SRF stellt seinen langjährigen Tennis-Experten Heinz Günthardt aufs Abstellgleis. Seit 1985 war der inzwischen 62-jährige für das Schweizer Fernsehen im Einsatz. Gegenüber «blue Sport» nimmt er Stellung zu seinem Abgang.
Heinz Günthardt, seit 36 Jahren kommentieren Sie Tennis-Spiele auf «SRF». Jetzt ist entschieden worden, dass Sie keinen weiteren Vertrag erhalten werden. Wie und wann haben Sie davon erfahren?
Ich hatte am Montagmorgen um 9 Uhr ein Gespräch mit Susan Schwaller, Chefredaktorin SRF Sport, und Daniel Bolliger, Bereichsleiter Sport live, im SRF Newsroom und da haben sie mir diesen Entscheid mitgeteilt.
Wie überrascht waren Sie über den Entscheid?
Bei SRF gibt es so viele Veränderungen, ich war deshalb bereits sensibilisiert. Dass es aber so schnell und plötzlich gegangen ist, hat mich schon überrascht.
Wie gross ist die Enttäuschung? Hatten Sie eine schlaflose Nacht?
Ich habe schon besser geschlafen. Klar, bin ich enttäuscht. Ich bin in das Meeting gegangen und habe gehofft, wir fänden im Gespräch gemeinsam eine Lösung, in welcher Form wir zusammen weitermachen.
SRF hat den Entscheid so begründet, dass Tennis in Zukunft keinen solch grossen Stellenwert wie bisher haben könnte und es deshalb auf einen fixen Experten verzichten möchte. Können Sie den Entscheid nachvollziehen?
Das würde ja bedeuten, dass Roger nächstes Jahr nicht mehr spielt. Vielleicht wissen sie bei SRF mehr als ich… Wir haben immer noch sehr gute Spieler. Dazu drei potenzielle Frauen – Bencic, Golubic, und Teichmann –, die bei den Grand-Slam-Turnieren weit kommen können. Bei den Männern sieht es vielleicht momentan nicht gleich aus, aber ich denke, wir sind auch im Nachwuchs sehr gut aufgestellt.
Wie hat Ihr langjähriger Arbeitskollege Stefan Bürer reagiert?
Er war sehr überrascht und hat sich entschuldigt, weil er gedacht hat, das hänge mit seinem Abgang zusammen. Wichtig ist mir, dass Stefan das macht, was er möchte. So gute Freunde sind wir, und diese Freundschaft wird bestehen bleiben.
Wenn Sie auf Ihre Karriere als Kommentator und Tennis-Experte zurückschauen, welches war der eindrücklichste Moment?
Zwei Momente stechen heraus. Das epische Wimbledon-Finale von 2008 zwischen Nadal und Federer. Es gab unter anderem einen Regenunterbruch und dauerte deswegen über neun Stunden. Auch Federers Comeback-Sieg – wieder gegen Nadal - im Jahr 2017 in Australien hat mir imponiert. Es gab sehr viele Highlights, aber von den Emotionen her waren die zwei Spiele die eindrücklichsten Momente.
Vor dem Engagement bei «SRF» waren Sie bei «Eurosport» tätig. Könnten Sie sich eine Rückkehr vorstellen?
Diese Überlegungen habe ich gar noch nicht gemacht. Bisher habe ich nach dem Rhythmus von Roger Federer gelebt – das wird sich nun ändern. Ich gehe allerdings davon aus, dass meine Reporter-Karriere nun zu Ende geht. Aber man weiss nie.
Was werden Sie vermissen?
Es sind nicht unbedingt das Mikrofon oder das Wechselbad der Gefühle, die ich vermissen werde, sondern die Mitarbeiter von SRF. Ich denke, ich werde sicher den Kontakt zu ihnen halten.
Auf welche Tätigkeiten werden Sie nun den Fokus legen?
Ich bleibe Teamchef vom Schweizer Fedcup und nehme meine Verpflichtung als Consulter wahr. Das heisst, ich versuche, die Coaches im Nachwuchs zu unterstützen. Heute habe ich beispielsweise in Biel die Nachwuchshoffnungen Dominic Stricker und Leandro Riedi trainiert. Ich liebe diesen Sport immer noch.