NBA-Profi Sefolosha über Tod von Floyd: «Das hätte ich sein können»

SB10

2.6.2020

Thabo Sefolosha kritisert die Zustände in den USA.
Thabo Sefolosha kritisert die Zustände in den USA.
Bild: Getty

Nach dem Tod von George Floyd durch Polizeigewalt kommen bei Thabo Sefolosha die Erinnerungen an seine eigenen Erfahrungen mit den Behörden wieder hoch.

«Ich war einfach entsetzt über das, was ich sah – das hätte ich sein können», meint Sefolosha zum Video, in dem zu sehen ist, wie ein Polizist in Minneapolis minutenlang sein Knie in den Nacken des dunkelhäutigen George Floyd drückt und so dessen Tod verursacht. Vor gut fünf Jahren war der 36-Jährige in einer ähnlichen Situation, als er in New York nach einem Besuch in einem Nachtklub von Beamten festgenommen wurde und sich dabei sogar ein Bein brach. 

Seine Erfahrungen mit der Polizei in New York haben bei ihm ein tiefes Misstrauen gegenüber der Strafverfolgung hinterlassen. Das jüngste Beispiel von Polizeibrutalität hat bei ihm alte Wunden aufgerissen, wie er im Interview mit «Associated Press» erläutert.

«Die Leute reden über ein paar faule Äpfel. Aber nach meiner Erfahrung und nach dem, was wir sehen, es ist wirklich Teil einer Kultur, die tiefer verwurzelt ist als nur ein paar schlechte Äpfel», so der NBA-Veteran.



«Ich bin wütend. Ich meine, wir haben das Jahr 2020. Niemand sollte das in dieser Zeit durchmachen müssen, besonders nachdem die Schwarzen so viel für Amerika aufgegeben haben. Die Schwarzen haben so viel aufgegeben und so viel für dieses Land getan. Es ist verletzend, es in diesem Zustand zu sehen», meint der in Vevey aufgewachsene Familienvater.

Sefolosha hat kein Schuldeingeständnis bekommen

Sefoloshas Erlebnis mit der Polizei kostete ihm damals nicht nur einige Monate seiner Karriere, sondern auch viele Nerven: Er zog gegen die Stadt New York vor Gericht und erreichte einen Freispruch – ohne Zugeständnis der eigenen Schuld zahlte ihm die Stadt New York dann zwei Jahre nach dem Vorfall in einer aussergerichtlichen Einigung vier Millionen Dollar, die er grösstenteils an eine Organisation von Pflichtverteidigern spendete.



«Das hat mich sehr verändert, was die Art und Weise betrifft, wie ich die Strafverfolgung und das gesamte Justizsystem in diesem Land sehe», hält  Sefolosha fest. «Ich ging vor Gericht, und ich musste all dies tun, um meine Unschuld zu beweisen. Das hat mich wirklich tief in das System blicken lassen – und ich bin wirklich skeptisch gegenüber dem ganzen System geworden.» 

Der Defensivspezialist der Houston Rockets, der nach seinem Rücktritt in die Schweiz zurückkehren will, ist entsetzt: «In Minnesota sehen drei Menschen mit einem Abzeichen zu, wie ein anderer Mensch jemanden tötet. Und anstatt zu sagen: ‹OK, das ist meine Pflicht als Mensch›, bestand die Pflicht für sie eher darin, sich nicht einzumischen und zu sagen: 'Wir sind ein Team, wir halten zusammen, egal was passiert.' Es sollte andersherum sein.»

Die NBA plant, im Juli ihre Saison in Disney World in Orlando fortzusetzen. Die Houston Rockets gehören dabei zu den Titelanwärtern. «Ich freue mich darauf, mit meinen Mannschaftskameraden zusammen zu sein und mit Basketball im Allgemeinen wieder vereint zu sein», meint Sefolosha. Andererseits hat er auch die aktuellen Ereignisse in Kopf: «Wir sind Menschen, und der Kampf dauert schon zu lange, und die gleichen Proteste dauern schon zu lange an. Ich denke, es ist definitiv Zeit für Veränderungen, und das sollte für uns alle eine Priorität sein.» 


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