Swisscom NachhaltigkeitsblogLive-Übersetzung in Gebärdensprache – die Krise macht’s möglich
Von David Rossé
20.5.2020
In jeder Krise steckt eine Chance: Die Pressekonferenzen des Bundesrates zur Corona-Pandemie sind die ersten Sendungen im Schweizer Fernsehen, die live und auf dem Hauptsender in Gebärdensprache übertragen werden.
Das SRF hatte vermutlich noch nie an Mittwochnachmittagen um 16 Uhr so viele Zuschauerinnen und Zuschauer wie während der Corona-Krise. Die halbe Schweiz sass in den ersten Wochen der Lockdown-Massnahmen jeweils vor dem Fernseher oder schaute online zu, wenn der Bundesrat über die neuesten Massnahmen informierte.
Das zeigt, wie wichtig diese Nachrichten für jede einzelne Person in der Schweiz sind. Alle sollen informiert sein. Das bedingt, dass auch wirklich alle Zugang zu den Informationen haben. Auch Menschen mit einer Beeinträchtigung, zum Beispiel gehörlose Personen.
Die Dolmetscherinnen sind bei den Pressekonferenzen des Bundesrates zu Corona direkt im Bild eingeblendet. Sie übersetzen das gesprochene Wort live in die Gebärdensprache. Das ist eine Neuheit auf SRF 1.
«Dass gehörlose Menschen diese Pressekonferenzen jetzt auf dem gleichen Kanal schauen können, wie alle anderen, ist ein wichtiger Schritt. Sie befinden sich so mit den Hörenden auf Augenhöhe», meint Gabriela Hauswirth, Dolmetscherin für Gebärdensprache bei der Stiftung Procom.
Morgen Donnerstag, am 21. Mai, findet zum neunten Mal der Global Accessibility Awareness Day. An diesem Tag soll auf Menschen aufmerksam gemacht werden, die aufgrund einer Beeinträchtigung einen erschwerten Zugang zur digitalen Welt haben. Zu diesem Anlass haben wir uns mit Gabriela Hauswirth über die Gebärdensprache unterhalten.
Frau Hauswirth, wie funktioniert Gebärdensprache?
In Gebärdensprache können sich gehörlose Personen grundsätzlich gleich differenziert ausdrücken, wie hörende Menschen in jeder anderen Sprache. Ganze Begriffe werden in Gebärden ausgedrückt, also einer Bewegung und einem Zeichen, das mit den Händen im Bereich vor der Brust «gebärdet» wird. Dabei gibt es nicht für jede Gebärde ein deutsches Wort und nicht jedes Wort entspricht genau einer Gebärde. Ergänzend dazu gibt es ein Alphabet, das mit einer Hand gezeigt wird. Es wird für Orts- und Personennamen benutzt, oder, wenn eine Gebärde fehlt. Ebenfalls ergänzt werden die Gebärden durch Mimik und Mundbilder oder -formen.
Wer bestimmt, wie die Gebärde für einen bestimmten Begriff aussieht?
Die Gebärdensprache ist eine kulturelle Leistung der gehörlosen Menschen. Es gibt keine Instanz, die das einfach bestimmt. Eine neue Gebärde entsteht auf die gleiche Art und Weise, wie sich in anderen Sprachen neue Wörter bilden. Die Community tauscht sich darüber aus, wie man einen Begriff, der zurzeit viel gebraucht wird, als Gebärde formulieren könnte. Der Schweizerische Gehörlosenbund führt ein Lexikon mit Gebärden in allen drei Landesgebärdensprachen. Hat sich eine Gebärde in der Community etabliert, wird sie ins Lexikon aufgenommen.
Gebärdensprache
Der Schweizerische Gehörlosenbund SGB führt ein Lexikon mit Gebärden in allen drei Gebärdenlandessprachen.
Wenn neue Gebärden gesucht werden, kann man sich an ganz unterschiedlichen Aspekten orientieren. Die Gebärde für Daniel Koch entstand aufgrund seiner grossen, schlanken Statur, seinen spitzen Ohren und dem Anfangsbuchstaben seines Nachnamens: «K».
Weshalb können gehörlose Menschen nicht einfach Untertitel lesen?
Die Gebärdensprache funktioniert von der Struktur her ganz anders und hat auch eine eigene Grammatik. Das geschriebene Wort ist für gehörlose Personen effektiv eine Fremdsprache. In der Gebärdensprache gibt es Zeitlinien, Raum- und Übereinstimmungsverben im Gegensatz zu unseren Vergangenheitsformen, Fällen und Konjugationen. Zwar lernen in der westlichen Welt alle gehörlosen Menschen lesen und schreiben, jedoch bleibt es immer eine Herausforderung und ist sehr anstrengend.
Wie sieht es mit Lippenlesen aus?
Lippenlesen ist sehr anspruchsvoll und in der Regel sind nur 30 Prozent der Sprache von den Lippen ablesbar. Der Rest muss aus dem Kontext interpretiert werden. Auch diese Variante der Verständigung ist für gehörlose Personen daher sehr anstrengend.
Dank Smartphone und Co. kann man sich jetzt ja aber viel einfacher schreiben.
Natürlich, das erleichtert einiges. Aber aus den oben erwähnten Gründen schreiben gehörlose Menschen auch nicht besonders gerne. Wann immer möglich suchen sie den visuellen Kontakt. Auch untereinander wird eher über Videotelefonie kommuniziert als geschrieben.
Was hat die Gebärdensprache mit der Corona-Krise zu tun?
Die Community der gehörlosen Personen setzt sich andauernd dafür ein, dass gehörlose Personen immer besser integriert werden. In einer Krisensituation geht dann plötzlich einiges. Die Tagesschau wird zwar bereits seit 2008 live in Gebärdensprache übersetzt, was natürlich sehr fortschrittlich ist. Allerdings auf einem anderen Kanal. Das Novum besteht darin, dass es auf dem gleichen Kanal gezeigt wird, wie für alle anderen Personen. Das ist für gehörlose Menschen unheimlich wertvoll und wertschätzend. Andererseits sehen natürlich alle Hörenden die Dolmetscherinnen, wodurch der Rest der Bevölkerung für das Thema sensibilisiert wird.
Worauf sollte man als Hörende achten, wenn man sich mit einer gehörlosen Person unterhält?
Hilfreich für die gehörlose Person ist, wenn das Gegenüber Hochdeutsch spricht, deutlich formuliert, sich in einfachen Sätzen ausdrückt und die Erzählung mit Gesten ergänzt. Wichtig ist auch, dass die gehörlose Person nicht auf ihre Gehörlosigkeit reduziert wird und man sich auch für die Person an sich interessiert. Gleichzeitig ist es für die Hörenden eine grosse Bereicherung, einmal in die Gebärdensprache hineinzuschnuppern. Das kann sehr befreiend sein.
Warum?
In der Gebärdensprache sind Mimik und Ausdruck extrem wichtig. Sprechende Personen sehen im Gegensatz zu Menschen, die sich in Gebärdensprache unterhalten, beinahe gelangweilt aus. Unterhalten sich zwei Menschen in Gebärdensprache, wirken sie meist hemmungslos und ungezwungen. Diese Hürde zu überwinden, so gross zu gestikulieren und mit dem Gesicht so stark zu mimen, tut gut.
Unterstützen gehörlose Menschen: Procom und Swisscom
Die Stiftung Procom unterstützt gemeinsam mit Swisscom gehörlose Menschen mit Kommunikationshilfen im Alltag, zum Beispiel mit einem kostenlosen VideoCom-Dienst. Dank diesem telefonieren gehörlose Menschen in Gebärdensprache – auch wenn das Gegenüber diese nicht versteht: Die gehörlose Person ruft mit ihrem Smartphone, Tablet oder Videotelefon die VideoCom-Vermittlung von Procom an. Eine Dolmetscherin oder ein Dolmetscher stellt die gewünschte Verbindung mit einer hörenden Person her. Sind beide in der Leitung, wird simultan zu beiden Seiten übersetzt.
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Tödliches Gift: Der Wunderbaum (Ricinus communis) gilt mit seinen Früchten als giftigste Pflanze auf der Erde. Das Endosperm der Samen ist stark giftig, da es das toxische Eiweiss Rizin enthält. Rizin ist eines der potentesten natürlich vorkommenden Gifte überhaupt. Der Tod tritt unbehandelt durch Kreislaufversagen etwa 48 Stunden nach der Vergiftung ein. Der Wunderbaum ist in Ost- und Westafrika beheimatet, wird
Bild: iStock
Gross, grösser, am grössten: Der Riesenmammutbaum (Sequoiadendron giganteum) im Westen der USA ist das massivste beziehungsweise voluminöseste bekannte Lebewesen der Welt. Der immergrüne Baum kann bis zu 95 Meter hoch und einen Stammdurchmesser von 17 Meter haben.
Bild: iStock
Kletternder Parasit: Mit einem Durchmesser von über einem Meter bildet die Riesenrafflesie (Rafflesia amoldi) die grösste Einzelblüte. Allerdings existiert die gigantische Blüte der Kletterpflanze nur wenige Tage, dann zerfällt das rote, nach Aas riechende Organ. Zurück bleibt ein Haufen schwarzen Schleims.
Bild: iStock
Blüte mit Heizung: Naht die Blütezeit, macht die Titanwurz eine erstaunliche Verwandlung durch: Bis zu zehn Zentimeter am Tag schiesst ihr gigantischer Blütenstand nach oben. Und um Insekten für die Befruchtung anzulocken, verströmt das Fortpflanzungsorgan einen Aasgeruch und heizt sich auf 36 Grad Celsius auf.
Bild: Getty Images
Königin der Anden: Die Riesenbromelie (Puya raimondii) ist die weltweit grösste Bromelie, mit mehr als zehn Metern Höhe. Sie hat auch eine der grössten Blütenstände aller Pflanzen und ist eine vom Aussterben bedrohte Art, die in den Anden in Peru und Bolivien beheimatet ist.
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Ganz schön alt: Der Riesen-Eukalyptus (Eucalyptus regnans) wächst als immergrüner Baum, der ein Alter von etwa 400 Jahren erreichen kann. An bevorzugten Standorten kann er Wuchshöhen von 65 Metern in 50 Jahren erreichen. Er gilt als der höchste Laubbaum der Welt, möglicherweise sogar als der höchste Baum überhaupt. Bei einem 1872 gefällten Exemplar wurden 132 Meter an Höhe gemessen.
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Königlich stark: De Riesenseerose Victoria ist wohl eine der eindrucksvollsten Pflanzen auf dem blauen Planeten überhaupt. Mit bis zu drei Metern hat sie den grössten Blattdurchmesser. 1840 entdeckt vom Botaniker Richard Schomburgh, wurde sie benannt nach Queen Victoria. Viele Botanische Gärten bauten in der Folge eigene Victoria Häuser.
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Gefiederte Blätter: Die Raphia-Palme ist vorwiegend im tropischen Afrika beheimatet. Ihre Blätter gelten mit bis zu 25 Meter Länge als die grössten im Pflanzenreich. Sie sind nicht nur sehr gross, sondern auch gefiedert und bleiben nach dem Absterben an der Pflanze.
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Schweres Früchten: Der Jackfruchtbaum (Artocarpus heterophyllus) ist in Indien beheimatet. Er bekommt, wenn man von Zuchterfolgen wie Riesenkürbisse und dergleichen einmal absieht, die schwersten Früchte. Sie können mehr als 30 Kilogramm wiegen.
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Über 4000 Jahre alt: Im Patriarch Grove in den White Mountains in Kalifornien stehen 17 Exemplare der Langlebigen Kiefer (Pinus longaeva), die über 4000 Jahre alt sind. Ein Baum, dessen Alter von 4700 Jahren durch Auszählung der Jahresringe in einem kleinen Bohrkern bestimmt wurde, trägt den Namen «Methuselah». (Archivbild)
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Fast 10'000 Jahre alt: Über die älteste individuellen Lebewesen wird, je nach Definition, gestritten. Aber eine Pflanze ist es auf jeden Fall: Eine Gemeine Fichte (Picea abies) in Schweden, deren Stamm viel jünger ist, konkurriert mit den Langlebigen Kiefern. Sie geht aus Wurzelwerk hervor, das seit etwa 9600 Jahren existieren soll.
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Affen-Gesicht: Wer die Dracula simia ansieht, wundert sich wahrscheinlich nicht, warum sie den Beinamen Affen-Orchidee trägt. Viel Fantasie um das Gesicht eines Primaten zu erkennen, braucht es nicht. Die Pflanze wächst in 300 bis 600 Meter Höhe in Peru und Ecuador und duftet nach Orange.
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Klein, aber hübsch: Die Wurzellose Zwergwasserlinse (Wolffia arrhiza) gilt als kleinste Blütenpflanze über- überhaupt. Ihre Blüten sind für das menschliche Auge unsichtbar. Der Pflanzenkörper selbst ist maximal 1,5 Millimeter lang. Und übrigens: Sie ist als Aronstabgewächs mit der Titanwurz recht eng verwandt.
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