Jahrelang mussten Fans von «Bayonetta» auf eine Fortsetzung warten. Diesen Freitag kommt nun der lang ersehnte dritte Teil auf den Markt. Für Fans gibt es eine gute Nachricht, aber leider auch schlechte.
Von Martin Abgottspon
26.10.2022, 12:09
Martin Abgottspon
Auch wenn ich mich wirklich als erfahrenen Gamer bezeichnen würde, gibt es gewisse Titel, die mich bis heute an den Rand des Wahnsinns treiben. Dazu zählen primär Prügelspiele, aber auch Hack-and-Slash-Games wie «Bayonetta 3». Bei beiden Genres hab ich das Gefühl, ich wüsste, was ich tue. Tue ich aber nicht. Ich haue einfach wie ein Irrer auf Knöpfe, während auf dem Bildschirm alles mögliche explodiert. Es entsteht ein Meer aus Farben und alles wird von bombastischen Geräuschen begleitet. Ja, irgendwie sind solche Spiele für mich wie harte Drogen.
«Bayonetta 3» treibt dieses Phänomen gekonnt auf die Spitze. Es ist das reinste Chaos, das sich hier abspielt. Selbst erfahrene «Bayonetta»-Fans dürften mir hier zustimmen. Dennoch hat das Gameplay nichts von seinem früheren Glanz verloren. Auch wenn man teilweise vielleicht etwas überfordert ist, macht das Aneinanderreihen von Kombos zu spektakulären Kampfeinlagen Spass wie eh und je. Hier hat es Platinum Games wirklich verstanden, die Serie gewinnbringend zu erweitern, ohne den Kern des Spiels aus den Augen zu verlieren.
Repetitives Dämonenschnetzeln
In anderen Bereichen ist dieser Spagat leider nicht so gut gelungen. Zwar ist «Bayonetta 3» mit rund 12 bis 15 Stunden Spielzeit der umfänglichste der Serie, an vielen Stellen ist das Spiel aber auch einfach mit langweiligen und repetitiven Aufgaben und Mission überfüllt. Trotz einer komplett neuen Bedrohung kommen immer wieder dieselben Elemente zum Einsatz und auch die Schauplätze unterscheiden sich kaum voneinander.
Schon nach wenigen Stunden hat man so das Gefühl immer das gleiche zu tun. Dabei macht es auch keinen grossen Unterschied, ob man nun mit Bayonetta oder der neuen Nebenfigur Viola in den Kampf zieht. Die Gameplay-Variation ist bescheiden und ausserdem wird Viola im Verlauf des Spiels auch immer unwichtiger. Dass beide Protagonistinnen auch nur über einen Song verfügen, der ihre Kampfkünste untermalt, macht die ganze Sache nicht abwechslungsreicher.
Und worum geht es jetzt genau?
Das Spiel nutzt sich so ziemlich schnell ab und hält einen auch nicht mit einer packenden Story bei Laune. Wer die Vorgänger nicht schon gespielt hat, kann dem verrückten Plot noch schwerer folgen. Schon in den ersten beiden Teilen ging es storytechnisch drunter und drüber. Himmlische Mächte trafen auf Umbra-Hexen, höllische Dämonen liefen frei herum und eine Zeitreise machte die Dinge noch komplizierter.
Als ob das nicht schon genug verwirrend wäre, ist man nun auch noch mit einem Multiversum konfrontiert, das die Geschehnisse zu erklären versucht. Ok, es geht irgendwo um Schicksal und Mitgefühl, es bleibt letzten Endes aber auch einfach viel Verwirrung. Wie gesagt, wer die Story der Vorgänger noch präsent hat, dem fällt das Folgen vielleicht etwas einfacher.
Eher nichts für Quereinsteiger
«Bayonetta 3» bleibt so das wohl abgedrehteste Spiel des Jahres. Fans der Serie können der Fortsetzung trotz der Mängel wahrscheinlich trotzdem noch einiges abgewinnen. Quereinsteiger allerdings werden durch die belanglose Geschichte und das generische Level- und Gegnerdesign wohl schnell abgeschreckt.
Platinum Games ist mit dem dritten Teil definitiv aufs Ganze gegangen. Da kann man ihnen nichts vorwerfen. Sie haben es tatsächlich hinbekommen, eine ohnehin schon schrilles und verrücktes Spiel noch weiter aufzudrehen. Für mich definitiv wie ein Drogentrip, verbunden mit Kopfschmerzen.