ATP Paris-BercyTotgesagte leben länger: Folgt die grosse Rückkehr von «Stan the Man»?
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6.11.2020
Nach zahlreichen Rückschlägen und Enttäuschungen lässt der Auftritt von Stan Wawrinka gegen Andrey Rublev in Paris aufhorchen. Zündet der Lausanner entgegen aller Erwartungen nun das grosse Feuerwerk zum Abschluss einer schwierigen Saison?
In allzu weiter Ferne dürfte der Rücktritt des zweitbesten Schweizer Tennisspielers der Geschichte nicht mehr liegen. Das sagt nicht irgendwer, sondern der Betroffene selbst: «Ich stehe am Ende meiner Karriere», meinte der 35-Jährige jüngst, stellte aber auch klar, dass er die Saison 2021 sicherlich noch in Angriff nehmen werde.
Nach einer langwierigen Knieverletzung, die Wawrinka nach seinen drei Grand-Slam-Siegen zwischen 2014 und 2016 immer wieder zurückgeworfen hatte, sowie der zweifachen und inzwischen endgültigen Trennung von Erfolgstrainer Magnus Norman standen die Vorzeichen des für alle Spitzensportler so wichtigen selbstgewählten Zeitpunkts des ehrenvollen Rücktritts nicht rosig.
Nun bietet sich für Wawrinka aber die Gelegenheit, jene Befürchtungen in den Wind zu schlagen, wonach er in der Weltelite eben doch nicht mehr ganz mithalten könnte. Mit dem Viertelfinal gegen Alexander Zverev steht für den kämpferischen Westschweizer am Freitagabend der nächste Prüfstein bevor. Was man vor dem Spiel (ab ca. 20:30 Uhr live) wissen muss:
Sendung ist älter als 7 Tage und nicht mehr verfügbar.
Tennis - ATP 1000 Viertelfinal, Stan Wawrinka (SUI) - Alexander Zverev (GER)
Fr 06.11. 20:30 - 22:30 ∙ SRF info ∙ F 2020 ∙ 120 Min
Sendung ist älter als 7 Tage und nicht mehr verfügbar.
Klare Sache in dieser Statistik: Dreimal haben Wawrinka und Zverev bisher gegeneinander gespielt, der Westschweizer konnte den Platz bisher nie als Sieger verlassen. Letztmals standen sich die beiden Akteure in Melbourne bei den Australian Open im Viertelfinal gegenüber: Zverev gewann in vier Sätzen. Die letzten Duelle liegen schon etwas weiter zurück: In Miami 2017 gewann Zverev in drei Sätzen, ebenso 2016 in St. Petersburg.
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Turnierverlauf
Wawrinka hat seit Dienstag bereits drei Spiele in den Knochen, die letzten beiden Auftritte (gegen Rublev und Paul) endeten zudem erst nach Mitternacht. Der Waadtländer musste dabei zweimal über die volle Distanz und stand insgesamt sechseinhalb Stunden auf dem Platz. Kein Problem für Wawrinka: «Man gewöhnt sich daran», sagt er auf seine «Night-Sessions» angesprochen und die Tatsache, dass er nie vor 3 Uhr morgens ins Bett kam.
Zverev profitierte von einem Freilos in der ersten Runde, schickte dann Miomir Kecmanovic in weniger als einer Stunde vom Platz, bevor er gegen Adrian Mannarino, gegen den er zuletzt auch in New York und Köln gewann, deutlich mehr Mühe bekundete und nach drei Stunden als Sieger feststand.
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Formstand
Für Wawrinka spricht vor allen Dingen die Leistung und der Steigerungslauf gegen den Aufsteiger der Saison im Achtelfinal: Andrey Rublev gewann seit der Wiederaufnahme der Saison nach dem Tennis-Lockdown zuvor drei Turniere und landete zuletzt elf Siege in Serie. Auch gegen Wawrinka zeigte er eine starke Leistung, bevor der Lausanner mit einem Effort im Entscheidungssatz das Zepter in die Hand nahm.
Alexander Zverev hat sportlich gesehen einen erfolgreichen Herbst hinter sich: Final an den US Open und zwei Turniersiege in Köln. Bei den French Open scheiterte er im Achtelfinal an Jannik Sinner. Wawrinka fehlte dagegen bei den Turnieren in Rom, Roland Garros, St. Petersburg und Wien vor allen Dingen eines: Die Konstanz.
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Nebengeräsusche
Über die happigen Vorwürfe abseits des Platzes möchte sich Alexander Zverev am Rande des Turniers von Paris nicht äussern. Darauf angesprochen, wie es ihm gelinge, trotz der Misshandlungsvorwürfe einer Ex-Freundin auf dem Platz so fokussiert zu bleiben, meint Zverev: «Ich bin hier, um Tennis zu spielen. Das ist mir in den letzten Wochen sehr gut gelungen, eigentlich schon seit der Rückkehr der Tour. Daran wollte ich anschliessen. Natürlich passieren gerade einige Dinge, aber es gibt auch einige sehr gute Nachrichten», so der Deutsche, der in den nächsten Monaten Vater wird. Von der Mutter hat sich Zverev inzwischen getrennt – oder umgekehrt.
Auch bei Stan Wawrinka gab es in dieser Woche Nebengeräusche: Nach seinem Sieg über Tommy Paul wurde er auf Instagram übel beschimpft und bedroht. Er stellte daraufhin die Posts selbst online und machte auf ein Problem aufmerksam, womit so viele TennisspielerInnen konfrontiert sind: den blanken Hass von erfolglosen Wettspielern.