Trotz seines erfolgreichen Premier-League-Einstands mit zwei Toren für Manchester City war Erling Haaland nach dem 2:0 bei West Ham United noch nicht ganz zufrieden.
«Es war gut, ein guter Start», sagte der Ex-Dortmunder dem Sender Sky Sports. Allerdings räumte Haaland ein, dass er sogar noch mehr Tore hätte erzielen können, etwa nach einem Querpass von Ilkay Gündogan. «Ja, ich hätte da sein müssen. Es geht ums Zusammenspiel, das wir jeden Tag im Training üben, um besser zu werden, und das wird kommen.»
Der Norweger äusserte sich erfreut, dass sein Vater Alf-Inge, der von 2000 bis 2003 für Man City gespielt hatte, im Stadion war. «Schön, dass er beide Tore sehen konnte, denn das war für mich als Debütant in diesem Wettbewerb ein grosser Moment», so der 22-Jährige.
Haaland hatte Manchester in der 36. (per Strafstoss) und in der 65. Minute praktisch allein zum Auswärtssieg geschossen – für den Stürmer absolut kein Grund sich auszuruhen. «Jetzt ist es schon wieder fast 30 Minuten her, seit ich das letzte Tor geschossen habe», scherzte er, «ich muss also weitermachen.»
Die richtige Antwort auf den Fehlschuss
Sein Doppelpack beweist, wie stark der Jung-Star mental ist. Letzte Woche kassierte er in den sozialen Medien viel Spott, als man im Final des FA Community Shield gegen Liverpool verlor – Haaland brachte dabei das Kunststück fertig, vor dem leeren Tor den Ball aus wenigen Metern über das Gehäuse zu schiessen. Auch sonst war es ein müssiger Tag gegen den grossen Rivalen. Die Reds-Fans schnitten danach die «Highlights» seines Auftritts zusammen.
In einem Interview mit Englands Stürmer-Legende Alan Shearer für das Online-Magazin «The Athletic» sprach Haaland danach, wie er mit solchen Ereignissen umgeht. Haaland macht sich selbst lustig über seinen Fehlschuss. Natürlich habe er sich selbst gefragt: «Wie kannst du den nicht machen?» Doch das sei nun mal Teil des Geschäfts. «Es ist Fussball – es wird wieder passieren.»
Auch sein Boss Pep Guardiola machte sich über die hämische Kritik an Haaland lustig: «Vor einer Woche konnte er sich noch nicht an die Premier League anpassen, jetzt ist er der Beste neben Henry, Shearer und Ronaldo.»
Freude am Spiel als Grundlage
Auch Wayne Rooney pflichtete dem Spanier bei und hielt schon vor dem Saisonstart fest: «Die Kritiker haben es genossen, dass Haaland im Community Shield kein Tor geschossen hat. Ich habe es anders gesehen. Ich habe gesehen, warum er in England viele Tore schiessen wird und den Unterschied im Titelrennen ausmachen wird. Ich glaube, dass er in der Lage ist, ein Tor pro Spiel zu schiessen und den Goldenen Schuh in dieser Saison zu gewinnen.»
Haaland selbst will sich nicht von der Erwartungshaltung erdrücken lassen: «Natürlich gibt es Druck – ich spiele für den englischen Meister – aber in meinem Kopf geht es darum, auf das Spielfeld zu gehen, so viel wie möglich zu lächeln und zu versuchen, das Spiel zu geniessen, denn das Leben geht schnell und plötzlich ist deine Karriere vorbei.» In der Tat weiss er aus persönlicher Erfahrung, wie unplanbar eine Karriere ist. Sein Vater musste aufgrund einer schweren Knieverletzung (nach einem rüden Foul von Roy Keane) im Alter von 29 Jahren seine Spielerkarriere beenden.
Haaland: «Kann alles verbessern»
Haaland will einfach weiter hart an sich arbeiten. «Ich glaube, ich kann alles verbessern», findet der Stürmer selbstkritisch. «Ich vergebe ständig Chancen mit meinem linken Fuss. Und wenn wir vom Abschluss reden: Verbessern muss ich meinen linken Fuss, meinen rechten Fuss, mein Kopfballspiel. Es gibt so viele Dinge.»
Bei den Citizens hofft die skandinavische Naturgewalt, den nächsten Schritt zu machen. «Ich bin noch jung. Ich werde mich entwickeln und ich muss mich auf die richtige Art und Weise entwickeln», betonte Haaland, für den rund 75 Millionen Euro bezahlt wurde. «Ich glaube, hier werde ich mich richtig gut entwickeln, deshalb bin ich hier.»
Dass seine Entwicklung in naher Zukunft ihren Zenit erlangt, erwartet Haaland nicht. «Man kann sich immer verbessern, egal wie alt man ist», sagte er. «Vielleicht erreiche ich erst in zehn Jahren mein volles Potenzial.»
Guardiola und de Bruyne loben Haaland
Guardiola lobt seinen Stürmer: «Ich weiss, wie Erling diese Woche mit viel Kritik umgegangen ist. Er war sehr ruhig, hat sehr gut trainiert. Wir werden sehen, wie er nun reagiert, wenn man ihm unglaubliche Komplimente macht.» Speziell freute den 51-Jährigen, dass Haaland sich gleich bei seinem Meisterschaftsdebüt wagte, einen Penalty verwerten zu wollen. «Er hat den Ball genommen, um den Elfmeter zu schiessen, und ich habe zu mir gesagt: ‹Das gefällt mir.› Er ist sehr direkt – ich glaube, wenn ihm jemand den Ball abnehmen wollte, würde er seinem Mitspieler eine reinhauen! Da bin ich mir ziemlich sicher, und das ist doch ein gutes Zeichen, oder? Man muss selbstbewusst und ehrgeizig sein und eine gute Mentalität haben. Das hat er mir gezeigt – das hat mir gefallen. Und natürlich hat er ein Tor geschossen.»
Auch Mitspieler Kevin De Bruyne zeigte sich nach dem Spiel gegenüber «Sky Sport» optimistisch für die Meisterschaft: «Ich mache mir keine Sorgen darüber, wer vorne spielt. Erling Haaland wird die Läufe machen und Tore schiessen. Er ist da, um Tore zu schiessen und der Mannschaft zu helfen. Ich setze ihn nicht zu sehr unter Druck, ich weiss, dass es einen grossen Hype um ihn gibt, und es ist gut für ihn, so zu beginnen.»