Sieben Tage Regenwetter schlagen aufs GemütWar das jetzt eine Sommer-Depression oder nur miese Laune?
vab
17.6.2024
Seit Wochen ist das wechselhafte, triste Wetter Gesprächsthema Nummer eins. Sehnsüchtig wünschen sich Schweizer*innen den Sommer herbei. Wir fragen uns: Was macht die miese Wetterlage mit unserem Gemüt?
vab
17.06.2024, 04:30
17.06.2024, 08:03
Vanessa Büchel
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Dass das Wetter unsere Psyche direkt beeinflusst, ist bisher wissenschaftlich nur wenig untersucht worden.
Es gibt Studien, die zeigen, dass sowohl die Flirtbereitschaft als auch Hilfsbereitschaft höher ist, wenn die Sonne scheint.
Wenn die Tage im Sommer länger sind, kann das die Melaninproduktion unseres Körpers beeinflussen und zu Schlafstörungen führen.
Gesichter wie sieben Tage Regenwetter machen derzeit die meisten Schweizer*innen. Denn seit Wochen wird hierzulande über das anhaltend wechselhafte, für den Frühling untypisch verregnete Wetter gemotzt. Wenn die Sonne mal rauskommt, bleibt sie nicht allzu lange.
Seit Längerem geht darum ein schwermütiges Seufzen durch das Volk: Wann kommt endlich der Sommer?
Scheint draussen die Sonne, sind wir in der Regel gutgelaunt, und an regnerischen Tagen beklagen wir häufig unser eingetrübtes Gemüt. Hauptsächlich sind es die Extreme, die sich auf unser Gemüt auswirken. Auch starke Hitze kann die Psyche negativ beeinflussen, das zeigt unter anderem eine Untersuchung aus Australien. In deren Rahmen wurde festgestellt, dass es bei einer Temperatur von über 27 Grad zu mehr Hospitalisierungen von Menschen kommt, die bereits psychisch erkrankt sind.
Allgemein geht sonniges Sommerwetter nicht zwingend mit guter Laune einher. Denn genauso wie Menschen unter der Winterdepression leiden, gibt es auch die Sommerdepression, die bei warmem Wetter bei Betroffenen für Verstimmungen sorgt.
Wie wir das Wetter wahrnehmen, ist individuell. Und auch, wie gut wir es ertragen. So kommt es immer auch auf die persönlichen Lebensumstände, die genetische Veranlagung, die Schlafqualität oder die Qualität der sozialen Beziehungen an, wie «National Geographic» schreibt.
Eine wissenschaftlich fundierte Erklärung, welchen Zusammenhang das Wetter und unsere Psyche haben, gibt es noch nicht wirklich. Das Thema wurde bisher nur wenig untersucht.
Perfektes Wetter? «21 Grad und Sonnenschein»
In den Augen von Trevor Harley – ein britischer Psychologieprofessor, der vom Wetter geradezu besessen ist – soll es aber durchaus «das perfekte Wetter» für unsere Stimmung geben: «21 Grad und Sonnenschein», verrät er dem «Spiegel» in einem Interview.
Auch er betont, dass es individuell unterschiedlich sei, welches Wetter Menschen bevorzugen. «Es gibt auch Menschen, die es lieber mögen, wenn es etwas kühler und bewölkt ist. Aber die meisten Menschen gehören zu der Gruppe, die Sonne bevorzugt. Das ist auch leicht erklärbar. Wir brauchen Sonnenlicht, damit unsere innere Uhr richtig funktioniert. Wir brauchen Sonnenlicht, damit unsere Körper Vitamin D herstellen können und damit der Serotoninspiegel nicht zu tief sinkt», so Harley zum «Spiegel».
Schon Hippokrates war vom Wetter fasziniert
Seit jeher sind die Menschen vom Wetter und dessen Einfluss auf unseren Körper sowie Psyche fasziniert. So erforschte bereits Hippokrates um 400 v. Chr. mögliche Zusammenhänge. Er soll überzeugt davon gewesen sein, dass etwa heisse Luft Entzündungen auslösen könne. Aber genau so dachte er, dass kalte Luft Krämpfe und Koliken auslöst.
Hippokrates soll ausserdem die Meinung vertreten haben, dass die Sonne Einfluss auf unsere Laune hat.
Immer wieder sprechen wir von Wetterfühligkeit. Während ein Sturm aufzieht, klagen die einen über Kopfweh, die anderen glauben, Wetterumschwünge in ihren Gelenken zu spüren.
Die steigende Laune bei gutem Wetter wollte auch eine Studie aus Dänemark untersuchen. Mit deren Ergebnissen zeigte sich, dass Menschen glauben, an wolkigen Tagen mehr depressive Verstimmungen wahrzunehmen als an sonnigen Tagen. Die Selbsteinschätzung offenbarte aber auch, dass Regenwetter bei genauso vielen Befragten für keine schlechtere Laune sorgte.
Sonne lässt Menschen mehr flirten
Mit dem guten Wetter steigt auch die Flirtlaune, wie eine Studie belegt, die vom Sozialpsychologen Nicolas Guéguen von der Université de Bretagne-Sud in Vannes, Frankreich, durchgeführt wurde. Im Jahr 2013 im Fachblatt «Social Influence» erschienen, zeigt die Untersuchung auf, dass Männer bei Sonnenschein mehr Erfolge erzielen.
Für den Versuch wurden mehrere junge Männer losgeschickt, um Frauen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren anzusprechen. Das Ziel: Telefonnummern zu bekommen. Die Ergebnisse zeigten, dass bei Schlechtwetter die Erfolgsquote bei nur 14 Prozent, während sie bei Sonnenschein bei 22 Prozent lag.
Nicht nur die Flirt-, sondern auch die Hilfsbereitschaft soll laut dem Psychologen Michael Cunningham von der University of Louisville im US-Staat Kentucky deutlich grösser sein, wenn das Wetter gut ist. Das belegte er mit seiner 1979 veröffentlichten Studie.
Für seine Arbeit stellte er einen Vergleich mit 540 Passanten an. Er erforschte, wie unterschiedlich hilfsbereit die Teilnehmenden im Sommer und Winter sind. Und tatsächlich erwies sich, dass die Teilnehmenden häufiger bereit waren, zu helfen, wenn die Sonne schien.
Melaninproduktion im Sommer durch längere Tage verändert
Schlussendlich ist es wie verhext: Menschen regen sich auf, wenn es zu kalt ist, aber auch, wenn es zu heiss ist. Wenn es zu viel regnet, ist das nicht gut, wird man ständig von der Sonne geblendet, ist das ebenfalls ein Grund, sich zu beschweren.
Neben all den psychischen Auswirkungen, die das Wetter möglicherweise auf uns hat, beeinflusst es aber vor allem auch unseren Körper. Wenn es warm ist, schwitzen wir, wenn wir kalt haben, zittern wir. Ausserdem hat die Sonne, beziehungsweise die Lichtverhältnisse, Einfluss auf unsere Melaninproduktion.
Das heisst, unser Schlaf-Wach-Rhythmus oder besser gesagt unsere innere Uhr wird davon beeinflusst, wie viel Licht wir ausgesetzt sind. Durch die längeren Tage im Sommer kann es dazu kommen, dass der Botenstoff Melatonin möglicherweise gestört und dessen Ausschüttung gedrosselt wird. Was wiederum zu innerer Unruhe sowie Schlafstörungen führen kann.
So oder so, das Phänomen Wetter beschäftigte die Menschheit schon immer und wird es auch weiterhin tun. Ob wir jemals damit aufhören werden, darüber zu klagen? Einfluss auf Petrus Entscheidungen haben wir, wie man es auch dreht und wendet, aber sowieso nicht.
Mehr Videos zum Thema Wetter
Bis über 40 Grad: Schulen in Griechenland geschlossen
Wegen einer mehrtägigen Hitzewelle mit örtlich bis über 40 Grad bleiben am Mittwoch viele Schulen des Landes geschlossen Wer kann, ist vom Arbeitsministerium angehalten, im Homeoffice zu arbeiten