champions-League-Triumph sowie den Supercup-Erfolgen in Deutschland und Europa wollen Weltfussballer Lewandowski und Co. nun das schaffen, was nur dem FC Barcelona mit Lionel Messi und Pep Guardiola im Jahr 2009 glückte: Sechs Titel in einer Saison. «Es ist ein grosses Ziel für uns, eine herausragende Saison mit dem sechsten Titel abzuschliessen», sagte Flick. Bei der Einstimmung konnte er sich am Freitagabend dank Torschütze Kingsley Coman über den knappen Sieg im Berliner Schneetreiben freuen.
Im sommerlich warmen Doha wollen die Bayern wie im Jahr 2013 in Marokko zum zweiten Mal die Club-WM gewinnen. Das Endspiel findet am Donnerstag statt. Ob man die beste Mannschaft der Welt sei, werde das Turnier zeigen, sagte Flick. Manuel Neuer, Jérôme Boateng, David Alaba, Thomas Müller und Javi Martínez wollen ihren Erfolg von 2013 wiederholen. Und für den Club geht es auch um eine Menge Geld: Der Sieger bekommt fünf Millionen US-Dollar (rund 4,15 Millionen Euro).
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