Keine Solidarität «Alles nur für das Geld» – australischer Tennisprofi attackiert Federer

SB10

1.7.2020

Andrew Harris (r.) macht Roger Federer & Co. Vorwürfe.
Andrew Harris (r.) macht Roger Federer & Co. Vorwürfe.
Bild: Getty

Der australische Tennisprofi Andrew Harris (ATP 206) hat Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic wegen ihres fehlenden Engagements für tiefer klassierte Spieler kritisiert und behauptet, sie würden das ganze Geld an der Spitze des Sports behalten.

Der Tennissport macht eine schwierige Zeit durch. Während die Top-Spieler bei Charity-Events oder anderen Schaukämpfen spielen dürfen, können viele ihrer Berufskollegen momentan gar nicht an Turnieren teilnehmen. Und verlieren so ihre Einkünfte, die auch unabhängig von der Corona-Krise nicht sehr hoch sind. 

Andrew Harris fordert deshalb eine Neustrukturierung der Preisgelder im Tennis, damit das Geld in der Weltrangliste mehr nach unten verteilt wird. «Roger, Rafa und Novak sind schon so lange an der Spitze, dass sie fast vergessen, wie es ist, in diesen unteren Positionen zu sein», hält er im Podcast «Break Point» fest.

Speziell der Schweizer kriegt von ihm verbale Haue: «Ich weiss, dass Federer an der Spitze nur auf das Geld aus ist. Er sagt vielleicht in der Öffentlichkeit die Sachen, was die Leute hören wollen, wie die Unterstützung der Umverteilung für tiefer klassierte Spieler ... aber wenn es dann bei den Abstimmungen darum geht, zieht er es vor, das Geld an der Spitze zu belassen.»

Nicht-Interesse wegen fehlenden Bezugs

Mehr hält er dafür von der Weltnummer 1. «Ich denke, Novak ist derjenige von den Top 3, der in den Meetings am meisten darauf pocht, Geld an die unteren Ränge weiterzuleiten», so Harris. Dafür kritisierte er den Serben für seine Nicht-Teilnahme bei einem wichtigen Zoom-Call, bei dem es um die weitere Zukunft der angeschlagenen Tour ging.



Djokovic ging als Spielerrats-Präsident bei seiner initiierten Adria Tour lieber mit den anderen Teilnehmern Fussball spielen. Und die Auswirkungen des Fiaskos mit den diversen Ansteckungen dürften unweigerlich auch Folgen für die weiteren Monate auf der Tour haben – für alle Beteiligten im Tennissport.

Sein Fazit fällt für die drei Dominatoren der jüngeren Tennis-Geschichte deshalb ernüchternd aus: «Es betrifft sie halt nicht, also sind sie nicht so engagiert.»

Dass in einem globalen Sport nur die besten Hundert davon leben können, sei einfach ein Problem, schliesslich gebe es auch ausserhalb Spieler, die richtig gut seien, so Harris. Natürlich seien vor allem die Funktionäre gefragt, sagt er frustriert. Der 26-Jährige tingelt schon seit neun Jahren auf der Tour und spielt meistens bei ITF- oder Challenger-Turnieren. Insgesamt verdiente er 235'903 US-Dollar in seiner Karriere.

Grabenkämpfe zwischen den Lagern

Harris Gesamteindruck kontrastiert in der Tat mit den öffentlichen Bemühungen der Top 3. Noch zu Beginn der Corona-Krise erklärten Novak Djokovic, Rafael Nadal und Roger Federer, sich für die Einrichtung eines Hilfsfonds für weniger gut verdienende Profis starkzumachen. Nicht einverstanden mit seinen Konkurrenten zeigte sich damals etwa Dominic Thiem, der dafür viel Häme bekam.



Der Graben zwischen den grössten Aushängeschildern und Spielern ausserhalb der Top 100 zeigt sich zum Beispiel auch bei den angestrebten Turnier-Austragungen auf der Tour. Während vor allem Spitzenspieler ihre Skepsis gegen die Durchführung des nächsten Grand Slams in New York unter erschwerten Bedingungen kundtaten, sind Athleten aus den hinteren Regionen der Rangliste dringend auf die Einkünfte angewiesen.

Gemäss Planung findet das erste Turnier der Männer am 14. August in Washington statt.

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