Plasma-Behandlung Neuartige Therapie soll chronische Wunden heilen

dpa

27.7.2020

Für die Studie wurde der Plasmajet kINPen® MED des Greifswalder Unternehmens neoplas tools verwendet.
Für die Studie wurde der Plasmajet kINPen® MED des Greifswalder Unternehmens neoplas tools verwendet.
Source: Jens Büttner, dpa

Menschen mit Diabetes leiden häufig unter offenen Wunden, die schlecht oder gar nicht heilen. Eine neue Studie gibt Betroffenen nun Grund zur Hoffnung. 

Vom diabetischen Fusssyndrom verursachte chronische Wunden können einer Studie zufolge durch eine Behandlung mit Kaltplasma schneller heilen. Die Plasma-Behandlung müsse zusätzlich zur Standardtherapie erfolgen, heisst es in der Studie, die im Juli im «Journal of the American Medical Association» (JAMA Network Open) publiziert wurde.

Wie das Greifswalder Unternehmen neoplas tools mitteilte, wurde dafür sein Plasmajet kINPen® MED verwendet, der gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie (INP) entwickelt wurde. Zur Plasmaherstellung wird das Edelgas Argon verwendet. Das Plasma hat nichts mit dem gleichnamigen flüssigen, zellfreien Bestandteil des Blutes zu tun.

Der Publikation zufolge wurde seit Langem vermutet, dass die Anwendung von kalten Plasmen den Heilungsprozess bei chronischen Wunden stimulieren und zu einem schnelleren Wundverschluss beitragen kann.

Klinisch belegt

Dieser Effekt wurde nun in einer klinischen Studie von Medizinern und Wissenschaftlern am Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen in Bad Oeynhausen sowie am Klinikum Karlsburg in Mecklenburg-Vorpommern klinisch belegt.

Dabei seien 62 durch den diabetischen Fuss verursachte Wunden bei 43 stationär behandelten Patienten untersucht worden. Die Wunden hätten trotz Standardtherapie drei Wochen lang keine Heilungstendenzen gezeigt.

Schlecht heilende Wunden am Fuss können eine Amputation nötig machen. 
Schlecht heilende Wunden am Fuss können eine Amputation nötig machen. 
Bild: Getty Images

Die Patienten wurden in zwei Gruppen von je 31 Wunden unterteilt. Nach 14-tägiger Behandlung hatte sich die Wundoberfläche bei den mit Kaltplasma behandelten Wunden im Mittel um 69,5 Prozent reduziert. In der Placebogruppe betrug die Reduktion 44,8 Prozent. Unter Kaltplasmabehandlung wurden damit 55 Prozent mehr Wundfläche verschlossen als bei alleiniger Standardbehandlung, wie es hiess.

Die Kaltplasmabehandlung sei schmerzfrei und gut verträglich. In der Studie seien keine Nebenwirkungen aufgetreten. Die Patienten sollen für fünf Jahre weiter beobachtet werden, um auch die langfristige Sicherheit der Behandlung bewerten zu können.

Neue Methode bewirkt schnellere Wundheilung

Die Unterschiede in der mikrobiellen Belastung der Wunden zwischen beiden Gruppen seien statistisch nicht signifikant gewesen. Der Forschungsleiter am Diabeteszentrum Bad Oeynhausen und Erstautor der Studie, Bernd Stratmann, sagte: «Atmosphärisches Kaltplasma besitzt einen eigenständigen Wundheilung-aktivierenden Effekt, der sich nicht allein durch die antimikrobielle Wirkung des Plasmas erklären lässt.»



Eine schnellere Wundheilung führe zu früheren Entlassungen der Patienten aus der Klinik, sagte der Direktor des Diabeteszentrums Bad Oeyhausen, Diethelm Tschöpe. Dadurch seien Kaltplasmabehandlungen auch gesundheitsökonomisch von Relevanz. Die Behandlung chronischer Wunden koste das Gesundheitssystem umgerechnet rund 10'000 Schweizer Franken pro Jahr und Patient.

In Deutschland leiden den Autoren der Studie zufolge etwa 900'000 Menschen an chronischen, das heisst schlecht oder gar nicht heilenden Wunden. Die Schweizerische Gesellschaft für Wundbehandlung (SAfW) geht davon aus, dass in der Schweiz etwa 1 Prozent der Bevölkerung unter einem sogenannten offenen Bein leidet.

Bei den über 80-Jährigen sind ungefähr 3 Prozent davon betroffen. Eine der häufigsten Ursachen chronischer Wunden ist das Diabetische Fusssyndrom. Etwa 80 Prozent aller in der Schweiz vorgenommenen Amputationen gehen darauf zurück.

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