Wenn ein Sportanlass dem Coronavirus verseuchten 2020 trotzen kann, dann die Weltumseglung Vendée Globe für Solo-Kapitäne – könnte man meinen. Aber auch die Extremsportler bangen um ihr Rennen.
Der Genfer Alan Roura will es ab dem 8. November ein zweites Mal wissen, nachdem er bereits die Vendée Globe 2016 beendet hat. Der 27-jährige Romand will die Everest-Besteigung der Weltmeere, bei der sich die allerbesten Seemänner alle vier Jahre messen, erneut meistern. Er will über 80 Tage allein auf hoher See gegen Wind und Wetter ankämpfen. Wie soll ihn da ein Virus stoppen? Einen sichereren Ort weit abgeschieden von jeglicher Zivilisation kann es ja gar nicht geben?
Doch das Coronavirus droht, selbst die Vendée Globe versinken zu lassen. Wenn das Rennen einmal gestartet wäre, hätte der Krankheitserreger keine Chance mehr. Aber das Virus kann die Vorbereitungen an Land derart beeinträchtigen, dass ein Start gar nicht mehr möglich wird.
«Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit», bestätigte Roura in einer Video-Medienkonferenz. Bei den Arbeiten am Boot in der Werft seien die Hygiene-Vorschriften kaum einzuhalten. Das bringe einen in Verzug. «Zudem dürfen wir nur mit einer Ausnahme-Bewilligung für ein paar Stunden für Tests aufs Wasser», fügte er an. Einigen Booten der neusten Generation droht somit der GAU. Unter diesen Voraussetzungen sind sie am Starttag nicht rennbereit.
Roura mit «älterem» Segelschiff
Roura nimmt diesen Punkt gelassener, seine Situation sei noch nicht dramatisch. Der Schweizer Hochsee-Segler setzt auf eine Jacht älteren Datums, die er bereits mehrfach in Rennen getestet und immer wieder optimiert hat. «Die Performance der Boote am Start wird unterschiedlich sein. Es wird schnellere geben als das meine. Aber mein Plan war immer, auf ein auf dem Papier weniger leistungsfähiges Boot zu setzen, dass man dafür zu 100 Prozent, also bis ans Limit, segeln kann», sagte Roura.
Aber eben. Ob sich der 8. November halten lässt, bleibt fraglich. Eine Menschenansammlung im Startgelände liesse sich nicht verhindern, allein bis zu 400 Personen wären mit den Arbeiten an den Jachten beschäftigt. Hinzu käme die ganze Organisation und selbstredend der grosse Zuschauer-Aufmarsch. Frankreichs Atlantik-Küste gilt als Mekka der Extremsegler.
«Meine Gedanken gehen noch nicht bis in den November», betonte Roura. «Wichtig ist, dass wir im Vorfeld genug segeln können!» Das Warten auf den Entscheid, wie, ob und wann es nun losgehe, sei zermürbend, hielt Roura fest und schloss mit einer überraschenden Bemerkung: «An Land ist der Lockdown im Sinne von Einsamkeit viel schwieriger zu ertragen als auf dem Meer. Du siehst, was Du alles tun und machen könntest, aber nicht darfst. Draussen auf dem Wasser ist die Situation eh klar.»