Solothurner Filmtage Joel Basman: «Ohne Familie und Freunde macht man das kein Jahr»

sda

30.1.2019

Joel Basman sagt von sich selbst, er sei ein Chaot. Aber wenn er Interviews platzen lässt, liegt das nicht immer nur daran. «Kein Pressetermin ist wichtiger als Höhlenbauen mit meinem Neffen.» Ein (verschobenes) Gespräch mit dem vielbeschäftigten Zürcher Schauspieler an den 54. Solothurner Filmtagen.

Joel Basman will vor dem Interview im Hotel unbedingt etwas essen. Verschwindet, holt ein Müesli, setzt sich hin und beginnt, während er löffelt, zu erzählen. Davon, dass er aufgrund seines unrealistisch jungen Alters keinen «Tatort»-Kommissar spielen möchte. Aber bei einer Folge Regie führen, das wäre schon lange sein Traum, sagt er. Der Wunsch wolle einfach nie so richtig ankommen.

Ihn reden und gestikulieren zu sehen, ist beste Unterhaltung. Schade eigentlich, dass das Aufnahmegerät erst zehn Minuten später, in einer ruhigen Ecke, zu laufen beginnt. Da erzählt er gleich weiter von bereits realisierten Projekten – «Wolkenbruch», «Zauberer», «Der Büezer» – mit drei Filmen ist Joel Basman an den diesjährigen Solothurner Filmtagen vertreten.



Ersterer war der erfolgreichste Schweizer Film des vergangenen Jahres, letzterer feierte an den Filmtagen Premiere und ist für den «Prix de Soleure» nominiert. Das ist viel Wirbel um den Spielfilmerstling von Regisseur Hans Kaufmann. Um dies zu feiern, hat sich Joel Basman am Vorabend richtig chic gemacht. «Für solche Anlässe ziehe ich immer gerne einen Anzug an», sagt er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

In «Der Büezer» spielt Joel Basman den jungen Sanitärtechniker Patrick «Sigi» Signer. Der weiss nach dem Tod seiner Eltern nicht wohin mit seinem Leben. Der Lohn reicht zu nichts, die Frauen ignorieren ihn als Büezer, Freunde hat er kaum. Auf dem Nachhauseweg begegnet Sigi Hannah, einer schönen Frau, die sein Leben durcheinanderbringt.
In «Der Büezer» spielt Joel Basman den jungen Sanitärtechniker Patrick «Sigi» Signer. Der weiss nach dem Tod seiner Eltern nicht wohin mit seinem Leben. Der Lohn reicht zu nichts, die Frauen ignorieren ihn als Büezer, Freunde hat er kaum. Auf dem Nachhauseweg begegnet Sigi Hannah, einer schönen Frau, die sein Leben durcheinanderbringt.
Solothurner Filmtage

Viel Zeit mit seinem Neffen

Dabei steht der 29-Jährige mit einem Bein schon in London, wo er nun einen Monat lang drehen und sein Englisch aufpolieren wird. Zwischen der «Büezer»-Premiere, Kleiderwaschen in seiner Zürcher Wohnung und einem weiteren Auftritt an den Filmtagen fliegt er ausserdem für einen halben Tag nach Berlin zum Casting und beendet seine neue Modekollektion. Dass er dieses Gespräch erst kurzfristig absagen und um zwei Tage verschieben musste, habe allerdings einen ganz anderen Grund.

«Weil ich dachte, unser Treffen sei an einem anderen Tag, habe ich meinem dreieinhalbjährigen Neffen versprochen, dass wir zusammen Höhlen bauen», sagt Joel Basman. Hätte er das Versprechen gebrochen, wäre ihm das wochenlang nachgegangen.

«Der Kleine gehört zum Rudel, dem soll es gut gehen», sagt Onkel Joel über den Sohn seiner Schwester. Mit ihm Zeit zu verbringen, «Seich zu machen», rumzuturnen und ihm Geschichten zu erzählen, sei eine wunderbare Alternative zum stressigen Alltag. Und auch zu seinem «noch nicht begrabenen Wunsch», selber einmal Vater zu werden.

Gibt Auskunft: Joel Basman im Interview mit Keystone-SDA.
Gibt Auskunft: Joel Basman im Interview mit Keystone-SDA.
Keystone/Adrien Perritaz

Familie geht vor

Dennoch: Interviews hält Joel Basman für einen wichtigen Teil seines Berufs. Und selbst als «Chaot» will er sie ernst nehmen. «Doch gewisse Dinge muss man vorziehen», so Basman. Ihm werde immer mehr bewusst, wie wichtig Freunde und Familie als Ausgleich und stärkende Kraft in seinem Berufsalltag seien. «Ohne sie macht man das kein Jahr.» Oder man stehe zumindest am Schluss alleine da und wisse nicht, warum und für wen man das alles gemacht habe. «Dann kann man es auch nicht geniessen.»

Diese Haltung könne man als überheblich empfinden, sagt der Schauspieler. Genauso wie man seine Angewohnheit, auf dem Roten Teppich ständig auf den Boden zu schauen, falsch interpretieren könne. Immer wieder höre er, er solle das sein lassen, in die Kameras schauen. Als Schauspieler, in einer Rolle, da würde ihm das problemlos gelingen. «Doch privat bin ich kein Showman. Da bin ich Joel, und der schaut auf den Boden, wann er will.»



Karriere ohne Plan B

Der private Joel Basman exponiert sich auch in den Sozialen Medien nicht. Ein Instagram-Account sei ihm zwar schon oft ans Herz gelegt worden – und wenn einer wie Tom Hanks auf Twitter Socken suche, finde er das durchaus amüsant. «Aber wenn mich jemand nur wegen meiner 300'000 Followers besetzt, dann werden wir uns eh nicht finden», sagt er. Und was er in seinen Smoothie mixe, sei ohnehin für niemanden interessant.

Joel Basman posiert vor der Kulisse von Solothurn.
Joel Basman posiert vor der Kulisse von Solothurn.
Keystone/Adrien Perritaz

Joel Basman begann seine Schauspielkarriere vor rund 15 Jahren bei der SRF-Soap «Lüthi und Blanc». Seither ist er jährlich mit mehreren Filmen und TV-Auftritten am Start – darunter «Breakout» (2007), «Sennetuntschi» (2010) oder «Monuments Men» (2014) – und er wurde 2015 mit dem Deutschen und dem Schweizer Filmpreis ausgezeichnet.

«Ich liebe diesen Beruf», sagt er. So sehr, dass ein Plan B gar keine Option sei. «Ich kann mir nicht vorstellen, in Zukunft irgendetwas zu arbeiten, das nicht mit Film zu tun hat.» Ebenso wenig hat der Schauspieler vor, «unfähig oder unerträglich» zu werden und damit eine Neuorientierung unumgänglich zu machen.

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