Der Zehnkampf fristet in den Medien und beim Publikum oft ein Nischendasein. Simon Ehammer gibt dieser Disziplin nicht nur in der Schweiz neuen Schub.
Der Parcours durch die Mixed Zone: Für die einen eine unangenehme Pflicht, andere stellen sich gerne vor die Kameras und Mikrofone der Medienschaffenden. Simon Ehammer gehört zweifelsohne zu jener Kategorie, die gerne Red und Antwort steht. Er ist in München ein sehr begehrter Gesprächspartner.
Dies zeigte sich auch am Dienstagabend im Olympiastadion, wo Ehammer und Mujinga Kambundji zeitgleich über Frust oder Freude über das verpasste Gold oder das gewonnene Silber ausgequetscht wurden. Die Bernerin, obwohl über eine halbe Stunde nach dem Appenzeller im Ziel, überholte Ehammer im Medienparcours. Klar, bei der Sprinterin stehen noch mehrere Einsätze an, während beim Mehrkämpfer die Wettkampf-Anspannung von den Schultern fiel und ein Plauderstündchen eher angesagt war. Und Mujinga Kambundji ärgerte sich über den entgangenen EM-Titel um einiges mehr (auch wenn sie dies in ihren Aussagen kaum kundtat), was ihren Gang beschleunigte.
International gefragt
Mujinga Kambundji gelang das Überholmanöver auch, weil Ehammer inzwischen nicht nur von den Schweizer Medienschaffenden abgefangen wird. Sein Coup an der WM in Eugene, als er den Weitspringern die Bronzemedaille wegschnappte, begeistert über die Landesgrenzen hinaus. «Wenn wir hier im Stadionbereich herumlaufen, dann kennt ihn jeder Zweite», sagt sein Coach Karl Wyler.
Ehammer geniesst es, den Zehnkampf wieder in den medialen Fokus zu rücken. «Ich schätze diese Aufmerksamkeit», betont er. Bereitwillig gibt er Auskunft und fügt Aspekte an, zu denen er gar nicht befragt wurde. Mujinga Kambundji hingegen antwortet in ihrer gewohnt sympathischen Art kurz und knapp, sie hat nicht die ausschweifende Art Ehammers.
Gratwanderung Medienarbeit
Das Medieninteresse an Ehammer hat sich in diesem Jahr von Monat zu Monat gesteigert: Zuerst WM-Silber in der Halle, dann der Schweizer Weitsprung-Rekord von 8,45 m in Götzis, Zehnkampf-Rekorde, die WM-Bronzemedaille im Weitsprung und hier nun in München das packende Duell gegen den letztlich siegreichen Niklas Kaul aus Deutschland. «Mit der Medienarbeit ist eine neue Aufgabe auf mich zugekommen, die zu meinem Beruf gehört», betont der 22-Jährige.
Bei all den Anfragen wäre er ohne Hilfe von aussen überfordert gewesen, gibt er zu. «Ich kann schlecht Nein sagen. Zum Glück habe ich ein gutes Management, die sagen professionell ab». Personen im Hintergrund achten darauf, dass die Gratwanderung zwischen Konzentration auf den Sport und Medienarbeit für den Sport gelingt.
Zu stark muss Ehammer aber nicht abgeschottet werden, denn die Medienarbeit stört ihn selten. «Ich denke, ich komme auch gut rüber», schätzt er sein Können in dieser Sparte ein. Zweimal noch in diesem Jahr darf er zur elften Disziplin antreten: Als Weitspringer bei Spitzenleichtathletik Luzern und Weltklasse Zürich.