Alternative zu Zug und Flug Günstig reisen: Mit dem Fernbus durch Europa

dpa/tsha

12.1.2020

Ein Flixbus in London: Der Anbieter ist in vielen Ländern Europas unterwegs.
Ein Flixbus in London: Der Anbieter ist in vielen Ländern Europas unterwegs.
Bild: FlixMobility/dpa

Europa lässt sich auch ohne Flugzeug, Bahn oder eigenes Auto entdecken, und das ziemlich günstig – mit einem Fernbus. Doch die Busreise kann nicht nur wegen der Fahrzeit unangenehm werden.

Das Zugticket war teuer, der nächste Flughafen zu weit weg, ausserdem stand kein Auto parat – doch das Wochenende im belgischen Antwerpen wollte sich Anja Beckmann trotzdem nicht entgehen lassen. Die deutsche Reisebloggerin begab sich auf die Suche nach einer schnellen, preiswerten und umweltfreundlichen Alternative. Nach einer kurzen Recherche hatte sie die Lösung: ein Fernbus.

Mit der Bahn hätte Beckmann zweimal umsteigen müssen. Der Reisebus von Flixbus fuhr direkt von ihrem Wohnort Mönchengladbach bis Antwerpen durch – und zwar für 20 Euro hin und zurück.

Europa mit dem Fernbus erkunden? Das klingt für viele Reisende kompliziert. Vielleicht denkt die eine oder der andere noch an eine Jugendreise an die Costa Brava oder zum Balaton. Da sass man einen halben Tag im Bus, mindestens. Doch sehr anstrengend.

Anja Beckmann in Südfrankreich: Die Bloggerin reist gerne mit dem Fernbus.
Anja Beckmann in Südfrankreich: Die Bloggerin reist gerne mit dem Fernbus.
Bild: Melanie Zanin/dpa

Flixbus ist Marktführer

Tatsächlich sind heute noch viel mehr Reiseziele im europäischen Ausland gut mit dem Fernbus erreichbar. Mit Abstand Marktführer ist Flixbus mit einem grossen internationalen Streckennetz. Der Anbieter hat 2019 den kleinen Konkurrenten Eurolines übernommen. Daneben relevant sind Blablabus, IC Bus von der Deutschen Bahn und Regiojet. Auf Vergleichsseiten können sich Reisende darüber informieren, welche Ziele angefahren werden.

Die Tickets erhält man am schnellsten online oder per App. Bereits von zu Hause aus lassen sich alle Fahrten für die Europareise buchen. Wer lieber spontan entscheidet, wohin es als Nächstes gehen soll, kann auch erst unterwegs buchen. Dann müssen Passagiere aber mit eingeschränkter Auswahl rechnen. Und wer einen günstigen Preis erwischen will, sollte so früh wie möglich buchen.

Ein paar Euro lassen sich ausserdem sparen, wenn man zu eher weniger beliebten Abfahrts- oder Ankunftszeiten bucht. Ab 27,50 Franken kommt man so zum Beispiel von Zürich nach Paris. Bei der Buchung zählen aber nicht nur Preis und Abfahrtszeit, sondern auch Fahrdauer und Zahl der Umstiege. Oft sind Strecken mit einer langen Fahrtzeit aufgrund mehrerer Umstiege günstiger als eine Direktverbindung.

Kombi-Angebot für fünf Reiseziele

Flixbus macht für Europareisen das Angebot «InterFlix»: Für 99 Euro lassen sich fünf Städte in ganz Europa kombinieren, unabhängig davon, wie weit Start- und Zielort voneinander entfernt liegen. Auch der Flixtrain, das Zugangebot von Flixbus, kann genutzt werden.

Eurolines bietet ausserdem verschiedene Sparpreise, etwa für Studenten und Gruppenreisen. Blablabus mit Sitz in Frankreich deckt ebenfalls Routen in ganz Europa ab, ein spezielles Kombi-Angebot für Europa-Reisen gibt es bislang aber nicht.

Wer sich für einen Fernbus entscheidet, hat unterwegs viel Zeit, den Aufenthalt vor Ort zu planen. In den Bussen gibt es in der Regel Steckdosen und kostenloses WLAN. Bei Flixbus und Blablabus lassen sich vorab kostenpflichtig bestimmte Sitzplätze reservieren. Generell ist aber jedem Passagier ein Sitzplatz garantiert.

Es stimmt natürlich: Viele Reisen mit dem Fernbus dauern lange, gerade im Vergleich zum Flieger. Sie haben aber auch einen Vorteil: «Am Zielort wird man meistens mitten in der Stadt rausgelassen und landet nicht ausserhalb am Flughafen», sagt Beckmann. So spart man die Kosten für den Flughafentransfer. Und gerade Billigflieger steuern oft Flughäfen an, die weit ausserhalb der Metropolen liegen.

Nichts für strikte Zeitpläne

Ein Europa-Trip mit dem Fernbus hat auch seine Nachteile. Zum einen ist zeitliche Flexibilität gefragt. Verspätungen sind recht häufig, weil der Bus immer mal länger im Stau stehen kann.

Ein weiteres Problem ist verlorenes Gepäck. «Die meisten Unternehmen zwingen die Passagiere, ihr Gepäck im Frachtraum zu lagern», sagt Johannes Parwulski, Jurist beim Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ). Die Frachträume sind jedoch nicht einsehbar und werden bei Zwischenstopps geöffnet, damit die Aussteigenden ihr Gepäck entnehmen können. Dabei kommt es häufig zu Diebstählen.

Reisende können dann zwar Schadenersatz fordern. Sie müssen aber nachweisen, welche Wertgegenstände sich im Koffer befanden. Daher Laptop, Kameras und wichtige Dokumente besser gleich im Handgepäck am Platz verstauen. Wenn das Unternehmen bei verlorenem Gepäck eine Entschädigung ablehnt, können Reisende sich an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Nahverkehr wenden. Ausserdem gelten in allen EU-Mitgliedsstaaten die Busgastrechte.

Doch nicht nur Gepäck geht verloren – sondern auch Fahrgäste. «Es gibt auch Fälle, wo Busse nach Pausen ohne alle Passagiere wieder abfahren», sagt Parwulski. Denn die Busfahrer müssen regelmässig Stopps einlegen, um ihre Ruhezeiten einzuhalten.

Reisen ohne Toilette

In der Zeit kann man sich kurz die Beine vertreten oder auf dem Rastplatz zur Toilette gehen. Die Toilette im Bus wird auf langen Strecken oft gesperrt, weil sie nur eine begrenzte Kapazität hat und während der Fahrt nicht geleert werden kann. «Gerade für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen sind Fernbusreisen nicht unbedingt komfortabel», sagt Parwulski.

Auch Anja Beckmann musste auf ihrer Fahrt nach Antwerpen eine gesperrte Toilette erdulden. Diese Erfahrung hat ihre künftigen Reisepläne nachhaltig beeinflusst: Sie wird erst einmal nur Ziele in näherer Umgebung mit dem Fernbus bereisen. Ganz oben auf der Liste stehen aktuell die Niederlande, Belgien und Frankreich.

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