Rainer Maria Salzgeber (Teil 2) Rainer Maria Salzgeber: «Das war ein ganz trauriger Moment»

Von Carlotta Henggeler

3.1.2020

2019 war ein besonderes Jahr für Rainer Maria Salzgeber. Der TV-Moderator konnte gleich mehrere Jubiläen feiern. Ein Gespräch in zwei Teilen über Gänsehaut-Momente, den Quotendruck und sportliche Ziele.

Nachdem es im ersten Teil des Gespräches um die Anfänge von Rainer Maria Salzgeber beim Fernsehen, seinen Kleiderstil und Ehefrau Chantal ging, blickt der Moderator heute auf die vergangenen zwölf Monate zurück und er verrät, auf welche Ereignisse er sich 2020 speziell freut.

Herr Salzgeber,  zum Jahresanfang ein kurzer Rückblick: 2019 war für Sportbegeisterte ein grossartiges Jahr. Was war Ihr Höhepunkt?

Das Schwingfest in Zug. Dort war ich zusammen mit meiner Frau, privat, als Fan. Wenn auf der Tribüne die Weissweinflasche entkorkt wird, mit einem riesigen Messer der Käse geschnitten und serviert wird. Das geht beim Schwingen alles. Im Fussballstadion würdest du gleich verhaftet werden. Dass so etwas möglich ist, bei 40'000 Zuschauern so eine friedliche Atmosphäre schaffen zu können, das hat mich extrem beeindruckt. Im Leben eines Sportjournalisten gibt es viele Highlights, diese gegeneinander auszuspielen, ist schwer.

Nennen Sie uns ein paar.

Die Champions League, ich darf jeweils mit der Schweizer Nationalmannschaft mitreisen, ich war mit der Nations League am Finale in Portugal, ich durfte nach Dänemark und nach Irland. Privat hatte ich auch ein paar Highlights. 2019 war ich mit meinem Sohn das erste Mal am Hockenheimring an einem Formel-1-Rennen. Wir sind nach Schottland und haben dort Celtic Glasgow gegen Glasgow Rangers gesehen. Wir machen solche Sachen jetzt einmal im Jahr.

Zur Person

Wirtschaftsmatura in Brig (1990), Einstieg bei Radio Rottu (1992-1994). Fünf Semester an der Uni Bern (Geschichte, Politologie und Medien) ohne Abschluss. Volontariat bei SF DRS-Volontariat. Redaktor und Moderator «sportaktuell», sowie Moderation diverser Livesendungen (America's Cup, Champions League, Eishockey). 2008 gewann er den Schweizer Fernsehpreis in der Kategorie National.

Ist Sohn Jasha (14) auch Sportbegeistert?

Ja, ist er genau so.

Hatten Sie 2019 auch einen Gänsehaut-Moment?

Solch einen Moment hatte ich, als ich gehört habe, dass Köbi Kuhn gestorben ist. Wir standen uns während seiner Karriere nahe und auch danach waren wir in Kontakt. Das war ein ganz trauriger Moment.

Das Jahr ist noch jung. Was haben Sie für Vorsätze?

Keine. Das hat, glaub es, auch mit Lebenserfahrung zu tun. Vergiss alle Vorsätze. Was bringt dir ein Vorsatz, nur weil es mit einem Datum zusammenhängt?

Sie sind fit wie ein Turnschuh. Für den «Donnschtig-Jass» sind Sie mit dem Velo von Austragungsort zu Austragungsort geradelt. Wie viele Kilometer sind zusammengekommen?

Im letzten Mai habe ich das zum ersten Mal eine gemacht, mit den Trainings bis September waren es 2'500 Kilometer. Das ist eine Riesen-Erfahrung, ich habe in 49 Jahren nicht so viele Kilometer gemacht, wie in diesen vier Monaten. Und was sich die Gemeinden für Empfänge für mich ausgedacht haben, das war sensationell.

Auf diese Weise haben Sie viel von der Schweiz gesehen. 

Ja, zum Beispiel den Walensee. Da bin ich von Flims nach Balsthal gefahren, am Walensee vorbei, das habe ich bis jetzt nur immer mit dem Auto gemacht. Mit dem Velo nimmst du das anders wahr, das hat mir so richtig «der Ärmel inegno». Ich werde jetzt auch im Winter weiterfahren, auf Rollen trainieren. Ob wir das Gleiche nochmals beim «Donnschtig-Jass» 2020 wiederholen werden, wissen wir noch nicht.

2'500 Kilometer mit dem Velo. Haben Sie weitere sportliche Ziele?

Ja, das 24-Stunden-Velorennen will ich noch machen. Vor zwei Jahren war ich auf dem Matterhorn, ohne jegliche Bergsteiger-Erfahrung, 2018 habe ich die Patrouille des Glaciers ohne Touren-Erfahrung gemacht.

Ehrgeizig.

Ich mache das auch nicht, um zu beweisen, dass ich besser oder stärker bin als andere. Ich habe nur noch einen Gegner, das bin ich. Ich will das machen, was mir Spass macht, das Tempo spielt mir auch keine Rolle. Früher wollte ich immer gewinnen, heute ist es mir egal.

Sie sind wie ein Duracell-Häsli.

Ja, das ist so, fragen Sie mal meine Frau. Ich erhole mich nicht, wenn ich quasi ruhig am Akku stehe und meine Batterien auflade, ich erhole mich, wenn ich etwas tue. Ich kann nicht stillsitzen. Ich brauche glücklicherweise wenig Schlaf, nach sechs Stunden bin ich topfit. Ich arbeite einfach gerne – und bin gerne unterwegs.

Sie wirken tiefenentspannt. Spüren Sie keinen Quotendruck?

Warum soll ich mich stressen lassen, für etwas, das ich eh nicht ändern kann? Ich mache alles, so gut, wie ich nur kann. Ob ein einziger Zuschauer schaut oder eine Million Menschen, ich habe die Verpflichtung das genauso professionell zu machen. Zuschauerzahlen sind kein Kriterium. Ich sage nicht, ich moderiere heute eine Sportart, die weniger Zuschauer anzieht, also fahre ich halbe Kraft voraus. Das geht nicht.

Auch vor grossen Live-Übertragungen oder Events wie die «Sports Awards» nicht nervös?

Ich habe entschieden, das Wort Stress aus meinem Wortschatz zu streichen, ich bin immer freudig erregt. Ich wandle die Nervosität in positive Energie um. Früher, wenn du in der Schule vor Prüfungen nervös warst, konntest du deine Leistungen nicht abrufen. Wenn du dich aber auf etwas freust, dann ist es einfacher, den Schlüssel zu finden. Darum freue ich mich auf die Sendungen. Klar, ein gewisser Druck ist schon da, du musst dich vorher gut vorbereiten, eine gute Vorbereitung ist die entscheidende Komponente.



Sie haben eine Staffel «Donnschtig-Jass» hinter sich. Gibt es inhaltliche Neuerungen 2020?

Nein, das Format wird in erster Linie wegen des Jassens geschaut, das funktioniert beim Schweizer Fernsehen seit 1968. Die erste Sendung war damals mit dem Erfinder, mit Kurt Felix. Das ist gigantisch. Am Grundprinzip musst du nichts ändern, das Jassen ist im Mittelpunkt, mit den jeweiligen Ortschaften. Man könnte noch überlegen, was spielen die Austragungsorte für eine Rolle? Und beim Büssi und Sonja, wird alles gleich bleiben. Das ist ein laufender Prozess. Dass man grundsätzlich etwas anders machen sollte, das finde ich nicht.

Bleibt beim «Donnnschtig-Jass» alles wie gehabt?

Klar, werden wir uns weiterhin mit dem «Schnure» zurückhalten, wenn gejasst wird. Du weisst zudem, was Salzgeber als Moderator bringt und das wird sich nach 25 Jahren nicht ändern. Ich muss so sein, wie ich immer bin, also glaubwürdig und authentisch. Wenn du plötzlich beginnst, eine Rolle zu spielen, das funktioniert nicht. Natürlich werde ich ein paar Sachen, die nicht so gut gelaufen sind verändern, aber am Grundkonstrukt musst du nichts ändern. Das funktioniert.

Was steht 2020 für Sie in der Pipeline?

Es ist ein grosses Sportjahr. Mit Olympia, der Europa Meisterschaft, da bin ich gespannt, weil wir zweimal nach Baku gehen.

Ein volles Programm.

Ja, kürzlich bin ich morgens um 2 Uhr nach den «Sports Awards» total happy heimgefahren. Ich weiss, ich komme nach Hause in eine wunderbar funktionierende Familie, wo ich getragen werde. Das Gesamtpaket ist gigantisch. Ich mache beruflich das, was mich erfüllt und ich habe eine Familie, die hinter mir steht. Daneben bleibt aber zu wenig Zeit, um Freundschaften zu pflegen. Mit Kollegen eine Woche Golfen oder Skifahren gehen, das geht nicht.

Und fehlt das?

Nein, Mein Beruf gibt mir dafür die Möglichkeit, die Schweizer Nationalmannschaft zu begleiten. Klar, das sind natürlich keine Jugendfreunde, meine Aufgabe ist es, auf kritischer Distanz zu bleiben. Dabei bin ich viel mit Sascha Ruefer unterwegs, wir werden oft als Konkurrenten dargestellt, dabei sind wir uns sehr nahe. Ich habe meine Leidenschaft zum Beruf gemacht, kann die Schweizer Nationalmannschaft begleiten, und ich darf aussergewöhnliche Menschen interviewen. Mehr kann man nicht wollen.

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