Sie wollen geheimnisvoll und verrucht sein – doch verboten sind die Speakeasies im New York von 2020 nicht mehr.
Auch zu finden sind die Kneipen, die im Stil der illegalen Bars der Zwanzigerjahre gestaltet sind, heute problemlos: dank dem Internet. Und dennoch erlebt die Speakeasy-Kultur derzeit einen Boom.
Viele dieser modernen Flüsterkneipen haben immerhin mit netten Details und originellen Drinkkreationen auch wirklich Charme. Nur die Preise sind anno 2020 natürlich weitaus höher als vor hundert Jahren.
Trinken wie zu Zeiten der Prohibition
Sie wollen geheimnisvoll und verrucht sein – doch verboten sind die Speakeasies im New York von 2020 nicht mehr.
Auch zu finden sind die Kneipen, die im Stil der illegalen Bars der Zwanzigerjahre gestaltet sind, heute problemlos: dank dem Internet. Und dennoch erlebt die Speakeasy-Kultur derzeit einen Boom.
Viele dieser modernen Flüsterkneipen haben immerhin mit netten Details und originellen Drinkkreationen auch wirklich Charme. Nur die Preise sind anno 2020 natürlich weitaus höher als vor hundert Jahren.
Als in den USA vor 100 Jahren der Alkohol verboten wurde, veränderte sich das Land – nur wurde es nicht trocken. In illegalen Bars ging das Trinken munter weiter. Diese Speakeasies erleben heute eine Renaissance.
In der Ferne funkelt das Chrysler Building durch die New Yorker Nacht, in einer düsteren Seitenstrasse in Manhattan stapeln sich Kehrichtsäcke und Kartonschachteln. Eine unscheinbare, graue Tür im Schatten eines Metallgitters trägt die Buchstaben «AB».
Hier muss es sein. Es gibt keinen Griff, das Klopfen wird von gedämpftem Stimmengewirr geschluckt – so ähnlich muss es bereits vor 100 Jahren gewesen sein, als illegale Bars zum Teil der amerikanischen Kultur wurden.
Anfang des 20. Jahrhunderts kämpfte ein Bündnis von Alkoholgegnern in den Vereinigten Staaten dafür, Bier und Schnaps den Garaus zu machen. Gegen den Willen vieler Bierbrauer waren sie schliesslich erfolgreich: Am 16. Januar 1919 wurde die Prohibition ratifiziert. Ein Jahr später, im Januar 1920, trat das Verbot von Herstellung, Transport und Konsum von Alkohol dann in Kraft.
Frauen waren für das Verbot
«Der vorrangige Anlass der Bewegung war das exzessive Trinken vor allem unter Männern», erklärt Daniel Okrent, der ein Buch über die Prohibition geschrieben hat. Vor allem Frauen hätten das Verbot unterstützt – sie wurden zu Opfern der Sauferei ihrer Ehemänner, wenn diese ihre Jobs verloren, Krankheiten mit nach Hause brachten oder gewalttätig wurden.
Die Prohibition sollte das ändern. Doch statt der Trockenlegung der Staaten ging der Stern der inoffiziellen Kneipen auf. Deren Name der Speakeasies sagt schon alles: «speak easy», «Sprich leise»!
Zurück im Manhattan von heute. Es dauert ein bisschen, aber dann schwingt die Tür auf und eine junge Frau kommt aus dem «Attaboy». Sie spricht schneller, als andere denken können. Danke für das Interesse, aber im Moment sei alles voll. «Ich kann dich aber anrufen, wenn sich das ändert». Kein Wunder, sind doch die Speakeasies im 21. Jahrhundert in New York so beliebt wie früher.
Es gibt Dutzende, wenn nicht Hunderte dieser «geheimen» Bars in der US-Ostküstenmetropole, ihr Revival verspricht den Besuchern eine besonders intime Atmosphäre. Einen versteckten Ort mitten in der Metropole. Einige liegen in Wohnungen von Apartmentblöcken, in andere gelangt man durch ein Restaurant oder nur mit Passwort. Voll sind sie meistens trotzdem.
Schliesslich klingelt das Handy und der Zugang zum «Attaboy» wird gewährt. Hinter der hölzernen Bar ist noch ein Hocker unter einer Reihe von Funzeln frei. An der Wand drängen sich die Flaschen, deren bernsteinfarbene Flüssigkeiten im Kerzenlicht flackern. «Wie geht’s dir, Bruder?», fragt der Mann hinter der Bar. Dann haut er mit einem kleinen Meissel auf einen Eisklotz ein, um ihn auf die Masse des Glases zu stutzen.
Trockenlegen klappte nicht
Das «Attaboy» ist auf jeden Fall kein Ort, um dämlich grinsend Selfies zu machen. Es will nebulös, verwegen und stilvoll sein. Wie auch die Konkurrenz. So überrascht die Badewanne im «Bathtub Gin» genauso wenig wie die Porzellantassen, aus denen man im «Back Room» seine Drinks schlürft.
In den «Roaring Twenties», den «donnernden 20er-Jahren», schätzte die New Yorker Polizei die Zahl der Speakeasies in der Stadt auf 32'000. «Jeder, der Alkohol trinken wollte, hatte kein Problem, welchen zu finden», erklärt Experte Okrent. Auch wenn der Konsum mit der Prohibition um etwa 30 Prozent zurückging, liessen sich die USA mit damals bereits mehr als 100 Millionen Menschen nicht einmal annähernd trocken legen.
Stattdessen kam bedeutender Wandel auf gesellschaftlicher Ebene: Während Frauen die Kneipen vorher nicht besuchen konnten, war in den illegalen Bars jeder willkommen. Auch die Musik hielt Einzug in die Trinkstuben: Okrent zufolge markierten die Speakeasies ebenfalls den Beginn des Jazz-Zeitalters.
Polizisten bestechen ging auch
Gegenüber ihren historischen Vorbildern sind die Speakeasies der Neuzeit aber wenig authentisch. «Die Speakeasy-Kultur, die heute beliebt ist, basiert auf den Vorstellungen Hollywoods», sagt der Buchautor. Tatsächlich hätten viele Bars sich trotz Prohibition gar nicht verstecken müssen. «Sie mussten einfach nur die örtlichen Polizisten bestechen, was einfach war.»
Die Korruption blühte damals genauso wie die illegale Produktion und Verteilung von Alkohol, legendäre Gangster wie Lucky Luciano, Meyer Lansky, Frank Costello und Al Capone machten Karriere. Vor allem deshalb wuchs der Widerstand gegen die Prohibition.
Dazu kam, dass angesichts der Wirtschaftskrise dringend Einnahmen aus einer Alkoholsteuer gebraucht wurden. Am 5. Dezember 1933 – nach rund 13 Jahren – begrub der Kongress die Prohibition schliesslich wieder.
Die Speakeasies im Jahr 2020 sind eher Speakeasy-Themenbars. Sie sehen geheim aus, sind aber mithilfe des Internets einfach zu finden. Eine nette Illusion nach Feierabend, ein Disneyworld für Trinker.
Charme haben sie trotzdem. Der Eisbrocken im Glas ist merklich eingeschmolzen, der Gin-basierte «Cavalier» ist vom Gaumen in den Kopf gestiegen. Die Rechnung kommt in Schreibschrift auf einer Karteikarte: «Ein 19-Dollar-Drink» steht drauf. Auch das war vor 100 Jahren anders.
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