Spielekritik «Death Stranding» ist auch auf dem PC eine Offenbarung

Von Martin Abgottspon

23.7.2020

Sam Porter Bridges übernimmt die Hauptrolle in «Death Stranding».
Sam Porter Bridges übernimmt die Hauptrolle in «Death Stranding».
Bild: Sony

Im Vorjahr war «Death Stranding» bereits ein heisser Kandidat für das Spiel des Jahres. PC-Spieler mussten sich damals noch gedulden, werden jetzt dafür mit einem Port der Extraklasse belohnt.

Von den einen wurde «Death Stranding» 2019 als Wander-Simulator denunziert. Für andere war der Titel schlicht ein weiteres Meisterwerk des Gamedesigner-Genies Hideo Kojima. So auch für uns. Das Spiel erhielt in unserer Kritik die Maximalnote von zehn Punkten und hat den Autor damals für etliche Stunden gefesselt.



PC-Spieler mussten sich indes noch gedulden. Mehr als ein halbes Jahr hat es gedauert, bis nun auch ein Port auf Steam und dem Epic Store verfügbar war. Die Vorfreude war offensichtlich riesig. Schon in der Startwoche dominiert «Death Stranding» die Verkaufscharts. Und die Käufer werden nicht enttäuscht.

Gleiche Story, ebenso viel Spass

Am Inhalt des Spiels hat sich praktisch kaum etwas verändert. Wir übernehmen die Rolle von Sam Porter Bridges, ein freischaffender Paketbote in einem dystopischen Amerika. Die Story lässt sich dabei gar nicht so einfach zusammenfassen. Im Kern geht es um die Welt oder Dimension der Toten, die sich vor einiger Zeit mit unserer Welt verbunden und einen Grossteil des Lebens ausgelöscht hat. Auf dem nordamerikanischen Kontinent leben die Menschen deshalb in autarken Grossstädten oder Bunkern. Es gibt kein Staatenbund mehr und die Regierung ist so gut wie inexistent.



Doch es gibt Hoffnung. Die an Krebs im Endstadium leidende Präsidentin der «Vereinten Städte von Amerika» hat in Auftrag gegeben, dass man die Energie der Toten nutzen könnte, um die Städte des Landes mit einer Art Superinternet zu verbinden und so wieder einen Staat mitsamt Regierung zu formen. Dazu lancierte man eine Expedition, um verschiedene Städte von der Ostküste bis zur Westküste aufzusuchen und ans Netz zu schliessen.

Gemeinsam einsam

Doch was macht die Faszination von «Death Stranding» nun genau aus? Das Prinzip des Pakettransports von A nach B ist ja im ersten Moment nicht das überzeugendste Verkaufsargument. Und trotzdem macht genau dieser Spiessrutenlauf den Reiz des Spiels aus. Um das zu verstehen, muss man aber vielleicht wirklich erst selber einmal mit einer 100-Kilogramm-Packung durch verschneite Berge wandern, während man gleichzeitig Untote mit Blutgranaten bekämpft und sich Plünderer mit einer Bola-Waffe vom Leib hält.

Was «Death Stranding» für mich aber so richtig einzigartig macht, ist der hervorragende asynchrone Mehrspielermodus. Durch diesen treffen wir nie direkt auf andere Spieler, haben aber trotzdem die Möglichkeit, mit diesen zu interagieren. Das geschieht beispielsweise durch den banalen Aufbau von Warnschildern und reicht hin bis zu hochkomplexen Strassenbauten, welche andere Paketboten dann mitnutzen und uns dafür mit Likes belohnen können.

Ohne andere Spieler direkt zu sehen, kann man trotzdem gemeinsam an verschiedenen Konstruktionen arbeiten, die einem das Kurierleben angenehmer machen.
Ohne andere Spieler direkt zu sehen, kann man trotzdem gemeinsam an verschiedenen Konstruktionen arbeiten, die einem das Kurierleben angenehmer machen.
Bild: Sony

Eine grafische Pracht

Auch wenn es mich im letzten Winter wirklich gereizt hat, in das skurrile Action-Spiel von Hideo Kojima einzutauchen, habe ich es bleiben lassen. Umso grösser war die Vorfreude auf die PC-Version und ich bin der festen Überzeugung, alles richtig gemacht zu haben. Zwar war ich noch skeptisch, ob ich mit meiner GTX-1080-Grafikkarte überhaupt mehr aus dem Spiel rausholen kann als die Playstation-Besitzer. Doch was ich bisher geboten bekam, war ein wahrer Augenschmaus.



Bei den ausführlichen Zwischensequenzen fühlt man sich ohnehin schon ein bisschen wie im Home-Kino, aber auch das Gameplay lief absolut flüssig und das bei mehr als 60 Frame pro Sekunde. Die Playstation schafft hier lediglich 30. Und auch meine Bedenken, der Spielspass könnte durch den Einsatz von Maus und Tastatur etwas getrübt werden, waren umsonst. Das Gegenteil war sogar der Fall. Bei der Vielzahl an Gepäckstücken und Verwendungsmöglichkeiten fühlte ich mich mit dem Interface von Beginn weg wohl, habe mich aber auch immer wieder gefragt, wie man sich das für den Controller alles merken soll.

Alles in allem ist «Death Stranding» für den PC eine rundum gelungene Portierung, die ich jedem nur ans Herz legen kann, der sich nicht schon auf der Playstation ausgiebig als Bote betätigt hat. Es ist einfach mal wieder was anderes. Und das ist auch gut so.

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