«The Big Bang Theory» Abschied für die Super-Nerds – vielleicht sogar mit Nobelpreis

Marlène von Arx

16.5.2019

Nach zwölf Jahren verabschieden sich die liebenswürdigen, aber sozial tollpatschigen Wissenschaftler aus «The Big Bang Theory». Wie bereiten sie sich auf das Ende vor? «Bluewin» hat Sheldon und Co. auf dem Set besucht.

Es ist Dienstagabend, das bedeutet: Aufzeichnungstag von «The Big Bang Theory» in den Warner Bros. Studios in Burbank. Das Studiopublikum wird zu den Metalldetektoren geführt, wo Handtaschen durchsucht und die Handys konfisziert werden. Dafür bekommen sie ein kopiertes Faltblatt mit Infos zu Cast und Crew ausgehändigt. Auf den Sitzplätzen angekommen, empfängt sie Komiker Mark Sweet. Dessen Aufgabe ist es seit Beginn vor zwölf Jahren, die rund 150 Zuschauer in Stimmung zu bringen, bevor Sheldon, Leonard, Penny und der Rest der TBBT-Gang die Sets betreten. Die Sitcom-Lacher sollen ja live und nicht ab Band kommen.

Zuerst wird die vorgängige Episode auf den Monitoren vor der Zuschauertribüne abgespielt. Dann geht’s los mit Episode Nr. 271: «The D & D Vortex» handelt davon, wie sich die Protagonisten aus verschiedenen Beweggründen einen Platz in Wil Wheatons geheimem Promi-Spieleabend ergattern wollen. Die Cameo-Auftritte von William Shatner, Joe Manganiello («Magic Mike»), Filmemacher Kevin Smith und Basketball-Legende Kareem Abdul-Jabbar wurden offenbar bereits vorher aufgezeichnet. Aber es bleiben genügend Szenen in den bekannten, nebeneinander aufgereihten Sets, die zeigen, dass hier ein gut eingespieltes Team an der Arbeit ist.

Wie zu besten Sitcom-Zeiten

Nachdem das Schauspiel-Ensemble unter tosendem Applaus vorgestellt wird, nehmen Leonard (Johnny Galecki), Raj (Kunal Nayyar), und Howard (Simon Helberg) in der Cafeteria zum Mittagessen Platz und machen sich über einen Übelkeitsanfall von Sheldon (Jim Parsons) lustig, der sich später ebenfalls zu ihnen gesellt. Versprecher gibt es keine, mehr als zwei Takes braucht es während der ganzen Aufzeichnung nicht, und wenn doch, dann weil die Technik es verlangt.



Zwischen den Takes lässt sich Johnny Galecki von der Maskenbildnerin den Schweiss abtupfen, Simon Helberg ist darauf bedacht, dass seine Helm-Haare nicht verrücken, Kunal Nayyar tanzt zur Musik aus dem Lautsprecher, und Galecki spielt dazu Air Gitarre. Das Kantinen-Essen ist derweil mit Küchenpapier zugedeckt. Nach der Hälfte der einzuspielenden Szenen wird auch den Zuschauern Wasser und Pizza verteilt.

Hinter dem Bühnenvorhang wartet Mayim Bialik (Amy) auf ihren Einsatz und winkt ins Publikum – offenbar sind Freunde oder Verwandte von ihr unter den Zuschauern, die von so weit her wie Spanien, Brasilien und China angereist sind: Laura ist Physik-Lehrerin und kann sich mit Sheldon bestens identifizieren, James mag die Freundschaften in der Sitcom und schaut jene sonst immer mit seinen zwei besten Freunden an, und Leslie ist erst seit vier Jahren ein Fan, als sie die Serie im Unterhaltungsprogramm auf einem Flug entdeckte: «Ich schaute 16 Episoden am Stück. Es ist, als würde ich meinem Sohn und seinen Freunden zusehen.»

Nach knappen drei Stunden ist die Episode im Kasten. Zum Schluss wenden sich Johnny Galecki (Leonard) und Kaley Cuoco (Penny) direkt an die Tribünengäste: «Vielen Dank fürs Kommen und für Eure Unterstützung. Wir lieben Euch!»

«Wir hätten schon noch mehr geschafft»

Etwas mehr Einsicht in ihre Gefühle zur letzten Staffel geben Galecki, Cuoco und Parsons beim Interview. «Wir waren alle zusammen und weinten zuerst eine halbe Stunde, als wir erfuhren, dass dies unsere letzte Staffel sein würde», erinnert sich Kaley Cuoco. «Es dauerte etwa eine Woche, bis ich mich wieder eingerenkt hatte.»



In den Medien war zu lesen, Jim Parsons sei die treibende Kraft des Serien-Endes gewesen, aber das will Johnny Galecki so nicht stehen lassen: «Wir haben schon seit Jahren über das Ende gesprochen. Schon vor drei Jahren sagte der Serienschöpfer Chuck Lorre, er hätte die Zahl 12 als Anzahl Staffeln im Kopf. Niemand wollte laut darüber reden, aber es war Zeit, das Ende zur Sprache zu bringen. Wir waren uns alle einig und schlugen neue Verträge aus. Ich kann’s nur mit einem Road Trip vergleichen: Wir hätten wohl schon noch 200 Kilometer mehr geschafft, aber letztlich ist es besser, man nimmt die frühere Ausfahrt als die zu späte.»

Auch für die Bildung ein Erfolg

«The Big Bang Theory» ist mit einem Schlusstotal von 279 Episoden die am längsten laufende amerikanische Sitcom aller Zeiten und auch eine der erfolgreichsten. Sie machte Geeks und Nerds salonfähig und ihre Schauspieler zu Millionären. Physiker Stephen Hawking, Microsoft-Gründer Bill Gates und Schauspieler aus «Star Wars» und «Star Trek» traten als Gaststars auf. Und mit dem sich erneuernden Universitäts-Fond, den Cast und Crew 2015 ins Leben gerufen haben, hinterlässt «The Big Bang Theory» ein weiteres nachhaltiges Erbe, von dem bereits 35 minderbemittelte Naturwissenschaftsstudentinnen und -studenten finanziell profitieren konnten.

Mit dem erfolgreichen Spinoff «Young Sheldon» bleibt die ikonische Figur Sheldon Cooper vorderhand dem Fernsehpublikum zumindest in Kinderversion erhalten. Jim Parsons fungiert darin als Erzähler. Parsons, der als Dr. Sheldon Cooper zwölf Jahre lang meisterhaft auf dem schmalen Grat zwischen Witzfigur und Idol für Menschen mit Asperger-Tendenzen wandelte, ist wohl jenes Ensemble-Mitglied, das die Comedy-Serie am wenigsten vermissen wird: «Ich bin allgemein nicht überdurchschnittlich sentimental. Meine Mutter hat fast mehr Probleme damit, dass die Show endet. Aber sie wird es Dank der Wiederholungen, die ja dauernd laufen, überstehen.»

Als Souvenir würde er ihr gern das gestreifte Kissen aus Sheldons Sofa-Ecke schenken. «Zu den Proben durften wir es jeweils nicht verwenden, nur beim eigentlichen Dreh, denn scheinbar gibt es keinen Ersatz, und eine Kopie anzufertigen, das war offenbar unmöglich. Das macht es wohl sehr wertvoll.»

Autorin Marlène von Arx zusammen mit dem Cast von «The Big Bang Theory».
Autorin Marlène von Arx zusammen mit dem Cast von «The Big Bang Theory».
Marlène von Arx

Der Blick nach vorne

Die Pläne des Trios nach dem letzten «Big Bang»: Kaley Cuoco hat eine Produktionsfirma gegründet und will nun den Kriminalroman «The Flight Attendant» als Mini-Serie verfilmen. Jim Parsons zieht mit seinem Mann nach New York und produziert eine autobiographisch angehauchte Comedy-Serie über zwei exzentrische Mütter und ihre Familien in Texas. Und Johnny Galecki wird privat zum ersten Mal Vater, und nebenbei tritt er sporadisch in der Sitcom «The Conners» – wie der «Roseanne»-Reboot ohne Roseanne jetzt heisst –, auf.

Werden zuvor in der die Serie beendenden Doppelfolge Sheldon und Amy den Nobel-Preis gewinnen? Oder überlegt sich Penny – auf Wunsch von Kaley Cuoco – doch nochmals, ob sie Kinder haben möchte? Bald wissen wir's. Und vielleicht wird im Apartment-Block der Super-Nerds sogar noch der Lift geflickt – er ist seit der ersten Episode vor zwölf Jahren kaputt.

Am 16. Mai läuft in den USA die letzte Folge der beliebten Sitcom über die Bildschirme. Bei uns dürfte das Serienfinale diesen Sommer ausgestrahlt werden.

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