Versunkene Orte Ein Atlas der Legenden: «Von Inseln, die keiner je fand»

Theresa Münch, dpa

5.3.2018

Schon ihre Namen lassen die mythischen Geschichten dahinter erahnen: Atlantis und Thule, Fusang und Aurora. Doch niemand kann diese sagenhaften Inseln mehr finden. Der Schotte Malachy Tallack erzählt von einigen der merkwürdigsten Orte der Welt.

400 Jahre lang waren die Los Jardines auf den Seekarten eingezeichnet, im Westpazifik, irgendwo in der Nähe der Marschallinseln. Als Inseln mit Kokosnüssen und stark tätowierten Eingeborenen wurden sie beschrieben.

An ihrer Existenz wurde kaum gezweifelt, auch wenn sie im Laufe der Jahre auf den Karten immer mal ihre Grösse und Lage änderten. Doch erst 1973 stellte sich heraus: Die Los Jardines existieren überhaupt nicht.

Phantastische, versunkene Orte

Der schottische Autor und Singer-Songwriter Malachy Tallack hat noch zwei Dutzend weitere solcher Inseln gefunden: Phantastische, versunkene Orte, teils am vermuteten Ende der Welt, um die sich Mythen und Legenden ranken, die - wie sich später herausstellte - allerdings überhaupt nicht existierten. In «Von Inseln, die keiner je fand» erzählt er ihre Geschichten.

Angeblich versunken: Atlantis.
Angeblich versunken: Atlantis.
Getty Images

Das angeblich versunkene Atlantis darf darin natürlich nicht fehlen. Faszinierender aber sind die Auroras im Südatlantik, die 1762 von einem Walfänger entdeckt und später von renommierten spanischen Wissenschaftlern untersucht wurden.  Ab 1856 aber hat kein Schiff sie je wieder gefunden. Bis heute, so schreibt Tallack, gebe es keine Erklärung für ihr Auftauchen und Wiederverschwinden.

Er beschreibt antarktische Inseln, die sich erst 1990 bei einem Helikopterflug als falsch herausstellten. Und die Insel Frisland im Nordatlantik, die bis weit ins 17. Jahrhundert in Seekarten verzeichnet war, aber wahrscheinlich nur in der Fantasie eines politisch mächtigen Italieners existierte.

Die Meere seien voll von solchen Orten, die «entdeckt», aber später nie wieder gefunden worden seien, meint Tallack. «Weg-entdeckt», nennt der Schotte das in seinem wunderbar illustrierten Buch, das zum Stöbern in Mythen und zum literarischen Insel-Hopping einlädt. Man muss es nicht von Anfang bis Ende verschlingen, sondern kann ganz nach Lust und Laune immer mal wieder eintauchen.

Jahrhundertelang auf Seekarten

Auf die Frage, warum diese Inseln jahrhundertelang auf den Seekarten auftauchen, kann der Autor nur spekulieren. Unzulänglichkeiten bei der Navigation und optische Täuschungen beispielsweise in der Antarktis zwischen grossen Eisbergen könnten Erklärungen sein, meint er. Einiges sei offenkundig aber auch absichtlich erfunden worden, im Streben nach Ruhm und Ansehen und dem vermeintlichen Wissen, dass sowieso niemals jemand würde nachprüfen können.

Tallack bedauert ein wenig, dass viele der imaginären Inseln inzwischen aus den Karten gestrichen wurden. Sie sagten etwas über die Sicht der Menschen auf die damalige Welt aus, schreibt er. Wie die Insel Thule, die man in der Antike für das nördliche Ende der Welt hielt. Möglicherweise sei der Entdecker in Wahrheit auf den Shetland-Inseln gewesen, wo Tallack seine Kindheit verbrachte. Sein Vermächtnis sei nicht die Entdeckung einer Insel gewesen, sondern «die Schaffung eines Raumes, der mehr als zwei Jahrtausende lang mit Träumen vom Norden ausgefüllt worden ist».

Dass diese mystischen Legenden nicht immer Produkt veralteter Navigation und längst vergangener Epochen sind, zeigt die letzte Geschichte: Die Sandy Islands im Korallenmeer zwischen Australien und Neukaledonien tauchten sogar bei Google Maps auf, Google Earth zeigte an dieser Stelle nur mysteriöses schwarz - bis ein australisches Schiff 2012 hinfuhr und auch diesen schwarzen Fleck von der Karte löschte.

Buchhinweis: Malachy Tallack (Text) / Katie Scott (Illustrationen): Von Inseln, die keiner fand, Theiss Verlag - WBG, 144 Seiten, ab 31.90 Fr., ISBN 978-3-8062-3675-0

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