Tennis-Trainern wird es in der zweiten Saisonhälfte erlaubt, ihre Spieler während der Begegnungen zu coachen.
Die ATP kündigte am Mittwoch eine entsprechende Testphase auf der Männer-Tour an. Die Trainer müssen dafür auf extra ausgewiesenen Plätzen sitzen und dürfen ihren Schützlingen nur Tipps geben, wenn sie damit das laufende Spiel nicht stören. Die Testphase beginnt am 11. Juli und damit unmittelbar nach dem Rasen-Klassiker in Wimbledon, der am Montag startet. Auf der Frauen-Tour läuft ein entsprechender Versuch bereits.
Regelwerk für Off-Court-Coaching
- Die Trainer müssen auf den für das Turnier vorgesehenen Trainerplätzen sitzen.
- Das Coaching darf nicht während eines laufenden Ballwechsels stattfinden.
- Verbal darf nur gecoacht werden, wenn sich der Schützling eines Trainers auf derselben Seite wie sein Betreuer befindet.
- Nonverbale Signale dürfen allerdings immer ausgesandt werden.
- Das Coaching muss sich auf kurze Anweisungen beschränken. Es darf keine Konversation mit dem betreffenden Spieler geben.
- Verlässt ein Spieler den Court, darf der Coach nicht mit ihm Kontakt aufnehmen.
- Strafen und Bussgelder werden bei Missbrauch der oben genannten Coaching-Bedingungen verhängt.
Das Coaching während einer Partie war ein ewiger Zankapfel im Tennis. So wurde nicht nur der verbale Austausch sanktioniert, sondern auch simple Handzeichen zwischen Spielern und Trainern waren in der Theorie untersagt.
In der Praxis gestaltete sich die Regel aber schwierig umzusetzen. Letztendlich mussten die Schiedsrichter den Rahmen bestimmen, wie weit das Coaching gehen durfte, was nicht immer eine einheitliche Auslegung zur Folge hatte.
Und die Protagonisten auf dem Platz fühlten sich entweder benachteiligt oder entmündigt. So kam es schon oft zu grossen Disputen, welche die sportlichen Leistungen auf dem Court manchmal medial überschatteten. Zumindest diese Debatten dürften also hinfällig werden, was dem Sport nur guttun kann. Auch die Coaches werden so ein wenig mündiger.
Tsitsipas Senior sorgte oft für Diskussionen
Einige Trainer standen dabei nämlich unter Generalverdacht, an vorderster Front zu nennen ist Apostolos Tsitsipas. Der heissblütige Grieche hatte in der Tennis-Szene den Ruf, seinem Sohnemann und Schützling Stefanos öfters illegal Instruktionen zu vermitteln. Bei den letzten Australian Open reklamierte sein Gegner Daniil Medvedev beim Stuhlschiedsrichter, sodass Tsitsipas Senior einen Aufseher – der griechischen Sprache mächtig – zur Seite gestellt wurde, um die hitzige Atmosphäre abzukühlen.
Nicht nur auf dem Platz oder auf den Tribünen gab es Kontroversen. So warf Alexander Zverev im Vorjahr beim Turnier in Cincinnati Stefanos Tsitsipas sogar vor, dass sich dieser während einer Toiletten-Pause mit seinem Vater per SMS/Whatsapp ausgetauscht habe – was nach der alten Regelauslegung natürlich unerlaubtes Coaching wäre. Apostolos wurde tatsächlich von TV-Kameras dabei eingefangen, wie er sein Handy zückte und darauf schrieb. Ein Beweis für ein Vergehen ist das selbstverständlich nicht, auch Konkurrent Tsitsipas wies die Vorwürfe zurück.
Federer lehnt Hilfe von aussen stets ab
Schon fast alle Tennisprofis kamen im Lauf ihrer Karriere mit der Regel in Kontakt. Keine Ausnahme bildet da Roger Federer, der 2006 beim Italian Open auf Rafael Nadal traf und gegen Ende der Partie den Fokus komplett verlor. Der Schweizer stauchte Nadals Onkel Toni für unerlaubtes Coaching zusammen. Der damals erst 19-jährige Spanier meinte in der Medienkonferenz später: «Federer muss noch lernen, sich auch bei Niederlagen wie ein Gentleman zu benehmen.»
Federer wird wohl keine Freude an der Einführung haben. Er muss sich bei seinem angepeilten Comeback im Herbst also an neue Gegebenheiten gewöhnen. Der 40-Jährige gilt als Traditionalist und hat sich in der Vergangenheit gegen jegliches Coaching ausgesprochen. Bei den Frauen ist selbst seit einiger Zeit On-Court-Coaching – bei dem man etwa den Coach auf den Platz holen darf, um sich zu besprechen – erlaubt. «Ich hoffe, dass wir das nicht übernehmen. Ich hoffe es wirklich. Falls es passiert, hoffentlich erst, nachdem ich zurückgetreten bin», sagt Federer einst.
Nicht jeder könne sich einen Coach leisten. Und genau da sieht er das Problem. «Es wird kein schöner Anblick. Einfach nicht. Es wird meiner Meinung nach amateurhaft aussehen.»
Es mache genau den Sport aus, auf sich alleine gestellt zu sein. «Wenn du moralische Unterstützung brauchst, kannst du zu deinem Coach schauen. Aber sonst denke ich, Tennis sollte eine der wenigen Sportarten sein, in denen du dich nicht coachen lassen darfst.»
Immerhin aus PR-Sicht sah selbst er was Positives bei der WTA-Regel. Für den Zuschauer sei es sicherlich spannend, denn durch die Mikrofone könne man mithören, was Trainer und Spielerin zu diskutieren haben, so Federer.