Vor seiner Rückkehr auf die Trainerbank erklärt Interimscoach Joël Magnin, wie er den Meister Young Boys vom Tabellenende wegbringen will. Ansetzen will er beim Selbstvertrauen und der Disziplin.
Nach nur einem Sieg aus neun Partien – und vier Roten Karten – belegt YB als schlechtester Meister Europas den letzten Platz. Das kostete Patrick Rahmen den Trainerjob. Mit Joël Magnin kehrt der Mann zurück, der das Team im letzten Frühjahr ebenfalls interimistisch zum Meistertitel führte – unter ganz anderen Umständen.
Seinen ersten Ernstkampf hat der 53-jährige Neuenburger am Samstag ausgerechnet gegen den Leader Luzern, der zwölf Punkte mehr aufweist. Vor dem Training am Donnerstagnachmittag sprach Magnin mit den Medien über seine Vorstellungen.
Magnin über...
Schlaflose Nächte:
«Die telefonische Anfrage am Montag (7. Oktober, nach der 0:1-Niederlage in Basel) kam überraschend. Ich musste dann erst das Ok meiner Familie holen. Meine Frau hat gesagt: 'Du kannst das entscheiden wie du möchtest.' Beim letzten Mal habe ich oft schlecht geschlafen und war am Familientisch abwesend. Jetzt ist es eine andere Situation, aber eine ähnliche Konstellation. Drei Monate, um die Mannschaft wieder auf die richtige Spur zu bringen. Aber ich bin routinierter und schlafe besser.»
Fehlende Disziplin:
«Wir hinterfragen natürlich jeden Bereich, in dem es nicht so läuft wie es sollte. Die Disziplin ist sicher ein Punkt, den ich ansprechen will. Ich gehe davon aus, dass sich das verbessern wird. Ich hab da etwas erarbeitet, von dem die Mannschaft aber noch nichts weiss. Was ich sagen kann, die Bestrafung wird nicht mit Geld sein. Ich habe das Gefühl, dass es heutzutage gewissen Spielern sehr gut geht und eine Busse nicht unbedingt einen Lerneffekt hat. Da muss man andere Ansätze für eine Strafe finden. Eine Massnahme wird sein, dass ein fehlbarer Spieler im Neufeld ein Training der U12-Junioren leiten muss. Das gibt auch dem Verein etwas zurück.»
Wege aus dem Tabellenkeller:
«Wenn ich auf die Tabelle schaue, kann es ja zumindest nicht noch schlimmer werden. (Schmunzelt) Letztes Mal habe ich als Erster übernommen. Ich bin überzeugt, dass wir es schaffen und nach oben klettern. Sonst hätte ich den Job nicht angetreten. Wie beim letzten Mal liegt vieles im mentalen Bereich, dass die Spieler wieder an sich glauben, ihren Optimismus zurückbekommen. Wir wollen Schritt auf Schritt gehen und am Samstag anfangen. Als YB-Trainer ist klar, dass die Mannschaft gewinnen muss. Der erste Schritt ist es, aus dieser Situation herauszukommen, über weitere Ziele müssen wir jetzt nicht sprechen.»
Zum Zustand der Mannschaft:
«Die ganze Mannschaft treffe ich ja erst heute (Donnerstagnachmittag) zum ersten Mal, es waren erst zehn, zwölf Spieler im Training. Die erste Frage ist immer: 'Wie geht es dir?' Die meisten sagen 'Gut, danke'. Da muss man ihnen tief in die Augen schauen, um die Wahrheit zu erfahren und fragen: 'Wie geht es dir wirklich? Was brauchst du? Was sind deine nächsten Schritte?' Meine Aufgabe ist es, von jedem das Maximum herauszuholen. Und ein Vorteil ist, dass ich viele schon kenne.»
Seinen Zeithorizont:
«Es ist abgemacht, dass ich das bis Dezember, zum Ende der Vorrunde, mache. Im Moment konzentriere ich mich auf Samstag. Ich habe schon als Spieler nicht eine Planung gemacht, was in sechs Monaten ist. Sicher werde ich arbeiten und alles geben. Dann werden wir sehen, aber ich habe einen Vertrag als U21-Trainer. Man weiss nie, was im Leben passiert. Was ich sicher weiss: Ich bin überzeugt, im Moment beim besten Verein der Schweiz zu sein, was die Struktur und die Organisation betrifft.»
Das Spiel am Samstag gegen Luzern:
«Luzern hat Kontinuität und immer mit Jungen gearbeitet. Es ist kein Zufall, dass sie da stehen. Sie haben ihre Hausaufgaben gemacht. Luzern hat ein, zwei gute Spieler, aber es ist vor allem dank seiner Einheit und Mentalität stark.»
Den zuletzt verletzten Captain Loris Benito:
«Er hat am Dienstag und Mittwoch zu hundert Prozent trainiert und einen guten Eindruck hinterlassen. Wenn ich das Gefühl hätte, er sei nicht hundertprozentig fit, lasse ich andere laufen. Der Entscheid wird immer im Dienst der Mannschaft sein.»