Serie A Absurd: Bonucci gibt Moise Kean Teilschuld an Rassismusvorfall

Tobias Benz

3.4.2019

Italiens Fussball hat ein Rassismus-Problem. Dass Nationalspieler Leonardo Bonucci die Täter verteidigt und seinem Teamkollegen die Schuld in die Schuhe schiebt, macht alles noch viel schlimmer. 

Die Aktion ist nicht besonders clever: Moise Kean trifft in der 85. Minute zum 2:0 für Juventus und stellt sich umgehend mit ausgestreckten Armen vor die Fantribüne des Heimteams. Dass der junge Stürmer dafür mit Bierbechern und Buhrufen eingedeckt wird, ist verständlich. Allerdings werden aus den Buhrufen schon bald rassistische Affengeräusche und das ist überhaupt nicht in Ordnung. Rassismus darf nie gerechtfertigt werden, auch nicht durch Provokation.

Leonardo Bonucci, 87-facher italienischer Nationalspieler und Vorbild einer ganzen Generation, ist leider nicht dieser Meinung. Nach dem Spiel lässt er sich gegenüber «Sky Italia» zu einer wirklich dummen Aussage hinreissen. Der 31-jährige Verteidiger glaubt nämlich, dass Kean selbst schuld ist an den rassistischen Beleidigungen. «Ich glaube die Schuld liegt zu 50 Prozent bei Moise (Kean, d.R.) und zu 50 Prozent bei den Fans», sagt Bonucci und erklärt, weshalb er so denkt: «Kean weiss, dass ein Spieler mit seiner Mannschaft feiern sollte, wenn er ein Tor macht. Er weiss selber, dass er das nicht hätte machen sollen.»

Im Grundsatz hat Bonucci recht, ein Spieler sollte die Fans nach einem Tor nicht provozieren. Das ist dumm und führt zu unnötigen Reaktionen aus dem Publikum. Aber es ist kein Freipass für Rassismus. Die Schuld dafür liegt ganz klar bei den «Idioten» auf den Rängen – zu 100 Prozent.

Gulini: «Das ist kein Rassimus»

Stichwort Idiot – nach der Partie äusserte sich auch Cagliari-Präsident Tommaso Giulini zu den Vorfällen. Er sieht die Sache ähnlich wie Bonucci: «Kean hat einen Fehler gemacht. Wenn Bernardesci das Tor erzielt und so gejubelt hätte, dann wäre die Reaktion der Fans genau gleich ausgefallen.»

Im Bezug auf die fliegenden Bierbecher wohl die richtige Vermutung, rassistische Beleidigungen hätte sich der weisse Bernardesci aber bestimmt nicht anhören müssen.

Dass Giulini fast schon stolz betont, es habe bis zum Tor gar keine rassistischen Zwischenfälle gegeben, ist bedauernswert. Und dass er den über Rassismus klagenden Spieler und Journalisten zu viel Moralismus vorwirft, ist äusserst bedenklich. «Bis zum Tor ist überhaupt nichts passiert. Das ist kein Rassismus, das ist zu viel Moralismus. Man sollte die Geschehnisse nicht grösser machen, als sie sind.»

Bonucci und Gulini unterstreichen mit ihren Aussagen, dass Italiens Fussball noch einen langen Weg vor sich hat, bis er im 21. Jahrhundert angekommen ist. Immerhin ist Moise Kean ein gebürtiger Italiener – es besteht also die Möglichkeit, dass er seinen Landsmännern mit ein paar Toren für die Nationalmannschaft etwas mehr Verstand in die Köpfe prügelt.

Raheem Sterling und Leonardo Bonucci werden wohl keine Freunde mehr.
Raheem Sterling und Leonardo Bonucci werden wohl keine Freunde mehr.
Bild: Instagram

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