Watzke schlägt Alarm Watzke schlägt Alarm: «Wenn wir nicht weiterspielen, säuft die ganze Bundesliga ab»

sda/tbz

26.4.2020 - 14:46

Borussia Dortmunds CEO Hans-Joachim Watzke versprüht derzeit keinen Optimismus
Borussia Dortmunds CEO Hans-Joachim Watzke versprüht derzeit keinen Optimismus
Source: Keystone

Keine Sonderstellung, aber zügig zurück zum Spielbetrieb. Im Werben um eine baldige Rückkehr der deutschen Fussball-Bundesliga zeichnet Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke düstere Szenarien. Auch Uli Hoeness empfindet Geisterspiele als notwendig.

Watzke warnt vor einem Kollaps des ganzen Systems. «Wenn wir den Fussball nicht weiterspielen, dann säuft die ganze Bundesliga ab», sagte er in der Sendung «Wontorra – allein zu Hause» bei Sky am Sonntag. Sollte man gar über ein Jahr keinen Fussball spielen können, «dann gehen überall die Lichter aus – auch beim BVB.»

Das von der Deutschen Fussball Liga (DFL) erarbeitete Konzept hält Watzke für tadellos. «Wenn man unser Konzept jetzt ablehnt, wird sich auch in acht Wochen daran nichts ändern», rief Watzke den politischen Entscheidungsträgern zu, die nun die Erlaubnis für eine Wiederaufnahme der Bundesliga mit Geisterspielen geben müssen. Doch aus der Politik blieben an diesem Wochenende die Mutmacher für den erhofften Neustart an diesem Wochenende aus.



«Nicht allzu viel erwarten»

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der jüngst noch einen Start am 9. Mai in Aussicht gestellt hatte, sagte «Focus online» mit Blick auf die nächste Runde von Kanzlerin und Ministerpräsidenten am Donnerstag: «Aber ich würde diesmal nicht allzu viel erwarten. Es wäre sinnvoll, wenn wir nächsten Donnerstag ein Update machen, aber keine zusätzlichen überstürzten Aktionen einleiten.» Die Bundesliga müsse maximale Hygiene-Forderungen erfüllen und könne selbst dann nur «auf Bewährung starten», betonte Söder.

Mit seiner Konzept-Beurteilung «Mehr geht nicht» mag Watzke recht haben, doch auch dem 60-Jährigen müsste klar sein: Auch die Akzeptanz in der Bevölkerung und die Verhältnismässigkeit von Aufnahme des Profifussballs zu sonstigen Massnahmen dürften eine massgebliche Rolle spielen. Werden die Kontaktbeschränkungen am 30. April erneut verlängert, dürften DFL und Klubs das beste Konzept zunächst nichts helfen, da weiterhin nicht mal ein reguläres Training stattfinden könnte. Zwischen Sicherheitskonzept und versprochener Disziplin bei der Isolierung bleibt deshalb nur die Geduld.

Ein Zwang, der einige Vereine in existenzielle Nöte bringt, solange die TV-Gelder für die neun ausstehenden Spieltage nicht fest eingeplant werden können. Werder Bremen muss nach eigenen Angaben bereits Schulden aufnehmen und rechnet im schlechtesten Fall mit einem Verlust von 40 Millionen Euro. Diese Fälle sorgen auch Watzke: «Wir wissen, dass Solidarität gefragt ist. Aber wenn wir was verteilen wollen, müssen wir auch mal wieder was einnehmen.»



Gefahr möglicher Fan-Ansammlungen

Watzke fügte hinzu: «Jeder weiss, wenn es Insolvenzen gibt, kommen auch die sogenannten Weissen Ritter, die dann sagen, wir geben euch Geld, aber ihr müsst dafür sorgen, dass 50+1 fällt.» Mit der 50+1-Regel soll verhindert werden, dass Kapitalanleger die Stimmenmehrheit in Profiklubs übernehmen.

Kritik an der schnellen zuschauerlosen Bundesliga-Fortsetzung gibt es von vielen Seiten: von einzelnen Politikern, von Fan-Organisationen – und auch von der Gewerkschaft der Polizei (GdP), die vor möglichen Fan-Ansammlungen vor den Stadien warnt. «Geisterspiele sind eine Gefahr, auch wenn der Veranstalter im Stadion alles tut, damit Hygienevorschriften eingehalten werden, um das Infektionsrisiko so niedrig wie möglich zu halten», sagte GdP-Vizechef Jörg Radek in einem Interview der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung».

Wenn das Stadion zu einem potenziellen Ziel von Fans werde, sei dies «verheerend», fügte Radek an. «Es darf während dieser Pandemie nicht zu grossen Menschenansammlungen vor den Stadiontoren kommen. Das ist nicht nur verboten, es wäre unverantwortlich.» Beim bisher einzigen Geisterspiel zwischen Borussia Mönchengladbach und Köln war es zu einer Zusammenkunft vor dem Stadion gekommen – allerdings in einer Phase, in der drei Tage zuvor ein volles Stadion noch der Normalzustand war.

Watzke sagte, er kenne keine Gruppierung, die so etwas angekündigt habe. «Den Fussball unter Generalverdacht zu stellen ist auch nicht in Ordnung.»

Auch Hoeness hält Geisterspiele für notwendig

Uli Hoeness spricht sich gegenüber dem «Kicker» für Geisterspiele aus.
Uli Hoeness spricht sich gegenüber dem «Kicker» für Geisterspiele aus.
Bild: Keystone

Ex-Bayern-Präsident Uli Hoeness sieht die Situation ähnlich wie Watzke. Obwohl der 68-Jährige kein Fan von Geisterspielen ist, haltet er diese in der aktuellen Situation für notwendig.

«Grundsätzlich halte ich Geisterspiele für fragwürdig. Doch angesichts der wirtschaftlichen Lage einiger Vereine sind sie lebensnotwendig und bedingungslos», so Hoeness gegenüber dem «Kicker». «Bei der DFL wird in dieser Krisensituation sehr gut gearbeitet, wie gerade die Verhandlungen mit Sky zeigen: Damit wurde die notwendige Liquidität für einige Vereine geschaffen.»

Um zu verhindern, dass sich bei einer Fortsetzung der Bundesliga Menschenansammlungen in einzelnen Wohnungen bilden, könnte der deutsche Spitzenfussball im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ausgestrahlt werden. 



Forderung an ZDF und ARD

«Ich finde diese Idee von Willi Lemke sehr gut, weil damit die Versorgung noch flächendeckender erfolgen könnte – bei Sky ist eine unverschlüsselte Ausstrahlung allerdings auch möglich – und sich Fussballfans nicht in einem Wohnzimmer zusammenscharen müssten. Die Ansteckungsgefahr mit dem Virus würde damit gemindert», so Hoeness weiter.

Der ehemalige Bayern-Boss stellt allerdings die Frage in den Raum, wer schlussendlich für die Übertragungsrechte bezahlen wird. Auf die eine oder andere Art und Weise müssen Klubs und Spieler schliesslich entlöhnt werden.

«Die Öffentlich-Rechtlichen müssten dann dafür entsprechend bezahlen. Denn es kann nicht sein, dass «Sky» viel Geld für die Rechte ausgibt und ARD und ZDF zu Trittbrettfahrern werden. Wenn die Öffentlich-Rechtlichen ihrem Staatsauftrag gerecht werden und die Bürgerinnen und Bürger tatsächlich für ihre Gebühren entsprechend unterhalten wollen, müssen sie sich an einer breiteren Übertragung des Fussballs in dieser Ausnahmesituation beteiligen und Sky entsprechend entschädigen.»

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